Politik

Thomas Gehring, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann: Die Grünen suchen ihr Spitzenduo. (Foto: dpa)

04.12.2017

Operation Einigkeit

Drei Grüne bewerben sich um zwei Spitzenplätze für die Landtagswahl 2018. Gekämpft wird aber nicht. Ein strategischer Zug auf dem Weg zu einem ganz anderen Ziel - nach innen und nach außen

Es ist ein Schauspiel der Einigkeit, das erste "Urwahlforum" der bayerischen Grünen am Samstag in München. Drei Bewerber stellen sich vor, sie bewerben sich um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2018. Während in anderen Parteien Gremien entscheiden, lassen die Grünen - basisdemokratisch - ihre Mitglieder wählen. Eine Premiere in Bayern. Das mache die Partei "glaubwürdig nach außen und es macht uns nach innen und außen stark", sagt der Landesvorsitzende Eike Hallitzky, noch bevor die drei Kandidaten sich vorstellen.

"Die Urwahl wird uns bei dieser Landtagswahl beflügeln, und diese Geschlossenheit die sich daraus ergibt", betont er. Einigkeit soll die Urwahl herbeiführen. Denn die, das haben die Grünen bei den wegen der FDP gescheiterten Jamaika-Sondierungen im Bund gemerkt, macht sie zu einem ernstzunehmenden Partner. Auch für die CSU. Und die könnte im kommenden Jahr tatsächlich wieder einen Koalitionspartner brauchen, denn nach aktuellen Umfragen droht der CSU der Verlust ihrer absoluten Mehrheit.

Und so stört es auch nicht, dass eine (Ur)Wahl eigentlich von Unterschieden und gegenteiligen Positionen lebt. Die erste von sieben Vorstellungsrunden in München erinnert eher an ein Familientreffen. Man duzt sich, man kennt sich, man ist locker. Landeschefin Sigi Hagl foppt den Anton (sonst mit dem Nachnamen Hofreiter und als Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag bekannt), weil der mehrfach aus der ersten Reihe hineinruft.

Am kämpferischsten von den Dreien gibt sich Schulze

Drei Kandidaten stellen sich in dieser Atmosphäre einer kleinen, hippen Konzerthalle vor. Zuerst die Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze die Netzlöcher als "crazy" bezeichnet und bei den Grünen ist, "weil ich die Welt retten will." Nur eben pragmatisch, weil man im Leben nicht alles auf einmal haben könne. Danach Thomas Gehring, der Bildungsexperte, bei dem Kinder nicht "verhaltensauffällig", sondern "verhaltensoriginell" sind. Zuletzt der Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann, dessen Schwerpunkt auf klima- und energiepolitischen Themen liegt und der das Wort "Flächenfraß" innerhalb von zwei Stunden ein halbes Dutzend mal unterbringt.

Am kämpferischsten von den Dreien gibt sich Schulze, obwohl sie kaum was zu gewinnen hat. Sie ist die einzige Kandidatin und damit als Frau gesetzt. Gerade für die so auf Gleichberechtigung der Geschlechter und Basisdemokratie angelegten Grünen ist die Kandidatur von nur einer Frau ein Armutszeugnis, finden viele in der Partei. Auch für Schulze ist die Situation ärgerlich. Die ehrgeizige 32-Jährige hat nun niemanden, mit dem sie sich bei den Urwahlforen messen kann. Jeder habe sich ja aufstellen können, sagt sie schulterzuckend, auf die Frage, woran das Ausbleiben von Kandidatinnen denn liege.

Auch für Parteichef Eike Hallitzky ist die Wahl um den Posten der Spitzenkandidatin, bei der nur eine Person antritt, kein Problem: "Katharina Schulze ist parteiweit so anerkannt, dass sie unumstritten ist. Wieso sollte dann jemand gegen sie kandidieren? Nur um des Kandidieren willens?" Wenn es keine Auswahl gibt, warum macht man dann eine Urwahl? Nur um der Urwahl willens?" Gehring beantwortet diesen Gegensatz so: "Eine Wahl ist zunächst mal in der Demokratie nicht eine Frage der Auswahl, sondern der Legitimation." Denn wer die hat, so die Logik der Grünen, hinter dem muss die Partei geschlossen stehen. Auch in möglicherweise harten Koalitionsverhandlungen.

Das erklärte Ziel der Grünen ist Regieren

Denn das erklärte Ziel der Grünen ist Regieren. Und das geht in Bayern nur mit der CSU. Gehring steht der schwarz-grünen Koalition dennoch skeptisch gegenüber. "Momentan könnte ich es mir in Bayern nicht vorstellen, so wie die sich gerade verhalten und verhalten haben in den letzten Jahren", sagt er etwa mit Blick auf die Flüchtlingspolitik. Andererseits habe man bei Jamaika gesehen, dass Gespräche vielleicht möglich seien. Wie Schulze und Hartmann zählt auch Gehring zu den sogenannten Realos, also jenen Grünen, die pragmatische Lösungen ideologischen Debatten vorziehen.

Letztlich wird die erste Urwahl der Grünen in Bayern somit nur eine Entscheidung zwischen zwei befreundeten und schon lange gut zusammenarbeitenden Männern sein, deren größte Unterschiede wohl ihr Alter und Auftreten sind. Wollen die Mitglieder der 32 Jahre alten Schulze lieber mit Ludwig Hartmann einen dynamischen 39-Jährigen an die Seite stellen oder mit Thomas Gehring lieber einen väterlich-weise wirkenden 59-Jährigen. Bis zum 2. Februar können die Mitglieder ab Januar abstimmen. In der ersten Februarwoche soll dann feststehen, wer die Grünen in den Landtagswahlkampf führt.
(dpa)

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