Politik

20.10.2017

Katastrophale Normalität

Ein Kommentar von Roswin Finkenzeller

Bei ihrem Drang, in Bayern ohne Koalitionspartner auszukommen, hat die regierende CSU nach der Blamage vom 24. September einen noch schwereren Stand als bisher. Da sich Bayern einer Wählerschaft von hochmoderner Uneinheitlichkeit rühmen kann, ist der Gewinn der absoluten Mehrheit schon immer ein Kunststück gewesen. Doch bei der nächsten Landtagswahl der Linkspartei Anhänger abspenstig zu machen, dürfte für die CSU etwas schwierig sein. Folglich wird der unverdrossen die ungeteilte Regierungsmacht liebenden Partei nichts anderes übrig bleiben, als das rechte politische Spektrum notdürftig bis elegant abzudecken. Solange ihnen nicht das Stimmrecht entzogen werden kann, sind die AfD-Sympathisanten eben einfach da. Dass diese entweder in den Schmollwinkel der Nichtwählerschaft zurückbugsiert oder für die Regierungspartei gewonnen werden müssen, gebietet ganz einfach die Interessenlage der CSU.

Den Vorwurf, damit hofiere sie den Rechtsextremismus, darf die Partei zurückweisen. Hochmodern sind Globalisierung und Europäisierung, das aber in einem Ausmaß, dass Gegenströmungen nahezu selbstverständlich sind. Einer Partei, die sich für den politischen Inbegriff Bayerns hält, werden dabei die schönsten und aufregendsten Themen quasi frei Haus geliefert. Zwar müssen alle Politiker darüber nachsinnen, eine herzlich wenig uniforme Gesellschaft den immer ungemütlicher werdenden Weltverhältnissen irgendwie anzupassen.

Ist Seehofer noch der richtige Mann? Das bezweifeln viele

Einer Volkspartei aber, die tatsächlich (noch) eine ist, wächst damit die schwierige, doch gut zu ihrem Selbstverständnis passende Aufgabe zu, im Umbruch die bayerische Identität zu bewahren. Seit jeher halten sich die CSU-ler für Spezialisten, wenn es um das Doppelthema Kontinuität und Wandel geht.

Ob Seehofer da der richtige Mann ist, wird stellenweise bezweifelt. Er selbst glaubt offenbar, das Volk erkenne den großen Denker an dessen Schweigsamkeit. Daher die Masche, auf Fragen lange zu schweigen und dann die unvermeidlichen Worte ganz langsam über die Lippen kommen zu lassen. Bisher hatte er meistens Glück damit. Doch zur Aufrechterhaltung der absoluten Mehrheit, dieser bayerischen Anomalie, bedarf es womöglich einer überzeugenderen Imagepflege. Die Leute wollen eine Persönlichkeit sehen, eine starke natürlich, die zu werden der Chef nicht mehr viel Zeit hat. Ganz normale Publikumserfolge im CDU-Stil wären für die CSU eine Katastrophe.

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