Politik

Immer noch eine Ausnahme: Frauen in Führungspositionen. (Foto: dpa/Jan-Philipp Strobel)

20.11.2020

Her mit den Managerinnen

Markus Söder fordert eine Frauenquote für DAX-Unternehmen – in Bayern sind weibliche Führungskräfte besonders rar

Wenn Monika Scheddin, Leiterin der Woman’s Business Akademie in München, das Stichwort Frauenquote hört, denkt sie manchmal an jene Zugfahrt vor vielen Jahren, bei der sie mit einem Bundestagsabgeordneten der Union ins Gespräch kam. Irgendwann landete man beim Thema Quote. Scheddin gab ihrer damaligen Skepsis Ausdruck: „Wer will denn schon Quotenfrau sein?“ Die Entgegnung des Mandatsträgers hat sich in ihr Gedächtnis eingebrannt: „Wenn ich Sie wäre, würde ich die Chance nutzen.“

Recht hat er, sagt die einstige Managerin. Seit 25 Jahren ist sie auch als Buchautorin und Coach tätig. Oft erlebte sie dabei, wie Männer Frauen im Karriere-Wettlauf abhängten. Obwohl sie in Sachen Qualifikation nicht mit den Konkurrentinnen mithalten konnten. Dafür hatten sie beim Selbstmarketing und beim Netzwerken die Nase vorn. „Heute bin ich absolut pro Quote“, sagt sie.

Ein Satz, der dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder gefallen dürfte. Der hatte sich kürzlich für eine Frauenquote in DAX-Vorständen ausgesprochen, mit gesetzlichen Regelungen. Das gibt es seit 2016 lediglich für die Aufsichtsräte von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen – wo der Frauenanteil inzwischen tatsächlich auf mehr als 30 Prozent gestiegen ist. In den Vorständen der 188 Unternehmen, die in DAX, MDAX und SDAX sowie im Regulierten Markt notiert sind, dominieren nach Angaben des Netzwerks „Frauen in die Aufsichtsräte“ (FidAR) immer noch Männer – mit rund 90 Prozent. Dagegen müsse man vorgehen, forderte Söder wiederholt. Obwohl das Thema gerade in der CSU ein Reizwort ist.

Dass es der Parteichef dennoch weiterverfolgt, bringt ihm den Beifall von FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow ein, die sich schon seit Jahren für eine Frauenquote in der Wirtschaft einsetzt: „Wenn das Thema von einem Mann bedient wird, hat das eine ganz andere Wirkung.“

Fakt ist: In Bayerns zehn größten öffentlichen Unternehmen sieht es mit Führungsfrauen mau aus. Auf magere 17,2 Prozent beläuft sich der Frauenanteil in deren Aufsichtsgremien, was Bayern im entsprechenden FidAR-Ranking bundesweit den drittletzten Platz beschert.

Viele Frauen scheitern an der „gläsernen Decke“

Die Spitzenreiter Berlin, Brandenburg und Hamburg glänzen dagegen mit Werten zwischen 42 und 55 Prozent. Dabei müsse gerade die öffentliche Hand in Sachen Gleichberechtigung eine Vorbildfunktion übernehmen, fordert Schulz-Strelow: „Da muss Bayern noch eine ganze Menge machen.“

Eine Frauenquote in DAX-Vorständen hält sie ebenso wie Monika Scheddin für dringend notwendig. Natürlich schafften es einige Frauen auch ohne dieses Instrument in Spitzenpositionen. Aber das Gros bleibe auf diesem Weg hängen, an der berüchtigten „gläsernen Decke“ – unsichtbare Hürden, die den Aufstieg behindern. Zum Beispiel, weil Unternehmensleiter Top-Manager häufig danach aussuchen, wer ihnen ähnlich ist. Da haben Frauen naturgemäß weniger Chancen. Obwohl erwiesen sei, dass Unternehmen mit gemischten Teams größere Erfolge vorweisen können, sagen die Quoten-Befürworterinnen. Schulz-Strelow ist überzeugt: „Da hilft nur Druck.“

Die bayerische FU-Vorsitzende Ulrike Scharf sieht das ebenso. „Die Quote ist eine Krücke, aber ohne sie dauert es noch Jahrzehnte, bis wir die gleiche Teilhabe von Frauen erreichen.“ Womöglich drohten sogar Rückschritte, befürchtet sie und verweist auf die Politik. Schließlich sitzen im Bundestag und im Bayerischen Landtag derzeit so wenige weibliche Abgeordnete wie schon lange nicht mehr. Was auch daran liege, dass Männer die Konkurrenz fürchteten: „Wir stören ihre Karriereplanung, wir nehmen ihnen etwas weg.“ Was in solchen Fällen passieren kann, erlebte sie 2013 am eigenen Leib. Da wagte sie es bei der innerparteilichen Kandidatenaufstellung für die Landtagswahlen, gegen den amtierenden Abgeordneten anzutreten. „Es folgte ein Mobbing, das sich gewaschen hatte“, erinnert sie sich. Erfolgreich war sie trotzdem. Aber, sagt sie heute rückblickend, „man muss sich als Frau immer noch doppelt und dreifach beweisen. Da müssen wir gesellschaftlich mal ein bisschen weiterkommen.“

Ob die Quote dabei tatsächlich hilft? Angela Witt-Bartsch ist skeptisch. Die Professorin, die am FOM-Hochschulzentrum in München unter anderem Organisations- und Personalentwicklung lehrt, wurde vor wenigen Wochen zur ersten Aufsichtsratsvorsitzenden des DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte gewählt. Unter besonderen Umständen. Just bei jenem Verbandstag weigerte sich die Mehrheit der Delegierten nämlich, eine verbindliche Frauenquote einzuführen. Dennoch schafften es gleich vier weibliche Mitglieder in den neunköpfigen Aufsichtsrat, den zuvor Männer dominiert hatten.

„Die Quote soll ein Druckmittel sein, um mehr Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen zu haben. Druck erzeugt Gegendruck. Viel besser ist es, den Unternehmen zu zeigen, dass sie Vorteile gegenüber ihren Wettbewerbern haben, wenn sie die volle Kraft der gesamten Belegschaft nutzen statt nur eines Teils davon.“ Erfolgversprechender seien andere Strategien. „Frauen müssen klar und deutlich kommunizieren, dass sie eine Führungsposition wollen. Und sie müssen sich dafür Verbündete suchen“, sagt die Dozentin. Eine entscheidende Rolle dabei könnten auch Mentor*innen spielen.

Christina Felfe de Ormeño, die an der Universität Würzburg einen Lehrstuhl für Volkswirtschaft innehat, sieht das ebenso. Wie Angela Witt-Bartsch verweist sie darauf, dass sich immer noch viel zu wenige Frauen auf Führungspositionen bewerben. Ihre Schlussfolgerung: „Die Quote als alleinstehende Maßnahme ist nicht zielführend. Das packt das Problem nicht an der Wurzel an.“
(Brigitte Degelmann)

Kommentare (1)

  1. RB am 02.12.2020
    Es wäre sehr begrüßenswert, wenn Herr Söder sdchon mal bei den öffnetlichen Untrnehmen im Freistaat ein Zeichen setzte und mit mehr Nachdruck eine Besetzung mit Frauen im Sinne der Quote einforderte. Und eine Änderung des bayerischen Sparkassengesetzes würde den Weg für die Quote auch dort frei machen, wo das bundesweite FüPoG nicht anwendbar ist. NIcht nur bei anderen fordern, sondern auch mit gutem Beispiel voran gehen.
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