Politik

05.03.2010

Partei der Kirche

Kommentar

Seit Wochen diskutiert die deutsche Öffentlichkeit über die vielen Fälle von Kindesmissbrauch in katholischen Einrichtungen und Klöstern. Aber wo ist eigentlich die CSU? Die Partei, die das Christentum als großes C im Namen trägt, hält sich bedeckt. Nur Justizministerin Beate Merk trat bislang mit der Aussage hervor, Bischof Mixa habe recht, das ganze Problem habe auch mit sexueller Freizügigkeit zu tun. Merk findet auch nichts dabei, dass die Kirche die Angelegenheit erstmal im trauten Kreise erörtern will, bevor der Staatsanwalt befasst wird. Damit hat Merk einiges Stirnrunzeln hervorgerufen. Auch bei Parteifreunden, wenngleich es keiner offen zugibt. Nun spricht Thomas Goppel von „Einzelfällen“, von der Grenze zum Rufmord, und warnt davor, das klösterliche Ordensleben pauschal schlechtzureden. Der Mann leitet ab Samstag den katholischen Arbeitskreis seiner Partei. Es hat langsam den Anschein, als wäre die CSU die Partei der Kirche, aber nicht des Kirchenvolkes. Denn wer spricht von den Opfern? Von den Folgen sexuellen Missbrauchs, die nicht nur ein einzelner kirchlich entsandter Pädagoge an seinen Schutzbefohlenen begangen hat, sondern eine ganze Reihe von ihnen, und zwar überall in Deutschland? Die Kirche wäre gut beraten, sich allerorten den Geschehnissen zu stellen, so wie es der Münchner Erzbischof Marx vorhat. Nur so kann sie ihren moralischen Anspruch vielleicht wahren. Die Diskussion sollte langfristig aber darüber hinausgehen und die Rolle von Zölibat und innerkirchlichen Machtstrukturen analysieren. Denn die Aussage, jeder angehende Priester entscheide sich aus freien Stücken und bewusst für den Zölibat, ist zu einfach. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Voraussetzungen für den Beruf des Geistlichen gerade auch Menschen anlocken können, die mit ihrer Sexualität nicht im Reinen sind. In der Vergangenheit wäre genug Gelegenheit gewesen, offen mit dem Thema umzugehen. Doch wurden Verfehlungen eines Priesters bekannt, war es regelmäßig so, dass er einfach versetzt wurde – oft hatte er auch am neuen Wirkkreis mit Kindern zu tun. Kein Priestermangel rechtfertigt einen solch laxen Umgang mit der Problematik. Deshalb sollten die Verbrechen, die hinter Klostermauern verübt wurden, nicht hinter Klostermauern debattiert und entschieden werden. Sie gehören in die Hände der Justiz – auch wenn es dafür bisher keine Anzeigepflicht gibt. Das sollte vor allem die Justizministerin so sehen. Und ihre Parteikollegen von der CSU.

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