Politik

Wenn Unternehmen zu lange auf ihr Geld warten müssen, droht die Pleite. Die Öffentliche Hand lässt sich oft sehr viel Zeit mit der Bezahlung. (Foto: Getty/Peter Cade)

03.07.2020

Firmenpleiten verhindern

Immer öfter klagt das Handwerk über die säumige Zahlungsmoral öffentlicher Auftraggeber – in der Corona-Krise eine Katastrophe

Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzumildern, ist gerade die öffentliche Hand gefordert, kräftig zu investieren. Doch dieses Engagement wird konterkariert, wenn Leistungen erbracht, aber Rechnungen nicht oder nur teilweise bezahlt werden. Das kommt immer häufiger vor und bringt Unternehmen in Schieflage.

Helmut Kaltenhauser, Finanzexperte der FDP-Landtagsfraktion, ist alarmiert: „Mir sind einige Fälle von Handwerksbetrieben bekannt, die versuchen, öffentliche Aufträge zu vermeiden, weil die Kommunen immer Probleme bei der Bezahlung machen.“ Namen will er nicht nennen, da die betroffenen Betriebe Nachteile bei künftigen Auftragsvergaben fürchten. „Die haben Angst, dass sie von den Listen der Städte und Gemeinden gestrichen werden“, so Kaltenhauser. Die Kommunen haben traditionell einen Strauß von Firmen an der Hand, die sie bevorzugt zu Vergaberunden einladen. Das ist etwa im Rahmen einer sogenannten beschränkten Ausschreibung möglich.

Dass die derzeit extrem angespannte Liquiditätssituation zahlreicher Unternehmen in Bayern nicht nur auf Corona, sondern oft auch auf die säumige Zahlungsmoral öffentlicher Auftraggeber zurückzuführen ist, ergab vor Kurzem auch eine Umfrage der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. Die FDP fordert deshalb eine Zahlungsmoral-Offensive der Staatsregierung: Öffentliche Institutionen wie Kommunen müssten ihre Rechnungen umgehend nach Erhalt und Prüfung begleichen.

Zu Unrecht an den Pranger gestellt

Die Kommunen fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Die Zahlungsmoral der Städte und Gemeinden ist seit vielen Jahren gleichbleibend hoch“, so Wilfried Schober, Sprecher des Bayerischen Gemeindetags. Sofern es keine berechtigten Leistungs- oder Gewährleistungsansprüche wegen Nicht- oder Schlechtleistung gebe, bezahlten die Gemeinden fristgerecht. Außerdem schlössen die Gemeinden meist mit örtlichen Gewerbetreibenden Werkverträge ab. „Sie wären daher unklug, ihre eigenen Gewerbesteuerzahler schlecht zu behandeln“, betont Schober.

Tatsächlich gibt es immer wieder Streit um die Qualität der erbrachten Leistungen. Laut einer Umfrage des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) klagen Handwerker und Baubetriebe über umständliche Bürokratie, Nachverhandeln bereits vereinbarter Verträge, Kürzen von darin festgelegten Auftragssummen und langes Warten auf den Ausgleich längst erbrachter Leistungen. Insofern begrüßt man beim BDIU „alles, was dazu beiträgt, das Zahlungsverhalten der Städte, Kommunen und Landkreise zu verbessern“. Es seien Fälle bekannt, in denen Handwerker oder Baubetriebe über ein halbes Jahr auf das Geld aus öffentlichen Aufträgen warten mussten – die Finanzämter aber sofort die Vorsteuer aus den Verträgen verlangten. Das könne eine Firma in die Insolvenz treiben.

Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstags (BHT), stellt sich erwartungsgemäß vor seine Betriebe. „Insofern sehe ich die Idee einer solchen Zahlungsmoral-Offensive eher als Erinnerungsfunktion an die betroffenen säumigen Zahler, jetzt ihrer Verpflichtung nachzukommen“, so Peteranderl.

Das bayerische Finanzministerium erkennt für den Freistaat keinen Handlungsbedarf. Bei staatlichen Aufträgen, teilt das Ministerium mit, „hat die jeweilige Behörde dafür zu sorgen, dass die Auszahlung dem Empfänger am Fälligkeitstag zur Verfügung steht, wenn ein fälliger, einredefreier Anspruch vorliegt“. Gebe es dennoch Probleme, möge man sich an die betreffende Behörde wenden.

Den betroffenen Unternehmen, die trotz guter Absichtserklärungen auf ihr Geld warten, nützt das nichts. Zumindest sollte sich der Freistaat dazu durchringen, mehr Mediationsstellen bei Gerichten zu schaffen, die bereits vor eventuellen gerichtlichen Auseinandersetzungen von Unternehmen und öffentlichen Auftraggebern aktiv werden. Um noch mehr Firmenpleiten gerade jetzt in der Corona-Krise zu verhindern.
(Ralph Schweinfurth)

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