Politik

Das Münchner Kindl, Wahrzeichen der Landeshauptstadt. 2014 wird dort ein neuer OB gekürt. (Foto: dapd)

15.10.2010

Schöngeist contra Parteisoldat

Im Rennen um die SPD-Bewerbung für die Nachfolge von Münchens OB Christian Ude zeichnet sich ein Zweikampf ab

Im Wettstreit um die Nachfolge von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) zeichnet sich ein Zweikampf ab. Wie die Staatszeitung aus der sozialdemokratischen Stadtratsfraktion und Kreisen der Parteispitze erfuhr, hat der ehemalige Kulturstaatssekretär Julian Nida-Rümelin die besten Chancen, im OB-Wahlkampf 2014 für die SPD in den Ring zu steigen. Doch auch der Münchner Parteichef Hans-Ulrich Pfaffmann gilt als aussichtsreicher Kandidat. Außenseiterchancen hat der Wirtschaftsreferent der Landeshauptstadt, Dieter Reiter. Die restlichen Bewerber wie Alexander Reissl, Chef der SPD-Stadtratsfraktion, sind de facto aus dem Rennen.
„Nida-Rümelin ist der Favorit“, sagt ein führender Genosse aus dem Parteivorstand. Das bestätigen auch mehrere Stadträte. Der Münchner Politikprofessor Nida-Rümelin hat sowohl in der Partei als auch in der Stadtratsfraktion zahlreiche Sympathisanten. Zudem, heißt es aus der Fraktion und dem Umfeld der Rathausspitze, er sei auch einer der Wunschkandidaten von Ude selbst.


Ude: „Er muss populär sein“


Zwar kann Pfaffmann ebenfalls auf einen zunehmenden Unterstützerkreis zählen. „Doch wenn Ude ihn nicht offen protegiert, hat er wohl kaum eine Aussicht auf Erfolg“, heißt es aus der Stadtratsfraktion. Eine endgültige Entscheidung über den SPD-Bewerber soll bis 2012 fallen. Der 62-jährige Ude darf wegen der im Freistaat geltenden Altersgrenze im Frühjahr 2014 nicht erneut antreten. Pech für den OB: Die von der Landesregierung geplante Ausweitung der Altersgrenze von 65 auf 67 soll erst schrittweise ab dem Jahr 2020 gelten.
Viele führende Sozialdemokraten trauen dem aus einer Künstlerfamilie stammenden Nida-Rümelin am ehesten zu, dass er auch der SPD nicht unbedingt wohlgesonnene Wählerschichten anspricht. Und dies dürfte 2014 wahlentscheidend sein: Da die Grünen in Großstädten immer mehr zulegen – in Stuttgart haben sie die SPD bereits überholt – muss der Spitzenkandidat auch bei der bürgerlichen Mitte punkten. „Nida-Rümelin kann ein großes Publikum anziehen“, glaubt ein SPD-Spitzenmann.
Ude selbst sagt, er werde sich zum jetzigen Zeitpunkt öffentlich auf keinen Kandidaten festlegen. Klar sei jedoch: „Der Bewerber muss ein Schwergewicht mit Bodenhaftung und hohem Ansehen weit über die SPD hinaus sein.“ Entscheidend sei, dass der Kandidat einer Mehrheit der Münchner gefalle. „Er muss aufgrund seiner Lebensleistung bei der Bevölkerung angesehen sein.“ Ob jemand innerhalb der Partei gut vernetzt sei, dürfe dagegen nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Pfaffmann macht auf Understatement


Udes Äußerungen können als Empfehlung für Nida-Rümelin, aber auch Reiter gedeutet werden. Reiter gilt als wenig aussichtsreich, da er zwar mit seinem wirtschaftlichen Sachverstand auch bei konservativen Zuhörern punkten kann. Doch ihm fehlt die Verdrahtung innerhalb der Partei. Ude ist allerdings voll des Lobes für dessen Arbeit als Referent. Auch für Nida-Rümelin bringt der OB, wie er sagt, „große Wertschätzung“ auf. Pfaffmann sei als Parteichef auch ein möglicher Bewerber, spiele aber in der Landespolitik eine wichtige Rolle.
Parteichef Pfaffmann betreibt derweil Understatement: „Wir haben eine Reihe von Kandidaten, die mindestens genauso gut geeignet sind wie ich.“ Er denke da „etwa an Herrn Reissl, Herrn Reiter oder Sozialreferentin Brigitte Meier“. Doch auch sich selbst rechnet er nach wie vor zu den möglichen Kandidaten. Pfaffmann: „Ich traue mir das zu.“ Eine Entscheidung, ob er am Ende tatsächlich kandidiere, sei aber noch nicht gefallen. „Ich will mir erst klar sein, ob ich die nötige Zeit habe“, sagt er – wohl wissend, dass eine zu frühe Kandidatur leicht zur Demontage durch Presse und politischen Gegner führen kann.
Pfaffmann, der den Bildungsausschuss des Landtags leitet, gilt als guter Rhetoriker. Einigen in der Partei ist er aber mitunter zu ruppig im Umgang.
Nach Pfaffmanns Ansicht stünde München auch eine Frau als OB gut zu Gesicht. Ude findet ebenfalls: „Es wäre reizvoll gewesen, eine Frau ins Rennen zu schicken.“ Doch nachdem die zweite Bürgermeisterin Christine Strobl aus gesundheitlichen und familiären Gründen auf eine Kandidatur für die Rathausspitze verzichtet, wird daraus wohl nichts. Meier, die in der Presse ebenfalls als Bewerberin gehandelt wurde, hat nach eigener Aussage kein Interesse. Ohnehin gilt sie manchen in der Fraktion und Parteispitze noch als zu unerfahren für den Chefsessel.
Die Chancen von Nida-Rümelin, der für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, haben sich damit erheblich verbessert. Denn Fraktionschef Reissl gilt zwar als sehr fachkompetent. Ihm trauen aber viele Genossen selbst in seiner eigenen Fraktion nicht zu, einen OB Ude charismatisch und rhetorisch zu ersetzen. Zudem stößt sein öfter mal ruppiger Umgang mit dem grünen Bündnispartner selbst manch Rotem übel auf. Auch Ude hält es für sehr wichtig, dass sein potenzieller Nachfolger „gut mit anderen Fraktionen zusammenarbeiten kann“. Reissl selbst erklärt: „Ich schließe eine Kandidatur nicht aus. Aber ich rüttele nicht an an der Tür des OB-Büros.“ (Tobias Lill)

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