Politik

Seine Gegner sind zahlreich, seine Anhänger ebenfalls: Markus Söder, Seehofers Intimfeind, soll im Frühjahr bayerischer Ministerpräsident werden. (Foto: dpa)

08.12.2017

Kann der das?

Markus Söder, Ministerpräsident in spe

Jetzt also doch: Horst Seehofer will sein Amt als Regierungschef an Markus Söder übergeben. Den er mit aller Macht zu verhindern suchte. Wie schlimm ist dieser Söder tatsächlich? Was kann er gut, was fällt ihm schwer, ist er der neuen Aufgabe gewachsen? Versuch einer Einordnung. Warum ist Söder so umstritten?
Er findet sich selber ziemlich gut, hielt sich im Kreis der CSU-Nachwuchstalente immer schon für den Besten. Und hat diese Selbsteinschätzung keineswegs verborgen. Was vermutlich auch daran lag, dass ihn viele andere ebenfalls toll fanden. Edmund Stoiber zum Beispiel – der ein gutes Gespür für politische Talente hatte und sich in seinen besseren Zeiten als Ministerpräsident mit einem formidablen Beraterkreis umgeben hatte. Wieso kann Seehofer Söder nicht leiden?
„Charakterliche Schwächen“ hatte Horst Seehofer Söder bei einer Weihnachtsfeier vor fünf Jahren attestiert – im Kreis von Journalisten. Auch warf er ihm „Schmutzeleien“ vor. CSU-Leute vermuten, dass Seehofer den Verdacht hegt, Söder habe 2007 die Story von Seehofers unehelichem Kind publik gemacht. Was natürlich unbewiesen blieb. Bemerkenswert ist, dass selbst Söders Gegner Seehofers öffentliches Söder-Gestänker missbilligten. Tatsächlich ist Söder keineswegs das einzige Opfer von Seehofers Läster-Neigung. Seehofer war nie zimperlich, wenn es darum ging, seine Kabinettsmitglieder bloßzustellen. Aber Söder war halt sein liebstes Opfer, vermutlich auch deshalb, weil dieser nie klein beigab. Worin ist Söder gut?
Selbstvermarktung und strategisches Denken. Als früherer Fernsehredakteur besitzt er ein ausgeprägtes Geschick für medienwirksame Auftritte. Kein anderer CSU-Politiker wird so häufig zu Talkshows eingeladen. Söder ist schlagfertig, kann witzig sein und weiß genau, mit welchen Formulierungen er beim Publikum punktet. Er kann Menschen für sich einnehmen, ist ein begabter Netzwerker. Daneben kann er sich rasch in komplexe Sachverhalte einarbeiten und abschätzen, wie man Ziele am besten erreicht. Im bayerischen Kabinett zählt Söder zum äußerst übersichtlichen Kreis derjenigen Minister, die von ministerialen Juristen für satisfaktionsfähig befunden werden. Was sind seine Schwächen?
Eitelkeit: Für positive PR bleibt Seriosität schon mal auf der Strecke. Legendär ist ein Bericht der Bild über Söders Kampf gegen Singvogeljagd in Italien: „Söder befreit bayerische Singvögel aus italienischen Käfigen“, prangte in großen Lettern über einem herzzerreißenden Foto. Zu sehen ist darauf, wie Söder, damals Umweltminister, das Türchen zu einem Käfig öffnet, aus dem ein grüngelber Vogel flattert. Blöd nur, dass Mitarbeiter seines eigenen Ministeriums das Federvieh als Grünfink identifizierten – und der ist gar kein bayerischer Zugvogel. Tatsächlich stöhnen Söder-Mitarbeiter regelmäßig über den Drang des Chefs, mediale über inhaltliche Erfolge zu stellen. Was eine gewisse Sprunghaftigkeit zur Folge hat. In welchen Ämtern war er gut?
Als Generalsekretär erledigte er von 2003 bis 2007 aus CSU-Sicht zwar einen guten Job: Er bügelte den politischen Gegner eloquent und schmerzfrei nieder, war fleißig und ein tadelloser Organisator. Mit seinen oft überpointierten Aussagen schuf Söder aber den Boden dafür, dass er für viele Menschen zum Feindbild wurde. 2007 avancierte Söder zum Europaminister – ein Job, den er sogar in den Augen der Landtagsopposition super erledigte. Zitat eines SPD-lers über den Europaminister Markus Söder im Jahr 2007: „Er hat uns den Wind aus den Segeln genommen.“ Der verstorbene Grünen-Chef Sepp Daxenberger gab damals zähneknirschend zu: Verglichen mit den anderen CSU-Ministern habe Söder „den besten Auftritt“. Geschafft hatte Söder das mit Fleiß und einer umfänglichen Charmeoffensive. Als Umwelt- und dann als Finanzminister verlegte er sich darauf, intensiver an seiner persönlichen Karriere zu basteln, Sachfragen rückten mitunter in den Hintergrund. Söder legte immer größeren Wert auf mediale Präsenz. Der Erfolg gab ihm recht: In Umfragen erzielte er regelmäßig hohe Bekannt- und auch Beliebtheitswerte. Was muss er noch lernen?
Inhaltlich an einer Sache dranzubleiben. Eine Vision für Bayern entwickeln. Deutlich machen, wofür er steht – und dafür eintreten, auch wenn Umfragen vielleicht mal was anderes nahelegen. Was zusammengefasst auch hieße: eine Art Anti-Seehofer werden. Der ist berüchtigt für seine politischen Wendemanöver, sobald er den Zorn der Wähler fürchtet. Seehofer muss mit dem Vorwurf leben, keine Strategie für Bayern entwickelt zu haben. Söders politischer Ziehvater Edmund Stoiber hatte diese Vision – allerdings schoss er gegen Ende seiner Amtszeit häufig übers Ziel hinaus, ergab sich seiner wachsenden Hybris, traf teils fatale Fehlentscheidungen. Wenn Söder aus beider Fehler lernt, kann er für Bayern einiges erreichen.
(Waltraud Taschner)

Kommentare (1)

  1. patriot_whiteblue am 10.12.2017
    Die Frage ist doch: Kann es (von dem in Bayern zur Verfügung stehenden Personal) irgendjemand besser als Söder? Ilse Aigner wusste ja zum Schluss nichts anderes, als fast schon zu weinen vor Wut darüber, nicht zum Zuge gekommen zu sein. Und Joachim Herrmann hatte Angst vor der eignen Courage (bereits zum zweiten Mal!). Und das mutmaßliche Spitzenduo der Oppositionsparteien im Landtag. Die nervige Schreckschraube Natascha Kohnen (SPD), die unreife und patzige Katharina Schulze (Grüne) und der irrlichternde und cholerische Hubert Aiwanger: Wer von denen wären denn ernsthaft ein besserer Regierungschef des Freistaats, würde weitere Arbeitsplätze schaffen, auch künftig die Innere Sicherheit garantieren und die Staatsfinanzen im Blick behalten? Die drei würden doch von Merkel untergebuttert dass die Schwarte knackt, am Ende zahlt Bayern noch den dreifachen Betrag beim Länderfinanzausgleich. Und anders als Söder, der bereits zwei Ministerien zumindest ohne erkennbare Fehler geleitet hat, können die drei Genannten doch auf keinerlei Regierungsverantwortung verweisen. Nur ein Hasardeur würde denen Bayern anvertrauen. Natürlich ist Söder ein Unsympath. Aber darauf kommt es schließlich nicht an.
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