Politik

Jetzt sind erst mal Weihnachtsferien. Zuvor hat der Landtag noch richtig viel Geld freigegeben: Über 60 Milliarden Euro umfasst der Nachtragsetat 2020. (Foto: Ralf Kruse)

13.12.2019

Im Ausgabenrausch

Der Landtag verabschiedet den Nachtragshaushalt 2020

Vor ein paar Wochen feierte Georg von Waldenfels seinen 75. Geburtstag. Der CSU-Politiker war von 1990 bis 1995 bayerischer Finanzminister. Ein schuldenfreier Haushalt war damals eine ferne Utopie. „Wir mussten jede Mark ein paar Mal umdrehen“, erinnerte er sich kürzlich und blickte neidvoll auf den heutigen Amtsinhaber Albert Füracker (CSU). Als der diese Woche im Landtag auftrat, hatte er für 2020 einen weiteren Rekordhaushalt ohne neue Schulden im Gepäck. „Dieser Investitions- und Innovationshaushalt ist beispiellos“, jubelte der Oberpfälzer im Hohen Haus. Von den rund 7,5 Milliarden Menschen auf der Erde „beneiden uns mindestens sieben Milliarden um unser Leben in Bayern“.

Damit war der Ton für Fürackers Haushaltsrede gesetzt. Mit der „Hightech-Agenda Bayern“, den Mehrausgaben für den Arten- und Klimaschutz sowie Rekordleistungen für Bayerns Kommunen lege die Staatsregierung in der momentanen Situation das „Optimale dessen vor, was notwendig ist“. Noch nie habe der Freistaat so viel investiert, wie es 2020 geschehen werde. Mit Sonderprogrammen zum Beispiel für Landwirte, den Staatsstraßenbau und die Forschungsförderung in der Autoindustrie setze man Akzente. „Wir beschreiben Probleme nicht nur, wie lösen sie“, erklärte Füracker an seine Kritiker gewandt.

Die kommen nicht nur aus der Opposition. Drei Monate vor der Kommunalwahl bemängeln selbst Landräte und Bürgermeister der CSU die Ausgestaltung der Landeszuweisungen an Landkreise, Städte und Gemeinden. Für Füracker sind das unverständliche Klagen.

Füracker ahnt: So wird es wohl nicht weitergehen


Der Finanzausgleich an die Kommunen steige um 316 Millionen auf erstmals über zehn Milliarden Euro, dazu kämen nächstes Jahr mehr als 800 Millionen Euro aus der Gewerbesteuerumlage. Und statt 60 Millionen Euro als Ausgleich für den Wegfall der Straßenausbaubeiträge zahle der Freistaat 150 Millionen. „Wer behauptet, wir tun nicht genug für die Kommunen, der liegt falsch“, echauffierte sich Füracker. Ganz allgemein erklärte er abschließend: „Wir stemmen die Herausforderungen der Zukunft, ohne irgendetwas zu vernachlässigen.“

Da waren aber die Redner der Opposition vor allem an einer Stelle ganz anderer Meinung. „Sie haben das Wahlversprechen der Schuldenfreiheit bis 2030 einkassiert“, brachte es die Grüne Claudia Köhler auf den Punkt. Statt einer Milliarde Euro Tilgung in den Jahren 2019 und 2020 seien es nur mehr 100 Millionen. „Das ist reines Alibi“, schimpfte Köhler. Harald Güller (SPD) erkennt einen „massiven Bruch“ mit der Haushaltspolitik der früheren Seehofer-Regierung. „Die Monstranz der Schuldentilgung bis 2030 schmeißen Sie mit diesem Haushalt mit voller Wucht in den Graben“, formulierte Güller. Und Helmut Kaltenhauser (FDP) betonte, dass Investitionen und Schuldentilgung kein Gegensatz sein müssten. Dieser sei nur wegen des Finanzierungsbedarfs für die teuren Wahlversprechen von CSU und Freien Wählern entstanden.

Bei aller mit breiter Brust zur Schau gestellten Begeisterung über das Zahlenwerk hörte man in der Tat auch von Füracker abseits der hell ausgeleuchteten Bühne des Landtags nachdenkliche Töne im Sinne Kaltenhausers. Noch sitzt der Finanzminister auf knapp sieben Milliarden Euro an Rücklagen für schlechtere Zeiten. Aber er ahnt, dass die Steuereinnahmen bald nicht mehr so sprudeln werden wie zuletzt.
Konkret wird Füracker nicht, wenn er an die Haushalte der nächsten Jahre denkt, aber der genaue Blick ins aktuelle Haushaltswerk gibt einen Vorgeschmack auf das, was kommen könnte. Schließlich schrumpft die lange gefeierte Schuldentilgung um satte 90 Prozent, und bei der Gewährung des neuen Krippengeldes wird eine Einkommensobergrenze eingezogen. Das könnte bei sinkenden Staatseinnahmen demnächst auch für die Prestigeprojekte Familien- und Pflegegeld gelten. Dann wird auch Füracker nicht umhinkommen, zwar nicht die Mark, aber doch den Euro ein paar Mal umzudrehen (Seite 5).
(Jürgen Umlauft)

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