Politik

Stärkt Alexander Dobrindt (links) demonstrativ den Rücken: Horst Seehofer. (Foto: dpa)

22.06.2015

Seehofer geht mit Brüssel auf Konfrontation

Die CSU hat an mehreren Fronten gleichzeitig mit großen Problemen zu kämpfen, ob Pkw-Maut oder Energiewende. Der Parteichef setzt auf Kampf anstelle von Diplomatie

Die CSU schaltet im Streit mit der EU-Kommission um die Pkw-Maut auf Konfrontation. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will es auf einen Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof ankommen lassen: "Wir werden beim EuGHgewinnen, die Situation ist eindeutig", sagte Dobrindt am Montag in München vor Beginn einer CSU-Vorstandssitzung. Das Vorgehen der Kommission sei "absolut unnötig". 

Brüssel sieht in der Pkw-Maut eine europarechtlich verbotene Diskriminierung der übrigen EU-Bürger und hat deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung eingeleitet. CSU-Chef Horst Seehofer warf der Kommission vor, sich in nationale Belange einzumischen, aber die großen Themen wie Asyl und Flüchtlinge zu vernachlässigen: "Um die großen Fragen kümmert sich die EU-Kommission vollkommen unzureichend." Seehofer hielt Kommissionschef Jean-Claude Juncker mangelndes Durchsetzungsvermögen gegen die Brüsseler Beamten vor: "Er ist offensichtlich in hohem Maß von seinem Apparat abhängig."

CSU-internes Grummeln - Seehofer gibt Dobrindt demonstrativ Rückendeckung

Dobrindt erhielt demonstrative Rückendeckung von Seehofer und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. "Der hat eine super Arbeit abgeliefert", sagte Seehofer über den Verkehrsminister. Dobrindt werde auf jeden Fall der CSU-Mannschaft angehören, die ab Herbst die bevorstehenden Wahlkämpfe und den 2018 geplanten Stabwechsel in der Partei vorbereiten soll. Dobrindt habe seine Aufgabe "großartig bewältigt", erklärte auch Hasselfeldt. "Wir stehen voll auf seiner Seite." 

Anlass dieser Solidaritätsbekundungen ist CSU-internes Grummeln. Manche CSU-Politiker waren in der vergangenen Woche nicht erfreut, dass Dobrindt den Start der Maut verschoben hat, um den Ausgang des Rechtsstreits mit Brüssel abzuwarten. Schon vor dem Brüsseler Vertragsverletzungsverfahren gab es in der CSU-Funktionärsriege zunehmende Zweifel an der Maut. Seehofer verwies darauf, dass die Maut in der Bevölkerung populär ist: In Umfragen seien 90 Prozent der Menschen in Bayern und drei Viertel der Deutschen dafür.

Harte Linie auch vor der heißen Schlussphase des Berliner Koalitionspokers

Eine harte Linie fährt Seehofer auch vor der heißen Schlussphase des Berliner Koalitionspokers um die Energiewende. Der bayerische Ministerpräsident will die ungeklärte Frage der Atommüll-Endlagerung in die Verhandlungen einbeziehen. Seehofer beschwerte sich über Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), die im Ausland lagernden deutschen Atommüll zurückholen und auf Bayern sowie drei weitere Bundesländer verteilen will. "Darüber werden in der Koalition zu reden haben", sagte Seehofer. Ebenso reden müsse man über die Frage, ob sich die Atommüll-Zwischenlager in Deutschland nicht allmählich zu Endlagern entwickelten. "Auch das muss in der Koalition besprochen werden."

Bei den Energie-Verhandlungen geht es Seehofer vor allem darum, neue Höchstspannungstrassen durch Bayern verhindern oder zumindest verlegen zu können sowie Subventionen für neue bayerische Gaskraftwerke durchzusetzen. Bei beiden Punkten zeigt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bisher wenig Neigung, den Forderungen des CSU-Chefs entgegen zu kommen.

Rinderspacher: "Seehofer ist der Nein-Sager der deutschen Politik"

Markus Rinderspacher, SPD-Fraktionschef in Landtag, kritisierte, der "CSU-Destruktivismus" verhindere vernünftige Lösungen und versetze Bayern in einen Dauerzustand der Selbstblockade. "Herr Seehofer ist der Nein-Sager der deutschen Politik", so Rinderspacher. "Nein zu Erneuerbaren Energien. Nein zu einem verantwortungsvollen Umgang mit in Bayern produziertem Atommüll. Nein zu gestaltender Politik. Der CSU-Destruktivismus verhindert vernünftige Lösungen und versetzt Bayern in einen Dauerzustand der Selbstblockade."  "Die CSU schadet mit ihrem persönlichen Kleinkrieg gegen Europa mittlerweile massiv Bayern und Deutschland", sagte auch Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler. "Vor lauter Rechthaberei verspielt die CSU jeden Einfluss bei wirklich wichtigen Themen und macht Bayern zum Gespött." Seehofer müsse jetzt die Handbremse ziehen.  Ein Totalversagen der CSU in der Verkehrspolitik, sehen die Grünen im Landtag. "Dass die EU-Kommission die von CSU- Minister Dobrindt "vollkommen vermurkste PKW-Maut" stoppen würde, sei vorhersehbar gewesen, sagte der verkehrspolitische Sprecher Markus Ganserer.  Die Verbalattacken gegen Brüssel sollten nun nur noch davon ablenken, dass Dobrindt als Verkehrsminister gescheitert sei. Ganserer: "Die CSU ist gerade dabei die gesamte deutsche Verkehrspolitik mit Vollgas an die Wand zu fahren." (BSZ/dpa)

Kommentare (1)

  1. Werner am 22.06.2015
    Ich bin auch für die Maut!
    Jedes mal wenn ich nach Östereich fahre, muss ich ja auch blechen!
    Und eine EU Maut gibt es ja nicht, da ist die EU hinter dem Mond!
    Somit bleibt es bei der bayerischen Regelung, jedes Land
    darf immer noch seine eigenen Regeln aufstellen und
    Österreich kann es ja genau so machen.
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