Politik

23.05.2014

Münchens Commedia dell’ arte

Ein Kommentar von André Paul

Man sei „die nördlichste Stadt Italiens“, kokettiert München gern. Seit Kurzem frönt man dem mediterranen Lebensstil nicht nur in Freiluft-Cafés und in der Mode, sondern auch auf der lokalen politischen Bühne. Was sich seit den Kommunalwahlen vom 16. März abspielte, war feinste Commedia dell’ arte.
Das Libretto: Die SPD hatte die gemeinsame Mehrheit mit den Grünen im Stadtrat verspielt, stellte aber weiter den Oberbürgermeister. Die CSU wurde neue stärkste Fraktion. Jeder Politikstudent könnte jetzt erklären, warum diese beiden Parteien in der zum Konsens verpflichteten Kommunalpolitik nun zügig die Regierung bilden sollten. Alle anderen Konstellationen sind programmatisch unvereinbar oder quantitativ instabil. Es gibt ja auch Wichtigeres zu tun: München steht vor einem Berg von Problemen, von denen die dramatische Wohnungsnot das drängendste ist.

Die SPD verschanzte sich tagelang im politischen Schützengraben


Doch die SPD, ganz Pagliaccio, verschanzte sich vor konstruktiven Gesprächen lieber tagelang im politischen Schützengraben. Die Grünen wiederum empfanden den Machtverlust in München nicht als normalen und notwendigen demokratischen Wechsel – welchen sie für den Freistaat permanent einfordern –, sondern als narzisstische Kränkung und Zurückweisung ihres Welt- und Menschenbilds. Brighella lässt grüßen.
Statt – obwohl für die Mehrheitsbildung irrelevant – als geduldeter Dritter bei den Verhandlungen Demut zu zeigen, verweigerten die Grünen der CSU generell, das Kreisverwaltungsreferat zu besetzen. Wohlgemerkt: einer demokratischen Partei, für die fast jeder zweite Wähler gestimmt hatte. Zwischenzeitlich drängte sich der Eindruck auf, in München zähle nicht der Wille von einer Million Wahlbürgern, sondern von wenigen tausend Parteimitgliedern, welche sich an der anderen Seite ihr ideologisches Mütchen kühlen.
Dass es nun – trotz aller anfänglichen gegenteiligen Beteuerungen – exakt die Koalition gibt, auf die der gesunde Menschenverstand von Anfang an hinwies, vervollständigt irgendwie die Harlekinade.
Kommunalpolitik, heißt es gern, sei zuerst sachorientiert. Wer fraktionelle Schaukämpfe bevorzugt, sollte lieber für Bundes- oder Landtag kandidieren. Die vergangenen zwei Monate haben eines Anderen belehrt.

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