Politik

Dem neuen Landtag könnten bis zu sieben Parteien angehören, darunter die AfD – wie soll man dann mit ihr umgehen? (Foto: dpa)

21.09.2018

Heikle Debatten

Wie soll man mit der AfD künftig verfahren? Die Staatszeitung hat sich umgehört

Was der Bayerische Rundfunk wohl gemacht hätte, wäre die AfD statt der Grünen in der jüngsten „Bayern-Trend“-Umfrage auf Platz zwei gelandet? Vermutlich hätte er sein traditionelles TV-Duell vor der Landtagswahl ausfallen lassen. Möglicherweise hätte sich Ministerpräsident Markus Söder aber ohnehin geweigert, mit der AfD zu diskutieren. Tatsächlich geplatzt ist diese Woche eine andere Veranstaltung: Söder zog seine Zusage für ein Podiumsgespräch mit AfD-Beteiligung im Landtag zurück – unter Verweis auf die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz. Dort hatte die AfD gemeinsam mit NPD und Pegida demonstriert. Nachdem Landtagspräsidentin Barbara Stamm der AfD und auch der FDP zudem kurzfristig den Zugang zum Maximilianeum verweigert hatte, fiel die von der Nachrichtenagentur DPA organisierte Debatte aus. Stamms Argument: AfD und FDP seien nicht im Parlament vertreten. Dies allerdings war bereits klar, als das Ganze im März geplant wurde.

Gewiss: Wer hat schon Lust, mit Rechtspopulisten zu debattieren? Doch ist die Weigerung, mit der AfD zu reden, der richtige Weg? Immerhin spricht diese Partei, gemessen an Umfragen, viele Menschen an. Außerdem wird die AfD nach der Wahl am 14. Oktober wohl dem Landtag angehören. Spätestens dann kommen die anderen Parteien nicht mehr drum herum, sich mit der unliebsamen Konkurrenz zu befassen.

Die demokratischen Parteien, betont Ursula Münch, Direktorin der politischen Akademie Tutzing, müssten sich natürlich „mit der AfD inhaltlich auseinandersetzen“ – und zwar „über alle Themen, nicht nur über die Lieblingsthemen der AfD“. Wobei Münch persönlich nachvollziehen kann, dass der Landtag mit Blick auf die geplatzte Kandidatendebatte den bequemeren Weg wählte.

Strenge SPD-Regeln

Während CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer den Anschein vermeiden will, sich bereits Gedanken über den künftigen Umgang mit der AfD zu machen, geht die Bayern-SPD den umgekehrten Weg. Sie hat sogar einen Leitfaden zum Thema entwickelt. Danach sollen SPD-Kandidaten versuchen, alle anderen Teilnehmer einer Debatte zu überzeugen, eine Veranstaltung mit AfD-Beteiligung abzusagen. Finde die Veranstaltung dennoch statt, bleibt es jedem SPD-ler selbst überlassen, wie er sich verhält.

Mit dieser Regelung stehen die Sozialdemokraten ziemlich allein. Zwar gibt es nach wie vor einige Organisationen, die eine Zusammenarbeit mit der rechten Partei ablehnen. Die Gewerkschaften zum Beispiel. 

Immer häufiger aber setzt sich die Meinung durch, dass in einem „öffentlichen Diskurs gerade auch divergierende Meinungen eine Chance“ bekommen sollten, wie Susanne May, Programmdirektorin der Münchner Volkshochschule (VHS) betont. Also auch die der AfD, die sich bei VHS-Veranstaltungen zu Wort melden darf. Aussagen, die indoktrinierend, sexistisch, antisemitisch oder rassistisch seien, würden aber nicht geduldet.

Auch bei der Wahlarena des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK) war die AfD diese Woche mit von der Partie. Neben Vertretern aller Parteien, die in Umfragen über 5 Prozent liegen. „Unser Ziel ist es, die Unternehmerinnen und Unternehmer über die Parteien und ihre wirtschaftspolitischen Ziele zu informieren“, erklärt BIHK-Hauptgeschäftsführer Peter Driessen.

Gruselige Vorstellung

SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen diskutierte bei der BIHK-Wahlarena übrigens mit. Ebenso in der „Kontrovers“-Wahlarena des BR. Für Parteikollegin Isabell Zacharias dagegen kommt derlei nicht in Frage. Sie will „Haltung zeigen gegenüber einer Partei, die Seite an Seite in Chemnitz mit der NPD marschiert“. Ein Vorgehen, das Bayerns AfD-Chef Martin Sichert übrigens bedauert. Gemeinsam mit Pegida und NPD zu demonstrieren, sei „falsch“ gewesen, sagt Sichert.

Die Freien Wähler wollen sich – so wie Grüne und FDP – mit der AfD inhaltlich auseinandersetzen. FW-Chef Hubert Aiwanger erklärt: „Schauen wir doch mal im Landtag, was die auf der Pfanne haben.“ FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen erklärt: „Man darf die Hetze der AfD nicht unwidersprochen stehen lassen.“

Wie es wohl sein wird, im Maximilianeum bald täglich auf AfD-ler zu treffen? Das komme auch auf die konkreten Personen an, sagen SPD-Frau Zacharias oder Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Die CSU-lerin Angelika Schorer meint: „Wenn die sich an parlamentarische Gepflogenheiten und an die Geschäftsordnung halten, muss man sie auch ganz normal behandeln.“ FDP-Spitzenkandidat Hagen würde im Landtag jeden Abgeordneten zumindest grüßen. „Das gebietet der Anstand.“

Die AfD selbst ist bemüht, sich als ganz normale Partei darzustellen, der es im Landtag um Sachpolitik gehe. Man werde „allen vernünftigen Anträgen zustimmen, egal, von wem sie kommen“, kündigt Landeschef Sichert an, der für die AfD im Bundestag sitzt. Für so manchen Abgeordneten der etablierten Parteien dürfte es eine überaus gruselige Vorstellung sein: dass demnächst Gesetzentwürfe und Anträge im Landtag verabschiedet werden, auf denen es heißt: „beschlossen mit Zustimmung der AfD“.
(Angelika Kahl, Waltraud Taschner)

Kommentare (4)

  1. voa zua am 24.09.2018
    Dem Kommentar von Kilian23 ist nichts mehr, aber auch gar nichts mehr hinzuzufügen PUNKT
  2. Kilian23 am 21.09.2018
    Wie man mit der AfD geschickt umgeht hat in den ZDF-Sommerinterviews hervorragend der Reporter Thomas Walde gezeigt. Er hat AfD-Chef Gauland jede Menge Fragen gestellt (aber keine zu Asylbewerbern). Etwa zum Wohnungsbau, zum Breitband/Internet, zur Pflege. Das hilflose Gestammel des alten Mannes, der von allen anderen Themen null Ahnung hat, war fast schon Mitleid erregend. Dabei hat sich Thomas Walde jeder Häme enthalten. Man sollte AfDler sogar bewusst in Sendungen und Zeitungsredaktionen einladen und ihre Inkompetenz bei Sachthemen bloß stellen. „Sehen Sie eher in Erdkabeln wegen der damit verbundenen Bodenaufheizung oder eher in Hochspannungstrassen wegen des Elektro-Smogs die größere gesundheitliche Gefahr für Anwohner?“ Die wissen nix! Die SPD aber ist sich nicht zu schade, durch ihre peinliche Blockade den Märtyrerstatus der Rechten noch zu verfestigen.
  3. Karl am 21.09.2018
    Das Problem ist doch "Wir haben verstanden", ich habe eher den Eindruck,
    dass die Politik die Bürger/Wähler nicht verstanden hat.
    Egal, ob Asyl-, Renten-, Soli- und Wohnungspolitik an allen Ecken und Enden
    gibt es Probleme die bisher noch nicht gelöst worden sind.
    Das Verständnis der Bürger ist sowieso nach der Willkommenspolitik, also
    eine unkontrollierte und grenzenlose Einwanderung im Keller.
    Letztendlich wird das ja durch die Steuergelder, der Werktätigen finanziert.
    Zudem kommt noch dass das Christentum andere Ziele, wie der Islam verfolgt
    und dass nicht nur kulturell.
    Im übrigen hätte man doch noch vor den Wahlen, bekannt geben können ob
    man die Einkommenssituation im öffentlichen Dienst auch wieder auf alle
    überträgt, ansonsten, dass hatten wir in Bayern schon mal, wurde eine
    Partei abgestraft.
  4. Eieiei am 21.09.2018
    Manche lernen es halt nie. Mit beschimpfen und verunglimpfen erreicht man keine Menschen. Gelernt aus den letzten Wahlen haben die sogenannten Volksparteien absolut nichts.

    Selbst wenn in der AFD der Eine oder Andere fragwürdige Geist vertreten sein sollte, gilt für die genauso wie für alle Anderen, dass es in Deutschland keine Sippenhaft gibt.

    Volksvertreter von Parteien unter deren Abgeordnete als Drogenabhängige, Pädophile oder was weiß ich noch Alles enttarnt wurden, sollten vielleicht mal den Ball etwas flacher halten, besonders wenn Straftäter aus den eigenen Reihen aktiv durch Minister vor Strafverfolgung geschützt wurden. Es wird nichts vergessen!

    Aber die derzeit agierenden Protagnisten sind sowas von unterste Schublade, man betrachte sich nur die Bundesvorsitztende der SPD, da möchte man sich nur noch fremdschämen.

    Jeder sollte sich erst mal an seiner eigenen Nase anfassen, bevor mit dem Finger auf andere zeigt. Verbrecher gibt es in jeder Partei, die Zeitungen sind voll davon!
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