Politik

04.11.2011

Niederlande statt Niedriglohn

Ein Kommentar von Tobias Lill

Ein buddhistischer Zwergenstaat hat schon länger erkannt, dass das Hecheln nach möglichst hohen Renditen die meisten Menschen nicht dauerhaft glücklich macht. 2006 führte Bhutan deshalb einen Bruttonationalglück-Index (BNG) ein. „Wachstum soll das bezeichnen, was die Menschen sich wünschen“, begründete der König der Himalaya-Monarchie den Schritt.
Auch hierzulande müsste gelten: Menschen, die mit ihrer Arbeit andere glücklich machen, sollen belohnt werden. Doch die Realität sieht anders aus: Obwohl ein guter Friseur täglich vielen Menschen ein Lächeln auf die Lippen zaubert, kann er von seinem kargen Lohn meist nicht leben. Oftmals kaum mehr als fünf Euro pro Stunde verdienen junge Barbiere hierzulande. 1000 Euro brutto am Ende des Monats – trotz Vollzeitjobs – sind auch in der Landeshauptstadt keine Seltenheit. Immer mehr Menschen können trotz 40-Stundenwoche von ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben: so etwa Securities, Telefonisten oder Zimmermädchen. 1,4 Millionen Menschen müssen ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken. Casino-Banker, die sogar mit Lebensmitteln zocken, als seien es Pokerchips, verdienen nach wie vor Unsummen.

Niemand fährt zum Haareschneiden nach Pilsen


Die reichsten fünf Prozent der Deutschen verfügen über fast die Hälfte des Vermögens des Landes. Die Löhne der Geringverdiener sind im vergangenen Jahrzehnt dagegen um mehr als ein Fünftel gesunken. Sieht so die Leistungsgerechtigkeit aus, die einst das Wirtschaftswunderland groß gemacht hat? Deutschland ist einer der letzten EU-Staaten, die sich einem Mindestlohn verweigern. Zu Unrecht. Denn das Argument der Bosse, eine Gehaltsuntergrenze vernichte Jobs, taugt nicht. Fast alle Niedriglöhner arbeiten im Dienstleistungsbereich und nicht in der Produktion.
Niemand fährt zum Haareschneiden nach Pilsen, und auch das Rockkonzert wird nicht, nur weil die Ordner hierzulande ordentlich verdienen, nach Posen verlagert. In Holland blüht die Wirtschaft seit Jahrzehnten, trotz – oder gerade wegen – des dort geltenden Mindestlohns von derzeit 8,74 Euro auf. Denn es sind gerade die Geringverdiener, die ihr Geld rasch wieder unter die Leute bringen und so den Konsum ankurbeln. „Eine Arbeit, von der man nicht leben kann, hat auch keine Würde“, sagt CDU-Mann Karl-Josef Laumann. Nun muss die Union ihren Worten Taten folgen lassen.

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