Politik

30.10.2015

Mit europäischen Augen

Ein Kommentar von Roswin Finkenzeller

Innenminister Herrmann platzt vor Wut, wenn er in der Flüchtlingskrise an die Österreicher denkt. Sein Ingrimm harmoniert mit dem Unmut, der die Deutschen bei der Betrachtung Europas neuerdings ergreift. Mit der Solidarität scheint es nicht weit her zu sein. Die besten Freunde lassen uns im Stich. Alle denken wie der ungarische Regierungschef und halten den Flüchtlingsstrom für ein deutsches Problem. Das kommt daher, dass alle Europäer merken, wohin das Gros der Flüchtlinge will – nach „Germany“ mit seiner weltberühmten Sozialpolitik.

Aus europäischer Sicht frönen die Deutschen mal wieder ihrer Leidenschaft für Übertreibungen. So ist die Willkommenskultur eine Willkommenskarikatur, eine ziemlich aus dem Rahmen fallende Art der Begrüßung. Wenn Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik den Schalter nicht umlegen mag, dann kann sie offenbar den Hals nicht voll genug kriegen. Und wie gern die Deutschen doch theoretisieren! Nun gut, wer sich den Kopf über die „Leitkultur“ zerbricht, darf zumindest für den Augenblick praktische Probleme links liegen lassen. Anzunehmen wäre, dass die Deutschen einfach ihren Lebensstil beibehalten möchten, was allerdings nicht klappen wird, hat ihnen doch die eigene Kanzlerin vorausgesagt, dass Deutschland es zwar „schaffe“, sich während des Schaffensprozesses aber „bis zur Unkenntlichkeit“ verändern werde.

Verstehe einer die Deutschen

Warum macht eigentlich dieses seltsame Volk seine Südgrenze nicht dicht? Keine Ahnung. Verstehe einer die Deutschen. Womöglich wollen sie tatsächlich bunter werden. Willensstark sind sie zur Zeit nicht und könnten zumindest in dieser Beziehung von ihren ungebetenen Gästen eine Menge lernen. Inzwischen haben sie alle Hände voll zu tun, die Einheimischen wie einige Minister, die in der ungewohnten Rolle des Herbergsvaters auftreten müssen. Die berüchtigte deutsche Bürokratie ist abgelenkt, vergisst ihre angestammten Opfer und verwaltet fast ausschließlich Flüchtlinge. – So sieht unser Staat aus, von außen betrachtet. Natürlich ist es möglich, dass eines Tages die Migrantenkrise sich nach Westen ausweitet, zum soundsovielten Mal Deutschland als Gefahrenherd gilt und unseren real existierenden Freunden das Lachen vergeht. Dann werden sie uns vielleicht helfen.

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