Politik

Gestern war es so weit: Das neue Schuljahr ist auch in Bayern gestartet. (Foto: dpa)

12.09.2018

Schulbeginn - Viel Kritik von allen Seiten

Die Schule in Bayern hat begonnen. Doch die Regierung wird von vielen Seiten kritisiert, dass nicht alles so rosig ist, wie es scheint

Für 115 000 Abc-Schützen hat am Dienstag der Ernst des Lebens begonnen. Sie gehören zu den rund 1,66 Millionen Kindern und Jugendlichen, die in das Schuljahr 2018/2019 gestartet sind.

Die wohl größte Neuerung betrifft die Schüler der 5. und 6. Klassen am Gymnasium - sie kehren zum neunjährigen Gymnasium, dem G9, zurück. Kultusminister Bernd Sibler (CSU) erklärte vor wenigen Tagen, dass der wohl größte Unterschied zum G8 der reduzierte Nachmittagsunterricht sei. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte indes den neuen Lehrplan. Man habe den G8-Lehrplan nur ausgedehnt, es gebe nur kleine Änderungen. "Das ist homöopathisch", sagte ein Sprecher dazu.

Ein weiterer Kritikpunkt der Gewerkschaft ist der Umgang Siblers mit dem Lehrermangel. Dem Kultusminister zufolge habe man alle Stellen mit ausgebildeten Lehrern besetzen können. Die GEW stritt das jedoch ab.

Im Fokus der Kritik: die Situation auf dem Lehrermarkt

Ähnlich wie die Gewerkschaft sehen die Freien Wähler und die SPD die Situation auf dem Lehrermarkt. Michael Piazolo von den Freien Wählern erklärt, dass zu Beginn des Schuljahres der Lehrermangel noch nicht so offensichtlich sei. "Bei der ersten Grippewelle zeigt sich aber schnell, dass die Unterrichtsversorgung im Freistaat auf Kante genäht ist." Und auch Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen kritisiert, dass "die sogenannte mobile Reserve im Grunde bereits zum Schulanfang ausgeschöpft" sei. In Bayern würden laut SPD 2500 Lehrer anderer Schularten an den Grund- und Mittelschulen unterrichten, um den Bedarf zu decken. "Es hat nichts mehr mit Qualität zu tun, wenn Mathelehrer Kindern das Lesen und Schreiben beibringen."

Ministerpräsident Söder kündigte am Dienstag nach der Sitzung des Kabinetts in München noch eine Initiative für Dialekt und Mundarten an. Diese sollen in den neuen Lehrplänen für Realschulen und Gymnasien ab Jahrgangsstufe 8 fest verankert werden. Dialekt sei die Wurzel der Sprache, bereichere die Sprachkultur und stifte Identität. Ziel sei es, bei Lehrern und Schülern das Bewusstsein für die bayerischen Mundarten und die regionale Kultur zu schärfen. "Sie alle wissen, dass Dialekt intelligenter macht", meinte Söder.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) und der bayerische Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie (Rechenschwäche) beanstanden, dass es "die bayerische Regierung nicht geschafft hat, im Bereich der Bildung Chancengleichheit für alle Kinder zu schaffen". Konkret beziehen sie sich hier auf Kinder mit Lese- und Rechenstörung. Diejenigen mit einer Lesestörung würden seit zwei Jahren nur noch einen sehr eingeschränkten Notenschutz erhalten, Kinder mit einer Rechenstörung gar keinen. "Damit ist eine Entwicklung ohne Leistungsdruck und Versagensängste für die betroffenen Kinder nicht mehr möglich." Die Verbände fordern bei beiden Störungen eine Erhöhung des Notenschutzes und gezieltere Förderung. Außerdem sollten die Lehrer in beiden Bereichen besser geschult werden.

Es gibt mehr Lehrer für Digitalisierung, Integration und Inklusion

Im neuen Schuljahr sei geplant, die Digitalisierung, die Integration und die Inklusion an bayerischen Schulen voranzutreiben, sagte Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU). Dafür habe man 850 zusätzliche Lehrer eingestellt. Man wolle "für alle Kinder die besten Bildungschancen ermöglichen". Für die Ausstattung der Schulen mit digitalen Klassenzimmern sieht der Staat 150 Millionen Euro vor. Wie die Bayerische Staatskanzlei mitteilte, könnten damit 90 Prozent der entstehenden Kosten getragen werden und die Schulen "massiv unterstützt" werden. Zur Integration sollen die neu eingeführten Deutschklassen an den Grund-, Mittel- und Berufsschulen beitragen. In diesen würden Schüler mit geringen Deutschkenntnissen Sprachunterricht und Werteerziehung erhalten.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) versucht unterdessen, das Schulumfeld sicherer zu machen. Dafür ruft er Autofahrer zu einer sicheren Fahrweise auf; sie sollten "stets achtsam und bremsbereit" fahren. Außerdem möchte er für die Aktion "Sicher zur Schule - Sicher nach Hause" mehr Schülerlotsen gewinnen. In deren Einsatzgebieten sei es bisher zu keinen schweren Schulwegunfällen gekommen.

Die GEW kritisierte aus Anlass des Schulanfangs auch, dass nicht alle geflüchteten Kinder in reguläre Schulen gehen. Aktuell bekommen die in Sammelunterkünften lebenden Schüler Unterricht meist nur innerhalb des Flüchtlingslagers. "Bis zu zwei Jahre Isolation in den Unterkünften, das verstößt klar gegen die UN-Kinderrechtskonvention", kritisierte der GEW-Landesvorsitzende Anton Salzbrunn.

In Bayern lebten laut Auskunft der Staatsregierung an den Landtag insgesamt 1350 Schulpflichtige in Unterkünften, erklärte die GEW. Nur acht von ihnen, aus dem Transitzentrum Manching/Ingolstadt, dürften eine reguläre Schule besuchen, seitdem ihnen das Verwaltungsgericht München Anfang des Jahres dieses Recht zugesprochen habe. (dpa)

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