Politik

Begeisterung sieht anders aus - dennoch lobte die Opposition den Konsens. (Die Fraktionsvorsitzenden Hubert Aiwanger (FW), Markus Rinderspacher (SPD), Ludwig Hartmann, Margarete Bause (beide Grüne) sowie Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Foto: dpa

30.10.2015

"Mehr Ordnung an den bayerischen Außengrenzen"

Horst Seehofer und die Fraktionschefs von CSU und Opposition reden vier Stunden über eine Begrenzung der Zuwanderung

Staatsregierung und Opposition haben sich auf eine schnellere Verteilung der in Bayern ankommenden Flüchtlinge verständigt. Man wolle diese Verteilung auch «unter Einschluss» Münchens gestalten, sagte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nach einem Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden aller im Landtag vertretenen Parteien. Dazu sollten ausreichend Züge und Busse bereitgestellt werden, um auch unvorhersehbare Spitzen bewältigen zu können. Zugleich forderte die Runde den Bund - parteiübergreifend - auf, zusätzliche «Aufnahmezentren» in Grenznähe zu schaffen. Man wolle unwürdige und teilweise chaotische Situationen, wie man sie in den vergangenen Tagen erlebt habe, künftig vermeiden, sagte Seehofer. Wie München wieder stärker einbezogen wird, ließ Seehofer offen. Das sei nun Sache des zuständigen Lenkungsstabes im Sozialministerium. Es sei aber ganz klar der politische Wille zum Ausdruck gebracht worden, dass die Landeshauptstadt künftig wieder stärker einbezogen wird. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher und Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause lobten den Konsens. Man verfolge gemeinsam das Ziel, mehr Ordnung an die bayerischen Außengrenzen zu bringen, sagte Rinderspacher. Bause betonte, man wolle die «chaotische und prekäre Situation» in den betroffenen Grenzregionen schnellstmöglich beenden.

SPD und Grüne loben den Konsens

Unmittelbar vor dem Gespräch hatten Rinderspacher und Bause noch genau das beklagt: dass Kommunen in Grenznähe überlastet seien, während es vor allem in München noch freie Kapazitäten gebe. Die Landeshauptstadt musste bis vor wenigen Wochen die Hauptarbeit bei der Verteilung der Flüchtlinge leisten; Willkommens-Bilder vom Hauptbahnhof gingen um die Welt. Seit Beginn des Oktoberfestes müssen nun die Kommunen unmittelbar an der Grenze die Hauptlast tragen. Die Stadt Passau berichtete am Freitag von einer Zusage der Koordinierungsstelle Flüchtlingsverteilung im Bundesinnenministerium, die Transportkapazitäten in dem Grenzraum von derzeit 4500 auf etwa 7000 Menschen täglich zu erhöhen. Zur schnelleren Verteilung der Flüchtlinge sollen 100 Busse in Passau stationiert werden. Der Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) hatte sich an die Koordinierungsstelle gewandt und betont, dass die Hauptursache für die Verschärfung der Situation nicht in erster Linie die Anzahl der Flüchtlinge sei, sondern es seien die Defizite in der Weiterleitung. Seehofer betonte zudem, die Bundesregierung müsse ihre Anstrengungen gegenüber Österreich verstärken, um zu einem «kooperativen Vorgehen» zu kommen. Er korrigierte aber eine zwischenzeitliche Information, wonach es eine Einigung über eine Maximalzahl von Flüchtlingen pro Grenzübergang pro Stunde gebe. Das sei noch nicht ausverhandelt. Im Grenzraum Passau richteten sich die Einsatzkräfte am Freitag auf eine lange Nacht ein. Bis zum frühen Nachmittag seien erst 700 der angekündigten 4500 Flüchtlinge angekommen, sagte der Sprecher der Bundespolizeiinspektion Freyung, Frank Koller. «Eine Vielzahl der angemeldeten 76 Busse wird wohl erst am Abend kommen.» Schwerpunkt der Flüchtlingstransporte aus Österreich dürfte der Grenzübergang Wegscheid bei Passau bleiben. Am Freitag bauten die österreichischen Behörden dort ein großes Zelt für 1000 Flüchtlinge auf. Das 100 Meter lange und zehn Meter breite Zelt ist winterfest, hat einen durchgehenden Holzboden und kann beheizt werden. In den vergangenen Tagen hatten dort Tausende Flüchtlinge, darunter viele Kinder, stundenlang auf einer feuchten Wiese ausharren müssen. Uneins blieb die Runde in der Staatskanzlei wie erwartet im Streit über eine Begrenzung der Zuwanderung - was eine Hauptforderung der CSU und auch der Freien Wähler ist. Und auch die SPD hält die derzeitigen Flüchtlingszahlen auf die Dauer nicht für verkraftbar. Die Grünen lehnen jegliche Obergrenzen dagegen weiter strikt ab.

Nur noch die Grünen lehnen jegliche Obergrenzen ab

Seehofer und alle Fraktionschefs lobten nach dem rund vierstündigen Gespräch die gute Atmosphäre. Rinderspacher sprach von einem «Zugewinn» an politischer Kultur. Seehofer kündigte weitere Gespräche mit der Opposition an. Es sei wünschenswert, soweit wie möglich zu parteiübergreifendem Handeln zu kommen. Sollte es nach dem Berliner Koalitionsgipfel am Wochenende noch Bedarf geben, über das Thema Zuwanderungsbegrenzung zu reden, wären die Grünen aber nicht dabei. Freie-Wähler-Fraktionschef Hubert Aiwanger rief Seehofer auf, gegenüber Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hart zu bleiben und für eine Begrenzung zu sorgen. Notfalls solle die CSU die Koalition verlassen. (dpa)

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