Politik

Thomas Hacker gilt als kompetent und umgänglich - was seiner Partei, glaubt man den Umfragen, derzeit nichts nützt. (Foto: dpa)

15.04.2011

"Ich sehe nicht, wo die Christsozialen punkten"

Thomas Hacker, Fraktionschef der Landtags-FDP, über das Umfragetief seiner Partei, deren Personalnöte und die oft nervenaufreibende Zusammenarbeit mit Horst Seehofer

BSZ: Glückwunsch zur Wahl in den FDP-Landesvorstand, Herr Hacker!
Hacker: Danke! BSZ: Oder ist bei der aktuellen Lage der FDP eher Mitgefühl angesagt?
Hacker: Wir hatten sicher einen sehr lebhaften Parteitag am Wochenende mit intensiven Diskussionen auch bezüglich unserer Erwartungen an die Bundespartei. Das wichtigste Signal war aber, dass die bayerische FDP bereit ist zu kämpfen. Wir wollen die Ärmel hochkrempeln und zeigen, dass wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren für Bayern einiges bewirkt haben. Wir werden intensiv für einen Wahlerfolg 2013 arbeiten – sowohl bei der Landtags- als auch der Bundestagwahl. BSZ: Wäre am Sonntag Wahl, säßen Sie nächste Woche wohl nicht mehr im Landtag.
Hacker: Unsere Arbeit im Landtag wird gegenwärtig sehr stark durch den Bundestrend und die Ereignisse in Japan überlagert. Deshalb sehen wir uns in der Pflicht, noch stärker zu zeigen, welche Erfolge wir in Bayern erzielt haben. Umfragen sind immer Momentaufnahmen. Wir hatten in den vergangenen zweieinhalb Jahren immer schwankende Werte, für die CSU galt das auch. Wir werden jedenfalls alles daran setzen, 2013 wieder mit mindestens acht Prozent im Landtag vertreten zu sein. BSZ: Die Erfolge der Regierungskoalition in Bayern werden fast ausschließlich auf das Konto der CSU gebucht. Warum?
Hacker: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses zur Landesbank der CSU zugeschrieben werden. Wir haben da aufgeklärt! Nur weil wir in Regierungsverantwortung sind, war diese Aufklärung auch ohne Ansehen der Person möglich. Nur so konnte das fehlerhafte Verhalten der seinerzeitigen Mitglieder der Staatsregierung festgestellt werden, die damals beim Kauf der Hypo Alpe Adria Verantwortung getragen haben. BSZ: Aber bei den Sachthemen punkten Sie offenbar nicht.
HAcker: Ich sehe nicht, wo die CSU punktet. Sie liegt bei 40 Prozent, bei der Landtagswahl 2008 waren es noch über 42 Prozent.

Schwarz-Grün? Das war eine humoristische Einlage von Horst Seehofer.

BSZ: Für die CSU wurden jüngst 46 Prozent gemessen.
Hacker: Aber fast gleichzeitig auch 40. Wie dem auch sei – bei den Wählern wird sehr wohl wahrgenommen, dass sich durch unsere Regierungsbeteiligung zum Beispiel in der Bildungspolitik etwas verändert hat. Das fängt im Kindergartenalter mit den Sprachstandstests an, geht weiter mit der Entschärfung des Übertrittsverfahrens an die weiterführenden Schulen und hört bei den 2700 zusätzlichen Lehrerstellen nicht auf. Wir haben für die Hochschulen mehr Freiheiten durchgesetzt. Und in der Wirtschaftspolitik haben wir mit Martin Zeil an der Spitze deutliche Signale in der Krise gesetzt. Bayerns Wirtschaft steht blendend da, wir sind schneller aus der Krise gekommen als alle anderen – und das in allen Landesteilen. BSZ: Wie wollen Sie den Bürgern bis 2013 klarmachen, dass es die FDP in Bayern noch braucht?
Hacker: Mit der klaren Botschaft, dass wir die Partei der Vernunft sind. Wir machen nicht jede Stimmung mit. Wir geben ein klares Bekenntnis zu hohen Bildungsausgaben ab und zu einer Politik, die auf Innovationen für das ganze Land setzt. BSZ: Müssen Sie das auch Horst Seehofer erklären? Der CSU-Chef kokettiert offen mit Schwarz-Grün.
Hacker: Horst Seehofer hat das selbst als humoristische Einlage bezeichnet. Darin hat er ja durchaus seine Qualitäten. Und die Grünen sind bekannt dafür, dass sie es nicht so ernst meinen mit der Umsetzung von Ideen. Für eine Koalition wird das nicht reichen. Aber im Ernst: Ich weiß, dass es in der CSU eine große Zustimmung zur Koalition mit der FDP gibt. Darauf setzen wir. Sollte die CSU 2013 tatsächlich mit einer Koalitionsaussage zugunsten der Grünen in den Wahlkampf ziehen, wird das bestimmt nicht zum Schaden der FDP sein.

"Wir sind nach der Landtagswahl keineswegs an die CSU gekettet"

BSZ: Könnte es sich noch rächen, sich derart an die CSU zu binden?
Hacker:  Wir sind Realpolitiker. Wir richten uns danach, mit wem wir unsere Inhalte am ehesten umsetzen können. Die Alternative zur Koalition von CSU und FDP wäre im Augenblick ein Vierer-Bündnis aus SPD, Grünen, Freien Wählern und FDP. Gemeinsame Linien in diesem Parteienspektrum zu finden und darauf eine tragfähige Regierung aufzubauen – das ist fast unmöglich. Aber sollten nach der Wahl 2013 andere Konstellationen möglich sein, haben wir vor allem in der Bildungspolitik und bei den Bürgerrechten sicher auch andere Möglichkeiten als eine Koalition nur mit der CSU.
 
BSZ: Herr Hacker, Ihr Abschneiden 2013 wird eng mit der Lage der Bundes-FDP verbunden sein. Reicht der Wechsel von Westerwelle auf Philipp Rösler für den Neuanfang aus?
Hacker: Dieser Wechsel auf dem Parteitag im Mai ist der erste Schritt. Dann muss sich Rösler ein Team um sich herum formen, das die liberalen Ansätze in ihrer gesamten thematischen Vielfalt glaubwürdig abdeckt. Dazu gehört eine Mischung aus jungen und erfahrenen Politikern.
 
BSZ: Braucht die FDP auch eine thematische Neuaufstellung?
Hacker: Keine Neuaufstellung, sondern eine Rückbesinnung auf unsere breiten Wurzeln. Wir haben es in der öffentlichen Wahrnehmung in den vergangenen Jahren zugelassen, dass wir auf unsere Wirtschaftskompetenz verengt werden. Das ist eine unserer Kernkompetenzen, aber nicht die einzige. Dazu gehören auch die Sozial- und Bildungspolitik sowie die Bürgerrechte. Das müssen wir wieder für jeden erkennbar machen.
(Interview: Jürgen Umlauft)

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