Politik

Wie Man an Hubert Aiwanger und Markus Söder sieht, muss man sich nicht lieben, um in einer Koalition passabel zusammenzuarbeiten. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

26.05.2023

Hoffnungsvolles Duo

Die schwarz-orange Bayern-Koalition: eine Bilanz

Wenn der CSU früher im bürgerlichen Lager Konkurrenz erwachsen ist, dann hat sie einfach die betreffenden Themen gekapert und diese überflüssig gemacht. So war das dereinst – auch mittels einiger Schmutzeleien – mit der Bayernpartei und später den Republikanern. Oder man nahm dem Nebenbuhler schlicht die Luft zum Atmen, wie vor zehn Jahren dem damaligen Koalitionspartner FDP. Bei den Freien Wählern klappen diese Strategien nicht. Die werden laut Umfragen sogar immer stärker. Der widerborstige Hubert Aiwanger widersetzt sich dem erdrückenden Umarmen einfach. Und ein hartes Bekämpfen würde den obersten Freien Wähler und seine Truppe wohl eher wilder machen.

Angesichts dieser Lage verwundert es nicht, dass CSU-Chef Markus Söder nun schon seit Monaten bekundet, die „Bayern-Koalition“ nach der Landtagswahl fortsetzen zu wollen. Die Schnittmengen sind groß, und richtigen Zoff hat es in den vergangenen bald fünf Jahren auch nicht gegeben – sieht man von ein paar heftigen Differenzen bei der Corona-Bekämpfung ab. Den Koalitionsvertrag jedenfalls haben die Partner nach eigener Einschätzung weitestgehend abgearbeitet, auch wenn die Opposition dahinter mehr Schein als Sein entdecken will. Mehr Stellen für Schulen, Polizei und Justiz, Stärkung des ländlichen Raumes, Ausbau von Kita- und Pflegeplätzen, Klimaschutzgesetz und Hightech-Agenda – aus Sicht der Koalitionäre kommt ein Haken dahinter. Energiewende, Bürokratieabbau oder digitale Verwaltung sind, wie man so schön formuliert, „auf den Weg gebracht“. Kaum vorangekommen sind CSU und Freie Wähler allerdings bei Barrierefreiheit, Wohnungsbau oder Öko-Landwirtschaft.

Nicht vom „Sumo-Ringer CSU“ erdrückt worden

Bei den Freien Wählern ist man sehr zufrieden mit der Bilanz und dem Verlauf der gemeinsamen Regierungszeit. Man sei nicht, wie anfangs befürchtet, vom „Sumo-Ringer CSU“ erdrückt worden und werde auch nicht das Schicksal der FDP erleiden, bilanziert der Parlamentarische Geschäftsführer Fabian Mehring. Die Liberalen bezahlten 2013 ihre Jahre als Juniorpartner der CSU mit dem Ausscheiden aus dem Landtag. Drei Gründe nennt Mehring für die aktuell besten Umfragewerte, die die Freien Wähler in Bayern je hatten: die kommunale Verwurzelung, die im Vergleich zur Berliner Ampel reibungslose Zusammenarbeit in der Regierung und die Wahrung eines eigenen Profils in der Koalition.

Mehring spricht in diesem Zusammenhang vom „bürgerlichen Vieraugenprinzip“. Im Empfinden der Menschen kommt dieses nach seiner Erfahrung gut an. „Es macht eben einen Unterschied, ob die CSU allein regiert oder wir dabei sind“, sagt er und verweist auf die „Entkernung“ der 10H-Abstandsregel für Windräder, die Einführung von A13 für Grund- und Mittelschullehrkräfte und das Forcieren der Wasserstoffstrategie.

Querulant und Ministrant

Auch während Corona wäre „einiges ohne uns anders gelaufen“, sprich restriktiver. Diese Phase sei koalitionsintern auch die schwierigste gewesen. Am Ende habe man aber immer Kompromisse gefunden, und abgesehen von Corona seien „die großen Linien bei uns total einvernehmlich gelaufen“.

Zuletzt aber haben die Freien Wähler punktuell eigene Profilierung betrieben. Ziemlich unverhohlen brachten sie ihre Verärgerung darüber zum Ausdruck, dass die CSU die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre weiterhin blockiert, es wurden Versäumnisse beim Wohnungsbau thematisiert und bei der Erbschaftsteuer fordern die Freien Wähler offensiv deren Abschaffung, während die CSU auf Reformen setzt. Man müsse halt „gelegentlich einen Punkt setzen“, verteidigt Mehring die Strategie, „wir sind schließlich keine Unterorganisation der CSU“. Er räumt aber auch ein, dass man als kleiner Koalitionspartner stets auf dem „schmalen Grat zwischen Querulant und Ministrant“ wandle.

Mehrings CSU-Amtskollege Tobias Reiß, mit dem er sozusagen im Maschinenraum der Koalition sitzt, hält die Profilierungsversuche der Freien Wähler für „nachvollziehbar“ und sieht sie „mit Gelassenheit“, solange sie nicht unfair sind. Auch er lobt die gute Kooperation. „Manchmal sind wir in Nuancen unterschiedlicher Auffassung, aber im Endeffekt finden wir unter der Leitung des Ministerpräsidenten immer zu einer guten Lösung“, erklärt Reiß. Im Vergleich zur Berliner Ampel herrsche in der Staatsregierung „Harmonie pur“. Auch die Matadore Söder und Aiwanger hätten sich der gemeinsamen Sache willen zusammengerauft. Dass Söder wegen Aiwanger gelegentlich mit den Augen rollt und der wiederum von Sticheleien nicht lassen kann, gehört in der Bayern-Koalition offenbar zum guten Ton.
(Jürgen Umlauft)

 

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