Politik

15.10.2010

Grüne Machtfantasien

Die Ökopartei befindet sich im Umfragehoch - Landeschef Janecek sinniert schon über grüne Ministerpräsidenten

Eigentlich müssten sich die Grünen freuen über das Ergebnis vom vergangenen Sonntag. Da holte Thomas Keyßner, der grüne Kandidat bei der Oberbürgermeisterwahl in Landshut 26,3 Prozent der Stimmen. Mehr als fünfmal so viel wie die Kandidaten von SPD und Freien Wählern. Mehr als 16 mal so viel wie der FDP-Kandidat. Doch Keyßner mochte sich über den zweiten Platz hinter CSU-Oberbürgermeister Hans Rampf (61,1 Prozent) gar nicht freuen. „Ich hätte mir mehr erwartet“, sagte Keyßner enttäuscht.
Zahlreiche Zeitungen hatten Keyßner vor der Wahl zum möglichen ersten grünen Oberbürgermeister Bayerns hochgejubelt. Und die Fraktionschefin der Grünen im Landtag, Margarete Bause, erklärte noch vor wenigen Tagen öffentlich: „Er wird mit Sicherheit in die Stichwahl kommen.“ Derzeit sind Bayerns Grüne so prall gefüllt mit Selbstvertrauen, ein zweiter Platz fühlt sich für die Öko-Partei bereits an wie eine Niederlage.


„Premium-Opposition
war gestern“


Bundesweit befinden sich die Grünen in Umfragen bereits seit Monaten in einem beispiellosen Höhenflug. Im September haben die Grünen nun in Bayern laut einer Umfrage des Instituts Forsa erstmals die SPD überholt. Seitdem sieht die neue Hackordnung in Bayerns Parteienlandschaft so aus: CSU 38 Prozent, Grüne 23 Prozent, SPD 19 Prozent. Auf einmal redet die Spitze der bayerischen Grünen nicht mehr zaghaft vom Gestalten aus der Opposition heraus, sie plant offen den Weg an die Macht. Der bayerische Grünen-Vorsitzende Dieter Janecek sagt zur BSZ: „Premium-Opposition war gestern, jetzt geht es darum, fit zu werden für die Regierung in Bayern.“
Anders als andere Parteien seien die Grünen in ihren Inhalten klar geblieben, meint Janecek. Nach Ansicht von Experten fällt das den Grünen auch besonders leicht. Die Grünen seien kaum in Regierungsverantwortung, mahnt etwa der Duisburger Parteienforscher Karl-Rudolf Korte. Die große Zustimmung sei nur von den anderen Parteien geliehen, die Umfrageerfolge das Ergebnis einer „Popularitätsblase“.
Die Grünen profitierten derzeit von einer Unzufriedenheit der Bürger mit den Regierungen, meint Janecek. „Der herrschaftliche Politikstil von oben herab scheint ausgedient zu haben.“ Die Grünen würden als attraktive Alternative wahrgenommen. Die breite Zustimmung – für den bayerischen Grünen-Chef ist das keine Blase, sondern der handfeste Ausdruck des Wählerwunschs nach einer Mehrheit jenseits der CSU. „Auch wenn die Opposition ein Stück weit bequemer ist, vor dem Auftrag der Wähler zu regieren können wir uns nicht drücken“, findet Janecek.
Fraktionschefin Bause kündigte bereits an, bis zur Landtagswahl 2013 die Konzepte der Grünen und ihre Finanzierbarkeit zu überprüfen. Landeschef Janecek sagt, man wolle den Fehler der FDP im vergangenen Landtagswahlkampf vermeiden, mit nicht finanzierbaren Versprechen anzutreten. Sein bevorzugtes Modell für eine Regierung jenseits der CSU: ein Bündnis aus Freien Wählern, SPD und Grünen.


Mangel an neuen Führungspersönlichkeiten


Doch bei ihren Machtplanspielen stehen die Grünen noch vor einem großen ungelösten Problem: Sollte die bayerische Parteienlandschaft auch bei der nächsten Landtagswahl 2013 so aussehen wie in den aktuellen Umfragen, wären die Grünen in einem Bündnis gegen die CSU die stärkste Kraft und müssten einen überzeugenden Kandidaten – oder eine Kandidatin – für das Ministerpräsidentenamt präsentieren. Doch seit dem Tod Sepp Daxenbergers klafft an der bayerischen Grünen-Spitze ein tiefes Loch. „Sepp Daxenberger kann man nicht ersetzen“, sagt Janecek.
Man habe in der Breite ein großes Angebot an Persönlichkeiten, meint der Landeschef. Doch die Grünen brauchen bis in drei Jahren eine einzelne herausragende Führungsfigur. Bislang zur Auswahl: die Doppelspitzen in Landtagsfraktion – Margarete Bause und Thomas Mütze – und Landesverband – Theresa Schopper und Dieter Janecek, sowie die Bundesvorsitzende Claudia Roth.
Janecek bringt noch einen sechsten Namen ins Gespräch: die Aschaffenburger Bundestagsabgeordnete Christine Scheel. „Die ist für eine wichtige Rolle in Bayern sehr geeignet“, glaubt Janecek. (Bernhard Hübner)

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