Politik

Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. (Foto: dpa/Federico Gambarini)

06.04.2021

Laschets Corona-Vorstoß stößt auf Skepsis

Der NRW-Regierungschef fordert ein schnelles Bund-Länder-Treffen. Und einen harten "Brücken-Lockdown". Die CSU knüpft das Vorziehen der Corona-Beratungen an Bedingungen

Die Forderung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet nach einem schnellen und harten "Brücken-Lockdown" in Deutschland hat ein geteiltes Echo ausgelöst. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) lehnte den Vorschlag Laschets ab, schon diese Woche auf einer vorgezogenen Ministerpräsidentenkonferenz über eine Verschärfung der Corona-Regeln zu beraten. Dazu seien noch zu viele Fragen offen. Andere Länder signalisierten zwar grundsätzlich Bereitschaft zu einem schnellen Treffen, verlangten aber, vorher müsse ein Konzept auf dem Tisch liegen, das alle mittragen wollten.

Laschet hatte am Ostermontag überraschend vorgeschlagen, im Kampf gegen die dritte Corona-Welle einen "Brücken-Lockdown" zu beschließen. Damit solle die Zeit überbrückt werden, bis viele Menschen geimpft seien. Die Lage erfordere es, "dass wir noch mal in vielen Bereichen nachlegen", sagte der CDU-Vorsitzende. Er sei sich bei seiner Einschätzung der Lage mit vielen Länderchefs, Kanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) einig. Die für den 12. April geplante Runde von Merkel und den Ministerpräsidenten will er deshalb auf die kommenden Tage vorziehen.

Am Dienstag konkretisierte Laschet im ZDF-Morgenmagazin: Ein "Brücken-Lockdown" zur Eindämmung der Corona-Gefahren sollte aus seiner Sicht "zwei bis drei Wochen" dauern. Jetzt sei absehbar, "dass schon in ganz kurzer Zeit 20 Prozent, danach 30, 40 Prozent der deutschen Bevölkerung geimpft ist", sagte er.

Wissenschaftler würden nun empfehlen, diese Zeit zu überbrücken und das öffentliche Leben bis dahin zu reduzieren. Zwar wiesen die Neuinfektionsraten derzeit eine sinkende Tendenz auf - möglicherweise wegen eingeschränkter Meldungen an den Ostertagen - allerdings seien die Intensivstationen stärker mit Covid-Patienten belegt, sagte Laschet. Jetzt gehe es darum, "genau in diesem letzten Stück der Pandemie noch einmal herunterzugehen".

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 6885 Neuinfektionen. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner lag laut RKI am Dienstagmorgen bundesweit bei 123,0. Am Vortag gab das RKI diese Sieben-Tage-Inzidenz mit 128,0 an, vor drei Wochen mit 83,7. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 90 neue Todesfälle verzeichnet.

Im Kreis seiner Länderkollegen löste Laschets Vorstoß Erstaunen aus. Der Vorschlag werfe viele Fragen auf, sagte Müller dem ARD-Hauptstadtstudio. "Ein Brücken-Lockdown für eine Übergangszeit und dann mit welchen Maßnahmen? Und das soll so lange gelten, bis viele Menschen geimpft sind. Was heißt das alles?" Er glaube, da seien viele Überlegungen bei Laschet noch nicht abgeschlossen, sagte Müller, zurzeit auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Insofern mache eine vorzeitige MPK jetzt auch keinen Sinn.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sagte dem "Spiegel", man könne gerne jederzeit zusammenkommen. "Aber da muss auch vorher was auf dem Tisch liegen, was wir dann auch wirklich gemeinsam beschließen und vor allem auch alle umsetzen", betonte der Linken-Politiker. "Die aktuellen Wortmeldungen sind wieder Stückwerk und von Hektik geprägt." Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zeigte sich bereit, das Bund-Länder-Treffen vorzuziehen, es müsse dann aber als Präsenzveranstaltung stattfinden. "Ziel muss eine Verständigung der Länder sein", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag).

CSU knüpft Vorziehen der Corona-Beratungen an Bedingungen

Bayern ist laut CSU-Generalsekretär Markus Blume nur dann für ein Vorziehen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) auf diese Woche, wenn alle Bundesländer grundsätzlich zu einer Verschärfung der geltenden Corona-Regeln bereit sind. Blume sagte am Montagabend im Politik-Talk "Die richtigen Fragen" auf "Bild live": "Eine neue MPK bringt ja nichts, wenn danach wieder jeder Seins macht. Deshalb ist ganz entscheidend, dass die Bereitschaft der Länder da ist zu weitergehenden Maßnahmen."

Blume reagierte damit auf den Vorschlag des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, im Kampf gegen das Coronavirus einen schnellen und harten "Brücken-Lockdown" zu beschließen. Damit solle die Zeit überbrückt werden, bis viele Menschen geimpft seien, forderte der CDU-Chef am Ostermontag in Aachen. Die für den 12. April geplante Runde von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten will er deshalb auf die kommenden Tage vorziehen.

Die CSU sei dazu bereit, das sei aber nicht überall der Fall, sagte Blume. Mancher wolle ja sogar sein ganzes Land zu einer Modellregion mit Öffnungen erklären, kritisierte er mit Blick auf das Saarland, das an diesem Dienstag mit dem Ausstieg aus dem Lockdown beginnen will. "Ein Corona-Lockdown-Herumgeeiere, wie wir das bei der letzten MPK erlebt haben mit stundenlangen Sitzungen, und danach geht man auseinander, und jeder macht Unterschiedliches, das kann nicht der Weg sein."

Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte sich skeptisch: Solange sich einzelne Bundesländer gegen Ausgangsbeschränkungen sperrten, nutze auch ein neues Treffen nichts, sagte er bei "Bild live". FDP-Vize Wolfgang Kubicki bezeichnete Laschets Vorstoß als "Verzweiflungstat". Die Menschen sollten noch stärker eingeschränkt werden, "um das Scheitern der Impfstrategie der CDU-geführten Bundesregierung zu überdecken", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte der "Rheinischen Post" (Dienstag): "Ein neuer Name bedeutet noch lange kein konsequentes Handeln."

Die Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg, Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne), hatten schon vergangene Woche in einem gemeinsamen Brief an ihre Kollegen eine strikte Anti-Corona-Politik mit einer konsequenten Umsetzung der Notbremse in Hotspots gefordert, auch mit nächtlichen Ausgangsbeschränkungen. Härtere Maßnahmen fordert auch Merkel. Bisher war der Ruf jedoch vielerorts ungehört verhallt - auch in CDU-geführten Bundesländern.

Das Saarland will an diesem Dienstag trotz steigender Infektionszahlen sogar mit einem Ausstieg aus dem Lockdown beginnen. Viele Einrichtungen und Häusern dürfen wieder öffnen, neben der Außengastronomie zählen auch Kinos, Theater, Konzerthäuser, Fitnessstudios und Tennishallen dazu. Wer das Angebot nutzen möchte, braucht in der Regel einen negativen Corona-Schnelltest, der nicht älter als 24 Stunden sein darf.

Damit geht erstmals ein ganzes Bundesland als Corona-Modellprojekt an den Start. "Es muss uns nach einem Jahr Pandemie mehr einfallen als nur zu schließen und zu beschränken", hatte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) gesagt. Merkel bezeichnete die Ankündigung als "sehr gewagt". Am Ostermontag wurde für das Saarland eine Inzidenz von 91,3 gemeldet.
(dpa)

Laschet im Spott-Gewitter: "60-Jähriger beim Nachdenken verletzt"
Die öffentliche Zustimmung ist zwar eher verhalten - doch zumindest zur Erheiterung der Netzgemeinde in diesen trüben Pandemie-Zeiten hat CDU-Chef Armin Laschet mit seinem Vorschlag für einen "Brückenlockdown" beigetragen. Unter dem Hashtag "#Laschethatnachgedacht" posteten Twitter-Nutzer am Dienstag massenhaft Bilder von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der den Kopf schüttelt oder von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die lacht. Andere Tweets zeigen einstürzende Brücken, Brücken, die ins Nichts führen oder Menschen, die von Brücken springen.

Auch Wortspiele mit dem Oldie "Bridge over troubled water" (Brücke über unruhigem Wasser) von Simon & Garfunkel oder Spott über das aus Sicht der User misslungene Polit-"Marketing" des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten wurden im Netz eifrig geteilt. Großer Beliebtheit erfreute sich auch die Satire-Schlagzeile: "Schwerer Unfall zu Ostern. 60-Jähriger beim Nachdenken verletzt."

Laschet hatte vor Ostern gesagt, die Verantwortlichen müssten über die Feiertage gemeinsam über wirksame Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie nachdenken. Am Ostermontag sprach sich der CDU-Vorsitzende dann für eine harten und kurzen "Brückenlockdown" im April aus. Ziel sei es, damit die Zeit zu überbrücken bis viele Menschen geimpft seien. (dpa)

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