Politik

Bürgerinitiativen kritisieren das Projekt und sprechen von einem Milliardengrab. Die Kapazitäten auf der bestehenden Strecke reichten aus. (Foto: dpa)

18.06.2018

Grobpläne für neue Gleise Richtung Brenner stehen

Mehr Güter auf die Schiene, das soll endlich den Lkw-Verkehr über den Brenner verringern. Doch der Bau neuer Gleise ist im Inntal umstritten. Wer will schon, dass täglich 200 Züge vor der Haustür durchrauschen?

Die Planungen für eine neue zweigleisige Bahntrasse durchs bayerische Inntal Richtung Brenner sind einen wichtigen Schritt vorangekommen. Die Deutsche Bahn (DB) präsentierte gemeinsam mit den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) mehrere Varianten, wo die neue zweigleisige Strecke gebaut werden könnte. Sie soll die Kapazitäten zum künftigen Brennerbasistunnel erhöhen, an dem in Österreich und Italien gebaut wird. Damit sollen mehr Güter auf die Schiene kommen und die vielbefahrene  Brennerroute vom Lastwagenverkehr entlastet werden. Die Anwohner im Inntal fürchten allerdings noch mehr Verkehr vor ihrer Haustüre.

Künftige Trassen könnten östlich von Rosenheim bei Stephanskirchen oder westlich bei Kolbermoor verlaufen. Auch weiter südlich am Inn gibt es Vorschläge für östliche und westliche Varianten. Kurz vor der österreichischen Grenze wird das Inntal dann so eng, dass die meisten Varianten zumindest auf einem Teilstück nahe der bestehenden Bahnstrecke nahe der Autobahn führen. Manche Trassenabschnitte könnten in Tunneln verlaufen oder bei Siedlungen.

Bayerns Verkehrsministerin Ilse Aigner (CSU) betonte, es handele sich um eine frühe Phase im Planungsprozess und keineswegs um eine Vorfestlegung auf eine Trasse. «Wenn der Ausbau kommt, muss der Schutz der Anwohner sehr hohe Priorität haben», sagte sie in Richtung Bund und Bahn. «Hier geht es nicht nur um die Frage des «ob», sondern auch um das «wie».» Die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig kritisierte, der Planungsdialog sei bisher nicht in allen Gemeindeforen zur Zufriedenheit aller Beteiligten ausgefallen. Es seien Fragen offen geblieben. «Diese Hausaufgaben müssen nach wie vor gemacht werden.»

Vor allem Tirol , das mit Deutschland im Streit über die Lkw-Blockabfertigungen an der Grenze liegt, macht Druck

Bis Anfang 2020 wollen DB und ÖBB eine Auswahl treffen und sich auf eine Trasse festlegen. Das werde im Dialog mit den Gemeindeforen geschehen. «In den kommenden eineinhalb Jahren wollen wir diejenige Trasse finden, die am besten den Bedürfnissen von Mensch, Umwelt und auch den Erfordernissen eines modernen Bahnbetriebes entspricht», sagte der Projektleiter der Bahn, Torsten Gruber. Mit den Grobtrassen sei noch nichts festgeschrieben. «Möglicherweise kommt am Ende eine Trasse heraus, die heute noch gar nicht als Idee existiert. Der Prozess ist offen», sagte ÖBB-Projektleiter Martin Gradnitzer.

Bürgerinitiativen kritisieren das Projekt und sprechen von einem Milliardengrab. Die Kapazitäten auf der bestehenden Strecke seien nicht ausgeschöpft und reichten auch, wenn der Brenner Basistunnel ab 2026 unter dem Alpenhauptkamm Innsbruck in Tirol und Franzensfeste in Südtirol verbindet. Güterzüge müssen dann nicht mehr über den 1370 Meter hohen Pass. Auch für Reisende geht es schneller: Von München bis Bozen soll die Bahn nur noch drei statt vier Stunden brauchen.

Der Basistunnel sollen die Kapazitäten auf bis zu 400 Züge täglich steigern. Auf der deutschen Seite fahren derzeit knapp 200 Züge - mit den neuen Gleisen sollen doppelt so viele möglich sein.

Das Bürgerforum Inntal argumentiert, die Entwicklung des Güterverkehrs gebe keinen Anlass zu glauben, dass je die 400 fiktiven Züge erreicht werden. «Da die deutsche Verkehrspolitik bisher nicht die Voraussetzungen und Regelungen für eine Verlagerung des Straßenverkehrs auf die Schiene geschaffen hat, werden neue Bahntrassen das Verkehrschaos im Inntal nicht beseitigen», sagte der 2. Vorsitzende Peter Margraf. Die Belastung werde weiter steigen.

Im südlichen Inntal sollen möglicherweise alte und neue Trassen verknüpft werden, ein Weichenkonstrukt mit immensem Platzbedarf, fürchten die Bürger. Am Fuß des Aussichtsbergs Wendelstein ist das Inntal nur etwa 800 Meter breit und habe einen «Amphitheater-Effekt». Das schade nicht nur den Einheimischen, sondern auch dem Tourismus.

Vor allem Tirol, das mit Deutschland im Streit über die Lkw-Blockabfertigungen an der Grenze liegt, macht Druck, den Schienenausbau voranzubringen. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) warf dem nördlichen Nachbarn vor, es mit der Verlagerung auf die Schiene nicht ernst zu meinen. Während Österreich Milliarden in den Basistunnel investiere, werde hier weiter «herumdiskutiert». Platter will so lange blockabfertigen, bis die Zahl der Lkw deutlich abnimmt. (dpa)

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