Politik

Neubausiedlung in Fürstenfeldbruck. (Foto: dapd)

18.02.2011

Geld verdienen mit der Sonne

Vom Erneuerbare-Energien-Gesetz profitiert der Freistaat bundesweit am meisten

Im Freistaat stehen so viele Ökostromanlagen wie nirgends sonst in Deutschland. Wirtschaftlich sind viele dieser Kraftwerke nicht. Der Grund für den Boom ist viel mehr das Erneuerbare-Energien-Gesetz: Im vergangenen Jahr flossen 2,3 Milliarden Euro Subventionen nach Bayern – nicht alle freuen sich darüber.
Die Sonne soll Landwirt Hans Wörndl aus Aschau und seiner Frau im Alter mehr Rente bringen. Deshalb hat der Bauer auf einem Acker bereits vor sieben Jahren eine Fotovoltaikanlage gebaut. Aus marktwirtschaftlichen Gründen ist die Anlage nicht interessant, eine Altersvorsorge ist die Solarstromanlage trotzdem. Denn der Staat garantiert den Münchs, den Strom 20 Jahre lang zu einem Festpreis abzunehmen. Hintergrund ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
Nicht nur die Münchs machen solch ein gutes Geschäft mit der Sonne. In Bayern gibt es derzeit knapp 200 000 Fotovoltaikanlagen, installiert auf den Dächern von Ein- und Mehrfamilienhäusern, auf Feldern von Landwirten oder auf leerstehenden Grundstücken von Gemeinden. Damit stehen im Freistaat ein Drittel der Solaranlagen der Republik. Der Grund sind die vielen Sonnenstunden – und vor allem das EEG. Ohne das Gesetz wäre keine einzige Anlage wirtschaftlich: Jede einzelne wird wie die der Münchs vom Staat gefördert. Über das EEG fördert der Staat nicht nur Sonnenenergie, sondern fast alle Produzenten von erneuerbaren Energien, also auch Wind- und Wasserkraft, Biomasse- und Geothermieanlagen.
Bayern ist bei den erneuerbaren Energien Spitzenreiter, nur bei der Windkraft hinkt das Bundesland hinterher. Insgesamt stehen mehr als 200 000 Ökostromanlagen im Freistaat, die gefördert werden. So viele wie nirgends sonst. Deshalb kommt auch der Großteil der Gelder aus dem EEG-Topf in Bayern an. Im vergangenen Jahr waren es rund 2,3 Milliarden Euro, ein Sechstel der gesamten Summe. Gleichzeitig mussten die bayerischen Stromverbraucher aber nur 1,2 Milliarden Euro im Rahmen des EEG zahlen. Bayern profitiere von dem Gesetz, heißt es auch aus der Staatskanzlei.
Den EEG-Topf füllen die deutschen Stromkunden. In dem Gesetz verpflichtet der Staat die Energiekonzerne, den gesamten Strom aus den geförderten Erneuerbare-Energien-Anlagen abzunehmen. Die Kosten dafür legen die Konzerne auf die Stromkunden um, indem sie für jede Kilowattstunde mehr Geld verlangen, derzeit 3,5 Cent. Weil jedes Jahr neue Anlagen hinzukommen, wird die Zulage immer teurer. 2010 waren es noch 2,05 Cent. Nächstes Jahr könnte die Kilowattstunde gemäß dem Verband der Energiewirtschaft BDEW sogar auf 4,4 Cent ansteigen. Im vergangenen Jahr zahlten die deutschen Stromverbraucher über den Aufschlag auf die Kilowattstunde Strom insgesamt rund 13,5 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu: Über den Länderfinanzausgleich werden jedes Jahr etwa 6,5 Milliarden Euro umgelegt.
Das Gesetz wurde erlassen, um Ökostromanlagen zu fördern, deren Bau wirtschaftlich nicht rentabel ist. Damit diejenigen Anlagen von der Förderung ausgeschlossen sind, die marktfähig sind, werden nur die mit einer Maximalkapazität von 5 Megawatt subventioniert. Das EEG ist ein internationales Erfolgsmodell, 18 EU-Länder haben es mittlerweile von Deutschland kopiert. Doch hierzulande ist es umstritten. Ärmere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen klagen, dass sie wesentlich stärker belastet werden als das reiche und sonnige Bayern. Umweltschützer und die Wirtschaft kritisieren, dass Fotovoltaikanlagen den Großteil der Subventionen bekommen, die aber nur einen geringen Anteil des Ökostroms liefern. Der Löwenanteil des EEG-gefördeten Ökostroms kommt aus den Windkraftanlagen in Niedersachsen, die weniger gefördert werden.
Die Politiker in Bayern wehren sich gegen die Kritik. „Das EEG hat sich als Instrument zur Förderung der erneuerbaren Energien hervorragend bewährt“, sagt der Landesvorsitzende der bayerischen Grünen Dieter Janicek. Die Generalsekretärin der bayerischen SPD, Natascha Kohnen, fügt an: „Die Menschen in Bayern profitieren von der EEG-Umlage überdurchschnittlich. Das ist gut und richtig so.“ Schließlich setzten sich hier besonders viele Menschen für den Klimaschutz ein.
Auch Betreiber wie der bayerische Landwirt Münch freuen sich über das EEG. Wenn Münchs Kalkulation aufgeht und die Sonne regelmäßig scheint, hat er nach zwölf Jahren dank der Einspeisevergütung die Kosten der Anlage abbezahlt. Danach hofft Familie Münch, Gewinne zu machen. Ab 2016 könnte die Anlage jährlich mindestens 40 000 Euro Stromerlös erwirtschaften. Auch die bayerische Regierung freut sich, dass das EEG die erneuerbaren Energien im Freistaat vorangebracht hat. Doch sie sieht auch die Probleme. Man dürfe nicht die Augen davor verschließen, dass ein ungebremster Zuwachs der EEG-Umlage den Strompreis in die Höhe treibt, heißt es aus der Staatskanzlei. Das belaste nicht nur private Haushalte, sondern auch die Industrie, vor allem stromintensive Branchen wie Chemie und Glas. Um das Gesetz gerechter zu machen, werden die Fördersätze für Fotovoltaikanlagen seit Jahren heruntergefahren. Wer in diesem Jahr eine Anlage errichtet, bekommt 20 Jahre lang 28,74 Cent pro Kilowattstunde. Im vergangenen Jahr waren es noch 33,03 Cent. Als Bauer Münch vor sieben Jahren seine Anlage errichtete, garantierte man ihm 45,7 Cent.
Auch wenn die Subventionen weiter zurückgefahren werden, bleibt das Geschäft mit Fotovol-taikanlagen interessant. Hauseigentümerin Johanna Rötzer wird in diesem Frühjahr eine Fotovoltaik-anlage auf dem Dach ihrer Wohnanlage in Seebruck am Chiemsee errichten lassen. Den Strom will sie nicht selbst nutzen, sondern ins Netz einspeisen lassen. „Anlage und Installation sind gerade günstig, in ein paar Jahren habe ich sie abbezahlt und von da an erhalte ich bis 2031 zusätzliche Einnahmen, wann immer die Sonne scheint“, sagt Johanna Rötzer. Die Bürger in Bayern sind die Gewinner des EEG. (Veronica Frenzel)

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