Politik

16.03.2012

"Kommunaler Finanzausgleich: Zuwachs nur für den ländlichen Raum"

Dokumentation: Wie Ex-Finanzminister Erwin Huber (CSU) den Finanzausgleich reformieren will

Im folgenden dokumentieren wir Erwin Hubers Vorschläge im Wortlaut:                                                                                                                                   

Bei den Kommunalpolitikern grummelt es schon seit einiger Zeit. Der Kommunale Finanzausgleich (FAG) ist zu schematisch und berücksichtigt die Anliegen der kleinen Gemeinden des strukturschwachen Raumes zu wenig. Das ist der schwerwiegende Vorwurf, der von Kommunalpolitikern und Kämmerern  aller Schattierungen erhoben wird. Trotz gewisser Verbesserungen kommen mache schwache Gemeinden aus einer Spirale von Schulden, Belastungen, Investitionsschwäche und Perspektivlosigkeit nicht heraus. Dabei übersehen Landräte und Bürgermeister keineswegs, dass heuer der Freistaat den Kommunalen Finanzausgleich mit  mehr als  400 Millionen auf insgesamt 7, 2 Milliarden gestärkt hat. Ihre Kritik bezieht sich auf die Verteilung der vielen Millionen. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben  es nicht geschafft, gemeinsam ein Konzept für „mehr Gerechtigkeit“ in das Regelwerk zu bringen. Streit der Spitzenverbände nutzt niemanden. Beim kleinen Parteitag der CSU hat Ministerpräsident Horst Seehofer eine Reform des Finanzausgleichs angekündigt. Finanzminister Markus Söder hat mit seinem Lex München unnötig Öl ins Feuer gegossen. Jetzt wird es darauf ankommen, finanzierbare, aber auch für die ländlichen Gemeinden spürbare Schritte umzusetzen Neues Verteilungsvolumen: 300 Millionen Euro Legt man die Steuereinnahmen des Staates für 2011 und die Schätzungen für 2012 zugrunde, ergibt sich 2013 eine deutliche Erhöhung der sog. Verbundmasse und damit des gesetzlich fixierten Kommunalanteils am allgemeinen Steuerverbund.  Bei einer vorsichtigen Schätzung kommt man auf eine Summe von rund 300 Millionen Euro, die für den Kommunalen Finanzausgleich 2013 zusätzlich zur Verfügung steht. Vorschlag: dieses Geld soll ausschließlich den finanzschwachen, meist kleineren Gemeinden zu Gute kommen.  Das schließt behutsame Drehungen an der Stellschraube zulasten finanzstarker Kommunen nicht aus. Aber die Mehrung für die Kleinen sollte in erster Linie aus dem erhöhten Volumen genommen werden und nicht aus einer Umverteilung innerhalb der kommunalen Familie. Diese Prioritätensetzung ist umso leichter vorzunehmen, da die finanzstärkeren Kommunen 2011 einen wahren Geldsegen bei den Gewerbesteuereinnahmen erlebt haben und auch 2012 mit guten Steuereinnahmen rechnen können. Die Gewerbesteuer verteilt sich aber sehr ungerecht über die kommunale Landschaft. Deshalb sollten im Finanzausgleich gerade die gewerbesteuerschwachen und kleinen Gemeinden bevorzugt werden.   Mehr Schlüsselzuweisungen: 150 Mio € Die größte Bedeutung für die Stärkung der kommunalen Finanzkraft haben Schlüsselzuweisungen. Sie betragen heuer rund 2,7 Milliarden Euro. Hier ist der größte Zuschlag vornehmen, weil dieses Geld zur Stärkung der Verwaltungshaushalte dient und sehr unbürokratisch nach einem festen Schlüssel verteilt wird. Aber bei diesem Schlüssel müssen strukturelle Veränderungen vorgenommen werden, damit das frische Geld nicht mit der Gießkanne über alle Kommunen verteilt wird, sondern konzentriert bei den kleineren Gemeinden ankommt. Das Zauberwort dazu heißt „Einwohnergewichtung“. Der Finanzbedarf der Gemeinden wird nämlich nicht nach ihren tatsächlichen Ausgaben gerechnet, sondern nach Einwohnerzahl und Multiplikator. Und da setzt die Hauptkritik der Bürgermeister an. Für die kleinen Gemeinden wird nämlich der Einwohner mit 108 % gewichtet und für die Städte mit 500 000 Einwohnern mit 150 %, für München gibt es sogar einen Zuschlag. Die gesamte Mehrung von 150 Mio Euro soll nur den Gemeinden unter 10000 Einwohnern zu Gute kommen  und zwar für eine Aufstockung der Einwohnergewichtung. Damit soll sichergestellt werden, dass das Geld nur bei den Gemeinden unter 10 000 Einwohnern ankommt. Diese Anhebung des Einstiegs bei der Einwohnergewichtung wirkt auf Dauer und geht eine der größten Ungerechtigkeiten des Finanzausgleichs an. Über die Zeit sollen weitere Anhebungen erfolgen. Bei den Gemeinden über      50 000 Einwohnern kann es schon bei einer überdurchschnittlichen Gewichtung bleiben, da man einer Sonderbelastung durch die zentralörtliche Funktion Rechnung tragen muss.  Höhere Investitionspauschale:  50 Mio € Im Finanzausgleich 2012 ist zu würdigen, dass die Investitionspauschale um 88 Mio Euro angehoben und dabei der Mindestbetrag auf 68 000 Euro verbessert wurde. Da es hier eine finanzkraftabhängige Komponente gibt, kommen bei den finanzschwachen Gemeinden noch höhere Beträge an. Diese Verbesserung sollte weitergeführt werden. Damit würde die Mindestausstattung für Investitionen in den Gemeinden gestärkt. Gerade bei  kommunalen Gebäuden sollten, speziell auch für die energetische Erneuerung, Sanierungen stattfinden und finanziell erleichtert werden. Das dient nicht nur der Energiewende, sondern trägt zur dauerhaften Kostenersparnis bei. Der Mindestbetrag bei der Investitionspauschale sollte auf     100 000 € angehoben und gestaffelt bleiben. Gemeinden, die mehr als 150 % der Finanzkraft haben, sollten völlig aus dieser Zuweisung genommen werden.  Straßenunterhaltszuschuss: 70 Mio € Gemeinden unter 5000 Einwohner sind nicht am fiktiven Aufkommen der Kraftfahrzeugsteuer beteiligt, sondern erhalten einen Unterhaltszuschuss von 1200 Euro pro Kilometer. Dieser Pauschbetrag ist seit vielen Jahren gleich geblieben, obwohl sich die Kosten deutlich erhöht haben. Der zwangsläufige Unterhalt, der Winterdienst und Sanierungen belasten gerade Flächengemeinden sehr stark.  Es sollte zu eine Erhöhung auf 2000 € pro Kilometer kommen. Diese Verbesserung ist einer der wichtigsten Eckpunkte in diesem Konzept. Gerade die finanzschwachen Gemeinden mit einem langen Straßennetz können dann ihre Aufgaben in diesem Bereich bewältigen und müssen nicht von Jahr zu Jahr einen weiteren Substanzverlust verkraften.  Konsolidierungsprogramm: 30 Mio € Gemeinden, die in eine unverschuldete Notlage geraten sind, die sie aus eigener Kraft nicht bewältigen können, erhalten vom Staat aus dem FAG eine Bedarfszuweisung. Sie wird immer im Herbst auf Antrag und nach umfangreicher Prüfung zugeteilt. Vor einigen Jahren wurde mit dem Konsolidierungsprogramm eine Erweiterung vorgenommen. Es sind Hilfen, die auf mehrere Jahre angelegt sind und auf der Grundlage eines Konsolidierungskonzepts einer Gemeinde eine dauerhafte Sanierung der Gemeindefinanzen bringen sollen.   Dafür sind zusätzlich etwa 30 Mio € notwendig. Das Programm muss  über viele Jahre fortgeführt werden, damit immer mehr Gemeinden dauerhaft aus einer Notlage herauskommen und wieder auf eigenen Füßen stehen können.  Appell: Miteinander von Staat und Spitzenverbänden  „Man muss raus aus den Schützengräben und Prioritäten setzen“, ist das Gebot der Stunde. Man muss jetzt die Zeit nutzen und bis zum Sommer Klarheit zu schaffen, um schon für 2013 zu wesentlichen Verbesserungen zu kommen.  Darlehensprogramm für Breitbandausbau: 500 Mio € Außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs ist  ein Projekt von überragender Bedeutung: schnelles Internet  aufgrund leistungsfähiger Breitbandinfrastruktur. Die Staatsregierung sieht bisher die Förderung mit Zuschüssen in einem Grenzstreifen in Ostbayern vor. Im Nachtragshaushalt sind hierfür fünfmal 20 Mio €, also 100 Mio  €, eingeplant. Die Forderung der CSU-Landtagsfraktion ist eindeutig  auf ein Programm im ganzen Land gerichtet, nicht nur auf wenige Landkreise. Um das ganze finanzierbar zu machen, sollten  den schwächeren Gemeinden Zuschüsse und den finanzstarken Kommunen ein zinsverbilligtes Kreditprogramm zur Verfügung gestellt werden. Wenn man etwa ein Viertel des geplanten Volumens in eine Darlehensverbilligung umwandelt, könnten damit rd. 500 Mio € zinsgünstige Kredite ausgereicht werden. Damit ließe sich das Investitionsvolumen deutlich erhöhen.  Im übrigen sind für den Breitbandausbau unabdingbar Bundesmittel notwendig. 

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