Politik

Der Erdgasspeicher Bierwang in der Gemeinde Unterreit im Landkreis Mühldorf am Inn ist laut Betreiber Uniper zu fast 80 Prozent gefüllt. (Foto: dpa/Matthias Balk)

30.09.2022

Reicht das Erdgas?

Eine Prognose für den Winter ist kompliziert

Aktuell sind laut Bundesnetzagentur die Gasspeicher in Deutschland zu über 91 Prozent gefüllt. Die Sabotageakte an den Pipelines Nordstream 1 und 2 haben keine Auswirkung auf die Gasversorgung hierzulande. Aber trotzdem ermahnt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, Haushalte und Gewerbe, mehr Gas zu sparen. Denn aktuell liege der Verbrauch deutlich über dem Durchschnitt der Vorjahre. 20 Prozent weniger müssten es sein.

Vor diesem Hintergrund fragen sich viele Menschen, ob es im Winter genügend Gas geben wird. Das kann aber niemand so genau sagen. „Ein paar wenige ganz kalte Tage mit gutem Sonnenschein sind nicht so gravierend wie eine längere Kälteperiode mit Nebel und Wind. Denn in solchen Phasen besteht der höchste Gebäudewärmebedarf in Bayern“, erklärt Detlef Fischer, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW). Daneben müssen aber auch noch andere Faktoren berücksichtigt werden. Zum Beispiel ist entscheidend, wie viel Erdgas für die Verstromung eingesetzt werden muss. Oder ob Deutschland sich mit anderen EU-Ländern solidarisch zeigen und dorthin Gas liefern muss.

Die für Bayern relevanten und mitnutzbaren österreichischen Speicher 7Fields und Haidach sind derzeit (Stand 26. September 2022) zu über 70 Prozent gefüllt. Sie weisen zusammen ein Speichervolumen von 70 Terawattstunden (TWh) auf. Damit sind derzeit schon rund 50 TWh eingelagert, also deutlich mehr Energie, als die in Bayern befindlichen Speicher (30 TWh) alle zusammen aufweisen, wenn diese vollständig gefüllt sind. Allein 2021 betrug der Verbrauch von Erdgas im Freistaat nach vorläufigen Schätzungen des Wirtschaftsministeriums knapp 122 TWh.

Gas reicht für zwei Wintermonate

„Januar und Februar sind regelmäßig die kältesten Monate im Jahr. In diesem Zeitraum sind wir besonders auf die Erdgasspeicher zur Spitzenlastabdeckung angewiesen“, sagt Fischer. Rein rechnerisch reicht das gespeicherte Gas ohne weiteren Nachschub über Pipelines für zwei Wintermonate. Deutschland bekommt im Winter aber auch weiterhin Pipelinegas vor allem aus Norwegen, Belgien und Holland. Zusammen mit den möglichst gut gefüllten Erdgasspeichern muss auf diese Weise die gesamte Heizperiode bewältigt werden, die regelmäßig in diesen Tagen beginnt. „Und vor allem müssen wir sehr sparsam mit Erdgas umgehen, damit wir die Speicher bis zum Frühjahr nicht ganz leer fahren. Denn wir müssen diese dann ja wieder ohne russisches Gas für den nächsten Winter auffüllen“, betont Fischer. Präziser lässt sich die Versorgungslage mit Erdgas leider nicht prognostizieren. Denn es handelt sich um ein komplexes System mit vielen Parametern.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) fordert, dass der Bund endlich ein Speicherabkommen mit Österreich unterzeichnet, um die Gasversorgung des Freistaats abzusichern.
Außerdem pocht er darauf, dass der Bund die Rahmenbedingungen für Firmen anpasst, die von Gas auf andere Energieträger umstellen wollen. „Viele Unternehmen stehen wegen der hohen Energiepreise kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Wir brauchen jetzt sofort Hilfsprogramme, auch für den Mittelstand“, sagt Aiwanger und fordert schnell einen Gaspreisdeckel.

Wieso angesichts der schwer vorhersehbaren Entwicklung des Erdgasverbrauchs Bio-, Photovoltaik- und Windkraftanlagen abgeregelt werden, ist nicht nur unverständlich, sondern fahrlässig. Sie könnten wesentlich mehr Ökostrom produzieren. Dann müsste man weniger Erdgas für die Stromproduktion einsetzen. Das ist mit Blick auf Frankreich, wo derzeit viele Atomkraftwerke nicht laufen, entscheidend. Denn auch Deutschland beliefert den westlichen Nachbarn mit Strom, wenn dieser nicht selbst genug produzieren kann. Der Bund müsste auch an dieser Stelle endlich die bürokratischen Hürden beseitigen, die die Ökostromproduktion bremsen.

Mittelfristig könnte Norwegen mit mehr Erdgas helfen, wenn der Bund sich denn bewegte und sich auf die geforderten Abnahmegarantien über 15 bis 20 Jahre einließe. Die sind nötig, damit die Milliardensummen für eine Pipeline aufgebracht werden können, um in der Barentssee kaum erschlossene Lagerstätten anzuzapfen. Und via Fracking ließe sich sogar in Deutschland noch mehr Erdgas fördern.
(Ralph Schweinfurth)

 

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