Politik

25.03.2011

Leider unspektakulär

Der neue Nockherberg mit Luise Kinseher hat zwar starke Momente, insgesamt aber blieb das Ganze mau

Nun sollte es auf dem Nockherberg also eine Frau richten. Nach dem freiwilligen Ausscheiden des Salvator-Predigers Bruno Jonas und dem nicht ganz so freiwilligen von Michael Lerchenberg installierten die Veranstalter der Paulaner-Brauerei die niederbayerische Kabarettistin Luise Kinseher als Rednerin auf ihrer Derblecker-Bühne. Als Mama Bavaria stieg Kinseher von ihrem Sockel über der Theresienwiese und wollte ihren Buberln und Maderln in der Landespolitik die Leviten lesen.
Es blieb beim Versuch – leider. Die Fußstapfen der Jonas’ und Lerchenbergs erwiesen sich im ersten Anlauf als noch zu groß. Dabei war der Anfang vielversprechend, als Kinseher die epochale Kernkraftwende der CSU aufs Korn nahm. Natürlich seien sie in der CSU nie Kernkraft-Fetischisten gewesen, schon Franz Josef Strauß habe ja nie die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf gewollt. An Horst Seehofer gewandt sagte sie, dass dessen Wandlungsfähigkeit „schon immer das größte anzunehmende Restrisiko“ für Bayern gewesen sei.
Gleich darauf heuchelte Kinseher keck ihr Unverständnis für die Absenz von Karl-Theodor zu Guttenberg: „Der hätte doch ruhig kommen können. Wenn in der CSU einer einen Fehler macht und das nicht gleich drei Milliarden kostet, dann ist das doch ein Fortschritt!“


Mäßig launige Texte


Die Nockherberg-Pilger waren da gerade auf Betriebstemperatur gekommen, willig, sich den Leviten der Mama hinzugeben – nur, es folgten kaum noch welche. Schleppend lief auch das traditionelle Singspiel an, das seit der Regie-Übernahme durch Alfons Biedermann gar nicht mehr so traditionell ist.
Die von Biedermann angekündigte Verjüngung äußerte sich in einer Mischung aus fernsehtauglicher Comedy und Show. Sicher war der Auftritt der „deutschen Aische“ (Murat Topal) als Kopftuchträgerin mit multiplem Migrationshintergrund ein innovativer Farbtupfer, aber der Nockherberg lebt halt von den Dialogen und den Beziehungskisten der parodierten Politiker. Die aber bekamen überwiegend mäßig launige Aufsagertexte. Rühmliche Ausnahme war der rotzfreche Auftritt von Angela Ascher als Christine Haderthauer, mit dem der Sozialministerin schonungslos der Spiegel vorgehalten wurde.
Seine besten Augenblicke hatte der Nockherberg 2011, wenn Stefan Murr als Karl-Theodor zu Guttenberg und Stephan Zinner als Markus Söder auf der Bühne standen. „Was macht denn der Gutti da? Der derf doch nimma mitspieln!“, entrüstete sich der gespielte Söder bei zu Guttenbergs Auftritt. Worauf der kontert: „Sie wollen sich mit mir intellektuell duellieren? Ich duelliere mich doch nicht mit Unbewaffneten!“
Auch gesanglich waren die beiden klasse. Söder, der „O Söder mio“ zur Melodie von „O sole mio“ schmetterte und davon träumte, einmal Ministerpräsident zu sein, und zu Guttenberg, der einen „ganz allein und selbst geschriebenen Songtext“ zum Vortrag brachte – zusammengesetzt aus geklauten Versatzstücken der Pop- und Rockmusik.
Grandios, entlarvend und bitterböse gegen Ende auch das Schnulzenduett von Karl-Theodor und Stephanie zu Guttenberg (Stéphanie Berger), in dem sich der Baron und die Baroness begleitet von einem Kinderchor in KT-T-Shirts nach der Rückkehr der Monarchie sehnten. Trotzdem: Der neue Nockherberg ist weiter auf der Suche. Vielleicht wird er bei allem Modernisierungswillen beim Altbewährten fündig.
(Jürgen Umlauft)

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