Politik

Auch eine Pizzaria in der Messestadt Riem bei München wurde in der großabgelegten Razzia durchsucht. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

05.12.2018

Schlag gegen Mafia

Aktion "Pollino": In mehreren Ländern gehen Ermittler gegen die italienische Mafia vor, es gibt zahlreiche Festnahmen. Im Visier ist die derzeit mächtigste Mafia-Organisation. Ein Schwerpunkt in Deutschland: der Großraum München

Mit einem Schlag gegen die Mafia sind Ermittler in Deutschland, Italien, den Niederlanden und Belgien gegen die italienische Mafia-Organisation 'Ndrangheta vorgegangen. Deutsche Schwerpunkte der Razzien waren das Rheinland und das Ruhrgebiet und der Großraum München. Dutzende mutmaßliche 'Ndrangheta-Mitglieder wurden am Mittwochmorgen festgenommen, zahlreiche Wohnungen und Lokale durchsucht, wie das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden mitteilte. Im Osten des Großraums München wurden eine Pizzeria und eine Wohnung durchsucht, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Ermittlerkreisen erfuhr. Festnahmen gab es dort aber nicht.

Nach Angaben der italienischen Polizei wurden bislang 90 Menschen in Europa und in Ländern Südamerikas gefasst. Ihnen wird unter anderem Drogenhandel, Geldwäsche und die Zugehörigkeit zu einer Mafiaorganisation vorgeworfen.

Die Europäische Justizbehörde Eurojust koordinierte die internationale Aktion mit dem Codenamen "Pollino". Sie sei das Ergebnis "einer intensiven gemeinsamen Ermittlungsarbeit, die im Jahr 2016 begann und europaweit koordiniert wurde", heißt es in einer Pressemitteilung von Eurojust.

Laut "Spiegel Online" waren allein in Deutschland 240 Beamte des BKA und 200 Polizisten der Bundespolizei im Einsatz, darunter Spezialkräfte der Antiterroreinheit GSG 9. Hinzu kommen Hunderte Beamte der Landespolizeibehörden. Nach Angaben von "Bild.de" wurden bundesweit mehr als 100 Objekte durchsucht. Einer der Hauptverdächtigen, ein 45 Jahre alter italienischer Gastwirt einer Osteria aus Pulheim bei Köln, wurde am Morgen in seiner Wohnung verhaftet.

Italienische Mafia-Aktivitäten in Bayern
beschäftigten die Behörden schon seit Jahren

Die kalabrische 'Ndrangheta gilt inzwischen als die mächtigste italienische Mafia-Organisation. Sie dominiert den Drogenschmuggel nach Europa und ist auch in Deutschland aktiv. So gingen die Mafia-Morde von Duisburg auf ihr Konto. Im August 2007 waren dort vor einer Pizzeria sechs Menschen erschossen worden. Ein Streit zwischen dem Pelle-Vottari-Clan und dem Strangio-Nirta-Clan war der Auslöser für die Bluttat.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte am Mittwoch in München: "Die Mafia versucht überall an Einfluss zu gewinnen", beispielsweise im Drogenhandel und bei der Schutzgelderpressung. Italienische Mafia-Aktivitäten in Bayern beschäftigten die Behörden schon seit Jahren. Entscheidend sei, dass Ermittlungen durch noch mehr internationale Zusammenarbeit weiter vorankommen. Bei den italienischen Behörden sei in den vergangenen Jahren deutlich spürbar eine bessere und konsequentere Bekämpfung der organisierten Kriminalität erfolgt.

In Italien richteten sich die Augen am Mittwoch vor allem auf die Region um Reggio Calabria. Der Operation habe sich gegen verschiedene Mitglieder bekannter Clans gerichtet, die im Herzen der Region um Locri bei Reggio Calabria operierten. Aus dieser Gegend stammten auch die Täter der Mafia-Morde von Duisburg. Die jetzige Aktion sei Ergebnis jahrelanger Ermittlungen der Behörden in Italien, Deutschland und den Niederlanden, betonte die Polizei.

Seit langem warnen Ermittler in Italien davor, dass die 'Ndrangheta ein außerordentlich wichtiges Standbein in Deutschland hat. Im Sommer erklärte die nationale Anti-Mafia-Behörde, dass die kalabrische Mafia in Deutschland ähnliche Strukturen aufgebaut habe wie in ihrer Heimat. Deutschland, darunter der Hamburger Hafen, seien für den Drogenhandel von "besonderem Interesse" für die Clans.

Zwar gelingen italienischen Ermittlern immer wieder Schläge gegen die Clans, jedoch streckt die 'Ndrangheta ihre Tentakeln immer weiter aus. Anders als es in Filmen dargestellt wird, führt die Mafia weniger blutige Straßenkämpfe aus: Stattdessen agiert sie meist im Verborgenen und infiltriert staatliche und wirtschaftliche Einrichtungen.
(dpa)

Ndrangheta: mächtiger Mafia-Clan aus Kalabrien
Die 'Ndrangheta gehört zu den mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt und ist längst international über die Grenzen Italiens hinaus aktiv. Beheimatet ist sie in der Region Kalabrien, der Spitze des italienischen "Stiefels" auf dem Festland gegenüber der Insel Sizilien.

Sie dominiert den internationalen Drogenhandel, verdient ihr Geld aber auch mit Waffenhandel, Geldwäsche und durch Korruption. Experten schätzen, dass die 'Ndrangheta jährlich einen weltweiten Umsatz zwischen 50 und 100 Milliarden Euro macht. Nach Angaben der US-Bundespolizei FBI hat sie etwa 6000 Mitglieder in 160 sogenannten Clans. Diese hängen über Familienbande miteinander zusammen.

Der Begriff 'Ndrangheta stammt aus dem Griechischen und bedeutet etwa Mut oder Treue. Der Clan soll sich in den 1860er Jahren gegründet haben, als eine Gruppe Sizilianer von der italienischen Regierung von der Insel verbannt wurde.

Die 'Ndrangheta hat auch in Deutschland ein festes Standbein. Clans der Organisation waren etwa für die Mafia-Morde von Duisburg verantwortlich, bei denen 2007 sechs Menschen vor einer Pizzeria erschossen wurden. (dpa)

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