Politik

19.07.2019

Nahverkehr: Mehr Zwang wagen!

Ein Kommentar von Tobias Lill

Wer wie viele alte Leute kein Auto hat, sitzt auf dem Land oft fest. Mitunter fährt einzig ein Schulbus. Bei einem aktuellen ÖPNV-Vergleich rangiert der Freistaat auf dem vorletzten Platz – vier der zehn bundesweit am schlechtesten erreichbaren Landkreise liegen in Ostbayern. So hat etwa nur jeder Siebte im Kreis Freyung-Grafenau Bus oder Bahn in der Nähe.

Fragt man zuständige Politiker, meist sind es christsoziale, warum das so ist, heißt es oft, mehr Busse oder gar Bahnen kämen nicht infrage, weil sich der öffentliche Nahverkehr schlicht nicht rentiere. Als ob das der Punkt wäre. Welcher Politiker erwartet etwa, dass man mit Bau und Erhalt von Orts- und Kreisstraßen Gewinne macht? Flankiert wird der verkehrspolitische Murks in zahlreichen Landkreisen von einem Dauerversagen der Verkehrsminister im Bund. Diese stellt seit vielen Jahren die CSU. Seit Ramsauer hofierten sie stets Auto- und Flugindustrie – die umweltfreundliche Bahn muss dagegen bis heute Ökosteuer zahlen. Als Folge pustete der angebliche Klima-Musterknabe Deutschland im Bereich Verkehr 2017 sogar noch mehr CO2 in die Atmosphäre als im Jahr 2010. Der Straßenverkehr ist für fast ein Fünftel der Treibhausemissionen hierzulande verantwortlich – Tendenz steigend.

ÖPNV als freiwillige Leistung der Kommunen - das reicht nicht

Aber auch so mancher Landrat nimmt den Klimawandel nicht ernst genug. ÖPNV-feindliche Landkreise sollten deshalb zum Ausbau ihres Angebots gezwungen werden. Bislang ist die Bereitstellung des Nahverkehrs anders als etwa der Erhalt von Gemeinde- oder Kreisstraßen keine Pflicht-, sondern eine freiwillige Leistung der Kommunen. Dies muss der Gesetzgeber dringend ändern. Um klamme Landkreise nicht zu belasten, müssten Bund und Länder zugleich die Zuschüsse für den Nahverkehr massiv aufstocken.

Profitieren würden davon nicht nur die Menschen in bislang weitgehend ÖPNV-freien Gegenden. Denn die zahlreichen Kommunen, die heute bereits einen ordentlichen Nahverkehr haben, könnten bei einer künftigen Rezession von der Finanzaufsicht nicht gezwungen werden, ihre ÖPNV-Angebote einzudampfen. Denn kühlt die Konjunktur ab, sinken Steuereinnahmen, während Sozialausgaben steigen. Dass dennoch Mobilität und Klimaschutz Priorität haben, wäre gewährleistet.

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