Politik

Wer hat hier das Sagen, die Herren oder die Dame? Die Wirtschaftswelt ist nach wie vor männlich geprägt. (Foto: DPA)

08.03.2013

Powerfrauen auf dem Vormarsch

Zum Internationalen Frauentag: Landtagsgrüne diskutierten mit Katrin Göring-Eckardt, Tina Müller, Thomas Sattelberger und Aglaia Szyszkowitz

„Wir brauchen ein Pfund Mut statt einer Tonne Ausreden.“ Dieses Bild schuf die Fraktionschefin der Landtagsgrünen Margarete Bause im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Thema Geschlechtergerechtigkeit. Im Vorfeld des Internationalen Frauentags diskutierten im Plenarsaal des bayerischen Landtags Politiker, Wirtschaftsmanager und Künstler über weibliche Präsenz in den Führungsetagen.
Es sind die drei P, die ausschlaggebend sind: Performance, Power, Profil. Bringt frau diese Eigenschaften mit, dann kann sie es beruflich bis in die Chefetage schaffen. Davon ist zumindest Tina Müller, Spitzenmanagerin und Mitglied des Direktoriums beim Düsseldorfer Henkel-Konzern, überzeugt. Dies habe sie bei sich selbst, aber auch bei Kolleginnen festgestellt, erzählte sie den Teilnehmern der Podiumsdiskussion „(Mit) Frauen an die Spitze!“
Unter der Ägide der gleichstellungspolitischen Sprecherin der Landtagsgrünen Claudia Stamm wurde im Vorfeld des Internationalen Frauentags am 8. März die Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern hinterfragt: humorvoll und selbstkritisch und glücklicherweise nicht verbissen oder polarisierend.
Diese harmonische Atmosphäre war freilich auch dem Umstand geschuldet, dass auf dem Podium ausschließlich Befürworter der Frauenquote vertreten waren: die Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl Katrin Göring-Eckardt, Schauspielerin Aglaia Szyszkowitz, der ehemalige Telekom-Personalchef Thomas Sattelberger. Und eben Tina Müller.
Sie ist die Frau, die bei erwähntem niederrheinischen Dax-Unternehmen für einen Umsatz in Höhe von 1,6 Milliarden Euro verantwortlich ist. 2006 sei sie auf der Führungsebene unterhalb des Vorstands die einzige Frau unter 34 Männern gewesen, erzählte die heute 43-Jährige. „Es hat schon ein Jahr gedauert, bis wir miteinander warm geworden sind“, sagte die Henkel-Chefin. Ihre wichtigste Erkenntnis während dieser Zeit: Ohne dass beide Seiten aufeinander zugehen, sei ein Miteinander keinesfalls möglich. Und dazu gehöre, dass Frauen mit ihren Kollegen über Themen sprechen, die als männlich gelten: Autos und Fußball. „Es schadet Frauen nicht, zu wissen, wer die Fußball-Bundesliga anführt“, findet die Marketing-Expertin, die ehedem eine reine Mädchenschule besuchte.

"In den 90ern war ich ein arroganter Schnösel"

Vor allem aber findet Müller gut, dass es die Quote gibt: „Ich bin mir sicher, dass dank dieses Instruments in fünf bis zehn Jahren Chancengerechtigkeit auch bei den Chefposten der Wirtschaft herrschen wird.“ Und an ihren Mitdiskutanten Sattelberger gewandt, stellte sie fest: Er habe für viel positive Veränderung gesorgt, als er 2007 die Frauenquote für die Führungsriegen der Telekom einführte. Diesen Vorstoß neideten ihm bis heute etliche Personalverantwortliche anderer Weltkonzerne. Nach dem Motto: Wieso ist der auf diese Idee gekommen und ich nicht? Der derart Gelobte gab indes zu, dass er nicht immer ein Frauenquoten-Fan war: „In den 1990er Jahren war ich ein arroganter Schnösel, damals noch bei der Lufthansa.“ Jede Woche habe die dortige Gleichstellungsbeauftragte in seinem Büro gestanden und von ihm gefordert, dass er in Sachen Diversity aktiv werde. „Es hat gedauert, aber irgendwann hat sich der Schalter umgelegt“, erinnerte er sich.
Mittlerweile ist Sattelberger sogar eine Art Hardcore-Quoten-Befürworter: In Deutschland herrschten, was das Geschlechterverhältnis betrifft, teilweise noch Stereotype aus der Weimarer Republik vor. „Schließlich gibt es so etwas wie soziale Vererbung“, findet er. Dies lasse sich nur mit ordnungspolitischen Maßnahmen verändern: „Im Sinne der Nachhaltigkeit benötigen wir die gesetzliche Frauenquote“, sagte Sattelberger und genoss sichtlich den Applaus der vielen Zuhörerinnen und – immerhin – einiger Zuhörer.
Göring-Eckardt widersprach dem Manager, der einst mit Ex-Außenminister Joschka Fischer eine subversive Schülergruppe gründete, nicht. Längst ist auch sie für die Quote. Das sei allerdings nicht immer der Fall gewesen. Eine Zeitlang habe sie geglaubt, Frauen könnten und sollten sich durch Leistung profilieren. Inzwischen sei für sie klar, „dass Gemeinschaften, in denen es genauso viele Männer wie Frauen gibt, anders ticken“.
Schauspielerin Szyszkowitz macht in ihrer Branche die Erfahrung, dass Frauen tendenziell schlechter bezahlt werden als Männer. „Ich denke schon, dass Heino Ferch mehr verdient als ich“, nannte sie ein Beispiel.
Dass Frauen im Berufsleben benachteiligt werden, habe auch etwas mit ihrem Auftreten – Tina Müller würde sagen mit ihrer Performance – zu tun. Diese weitverbreitete Ansicht vertritt die Fraktionschefin der Landtagsgrünen Margarete Bause: „Frauen denken, wenn sie Fleiß, Einfühlungsvermögen und Präsenz zeigen, dann könne ihr Chef, oder aber auch ihre Chefin, sie nicht übersehen.“ Das sei ein Trugschluss. Allzu oft würden gerade sehr engagierte Frauen und ihre Qualifikationen als selbstverständlich hingenommen. Weder würden sie entsprechend entlohnt, noch befördert. Bause: „Sie werden häufig als nicht zugehörig zur Sphäre der Macht wahrgenommen.“Nicht selten harrten Frauen in dieser unbefriedigenden Position aus, statt sie schnell zu verändern. „Das Einzige, was Frauen oft fehlt, ist Mut“, sagte Bause. Den aber brauche frau in der Berufswelt, vor allem wenn sie höhere Positionen anstrebe, sprang ihr Müller bei. „Man muss hin und wieder den Rücken gerademachen“, empfahl die Managerin. Dazu zähle auch, einen Arbeitgeber zu verlassen, bei dem sich persönliche Ziele nicht verwirklichen ließen.
Müller hat unlängst ihren Rücken geradegemacht: Nachdem sie für viele überraschend nicht Vorstandsmitglied bei Henkel wurde, wechselt sie demnächst zum Konkurrenten Beiersdorf. Dort firmiert Müller als designiertes Vorstandsmitglied. (Alexandra Kournioti)

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