Politik

04.03.2011

Feuer frei auf steuerfrei

Die bayerische FDP will den ermäßigten Mehrwertsteuersatz abschaffen

Die Aufmerksamkeit der Kameras dürfte den Jungen Liberalen (Julis) beim politischen Aschermittwoch der Mutterpartei in Straubing sicher sein: Ganz in Weiß und sogar mit Pfarrer werden sich dort zwei Mitglieder der FDP-Nachwuchsorganisation zu klassischen Hochzeitsklängen symbolisch das Ja-Wort geben. „Hier heiraten die Mehrwehrsteuersätze“, soll in dicken Lettern auf einem Transparent über dem fiktiven Traualtar stehen. „Wir wollen unsere Forderung nach einem einheitlichen Mehrwertsteuersatz bei der Bundespartei populärer machen“, begründet Bayerns Juli-Chef Stefan Siegle die ungewöhnliche PR-Aktion.
In Bayern haben sich die Julis parteiintern bereits durchgesetzt. Die Freidemokraten stimmten bei ihrem letzten Parteitag im September 2010 für einen einheitlichen Umsatzsteuersatz. Der soll niedriger ausfallen als die heutigen 19 Prozent. Zur Gegenfinanzierung plädierte die Mehrheit der Delegierten für die Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes von 7 Prozent auf Lebensmittel, Bücher und einige andere Güter. „Langfristig ist es sinnvoll, beide Steuersätze zu einem zusammenzufassen“, sagt der stellvertretende Landeschef Andreas Fischer.
Die Bundesspitze der Liberalen kann sich mit einer Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes bislang nicht anfreunden. Lediglich, wo die zwingende Begründung fehle, solle künftig der volle Satz verlangt werden, so FDP-Generalsekretär Christian Lindner. „Umso wichtiger ist es, Druck zu machen“, sagt Siegle.
Bei einem Wegfall aller Sonderregelungen würde der Staat etwa 23 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich einnehmen. Die Mehrwertsteuer könnte als Folge auf bis zu 16 Prozent sinken.
Doch bei den weiß-blauen Liberalen sind nicht alle glücklich, dass die Julis ausgerechnet im Superwahljahr öffentlichkeitswirksam für die Abschaffung des ermäßigten Satzes eintreten. Zu groß ist die Angst, der Partei könne erneut soziale Kälte vorgehalten werden. Auch Fischer betont: „Die soziale Komponente muss bei einer Reform beachtet werden.“

Die Furcht vor dem Vorwurf der sozialen Kälte


Der Chef der bayerischen FDP-Landesgruppe im Bundestag, Horst Meierhofer, hält einen möglichen Ausgleich für Betroffene über die Einkommenssteuer oder Hartz IV für denkbar. Allerdings sei der einheitliche Mehrwehrtsteuersatz ohnehin nur ein „Fernziel“. Priorität habe zunächst, das Dickicht beim ermäßigten Steuersatz zu lichten. „Es ist unverständlich, warum für eine Schnittblume ein anderer Satz als für die Topfpflanze gilt“, sagt Meierhofer.
Um die Umsatzsteuer zu entrümpeln, hat die Bundesregierung eine Mehrwertsteuer-Kommission eingesetzt. Eine komplette Streichung des ermäßigten Satzes steht allerdings nicht zur Debatte. Zu stark sind die Widerstände vor allem in der Union.
Unterstützung bekommen Bayerns Liberale jedoch von Ökonomen wie dem künftigen Wirtschaftsweisen Lars Feld. Auch Steuerrechtsexperte Paul Kirchhof spricht sich in seinem im April erscheinenden Entwurf eines Bundessteuergesetzbuchs für die Abschaffung des ermäßigten Satzes aus.
Die Opposition ist entsetzt. Eine komplette Streichung des ermäßigten Satzes würde nach Ansicht des SPD-Wirtschaftsexperten Klaus Barthel vor allem sozial Schwache und kinderreiche Familien treffen. Denn bei diesen Gruppen fielen die Ausgaben für Lebensmittelpreise „besonders ins Gewicht“. Selbst eine Entlastung bei der Einkommensteuer als Ausgleich sei keine Lösung. „Denn viele Geringverdiener zahlen ja gar keine Einkommensteuer“, empört sich der Bundestagsabgeordnete.
(Tobias Lill)

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