Politik

Bekommt die schlechteste Note, die er je eingefahren hat: Bundesinnenminister Horst Seehofer. (Foto: dpa)

19.07.2018

Seehofer sieht sich als Opfer einer Kampagne

Der Asylstreit und die Regierungskrise in Berlin hinterlassen ihre Spuren beim Bundesinnenminister und der CSU. Die muss sich in einer neuen Umfrage mit nur noch 38 Prozent begnügen

CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer sieht sich als Opfer einer Kampagne seiner politischen Gegner. Zur Kritik an seinen jüngsten Äußerungen in der Flüchtlingspolitik sagte er der "Augsburger Allgemeine": "Jeder, der es sehen will, sieht, dass hier eine Kampagne gefahren wird, die geht gegen mich und meine Partei." Leider hätten sich auch Einzelne aus der CSU dafür vereinnahmen lassen. "Viele der Kritiker lassen genau das vermissen, was sie mir vorwerfen: Anstand und Stil", monierte Seehofer.

78 Prozent der Bayern glauben einer neuen Umfrage zufolge, dass der Unionsstreit über die Asyl- und Flüchtlingspolitik der CSU geschadet hat - nur 17 Prozent sehen die CSU als Nutznießer. Seehofer selbst muss auf einer Schulnotenskala von 1 bis 6 aktuell mit einer 3,9 leben - das ist die schlechteste jemals für ihn gemessene Note im Bayerntrend.

Und auch die CSU insgesamt ist in der Wählergunst abgesackt und weit von der absoluten Mehrheit entfernt. Drei Monate vor der Landtagswahl würden derzeit nur 38 Prozent den Christsozialen ihre Stimme geben, wie aus der Umfrage im Auftrag des Politikmagazins "Kontrovers" des Bayerischen Rundfunks hervorgeht.

Die CSU kommt damit auf das annähernd gleiche Ergebnis wie bei ihrer historischen Pleite bei der Bundestagswahl 2017 (38,8 Prozent) und liegt weit hinter dem Ergebnis bei der Landtagswahl 2013. Damals hatte die CSU mit 47,7 Prozent die absolute Mehrheit der Mandate im Maximilianeum geholt. Zum Vergleich: Im Mai und damit vor dem erbitterten Asylstreit mit der CDU hatte die CSU im "Bayerntrend" des BR noch 41 Prozent erreicht.

Söder: Stimmungsdelle war zu erwarten

"Die Stimmungsdelle war nach den letzten Wochen leider erwartbar", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Mittwoch. "Streit nützt nie. Wir haben aber verstanden. Wir setzen auf Landespolitik pur." Die CSU sei "der Stabilitätsanker in Bayern. Das zeigen wir." Auf dem Höhepunkt des Asylstreits hatte Seehofer erst seinen Rücktritt als Parteichef und Bundesinnenminister angekündigt, nach einem Kompromiss mit der CDU aber dann erklärt, doch im Amt bleiben zu wollen.

Großer Gewinner in der neuen Umfrage sind die Grünen, die derzeit auf 16 Prozent kommen (2013: 8,6 Prozent) und damit zweitstärkste Kraft im Maximilianeum wären. Die SPD kann sich von ihrem Umfragetief weiterhin nicht erholen, sie landet bei 13 Prozent und liegt damit 7,6 Prozentpunkte hinter ihrem schon enttäuschenden Wert von 20,6 Prozent bei der Landtagswahl 2013. Die AfD wäre mit 12 Prozent ebenfalls sicher erstmals im Landtag vertreten, der FDP würde mit 5 Prozent knapp der Wiedereinzug gelingen (2013: 3,3 Prozent). Komplettiert würde der Landtag mit den Freien Wählern, die in der Umfrage wie auch bei der Wahl vor fünf Jahren auf 9 Prozent kommt. Die Linke muss weiter um ihren erstmaligen Einzug in den Landtag bangen, sie kommt derzeit auf 4 Prozent (2013: 2,1 Prozent).

SPD-Generalsekretär Uli Grötsch erklärte: "Die Umfrage zeigt: Es ist viel Bewegung in Bayern in den letzten Wochen. Wie sich das im Oktober auswirkt, ist völlig offen." Die große Mehrheit der Wähler habe sich noch nicht festgelegt. "Viele Menschen suchen nach politischen Alternativen. Die wollen wir für uns gewinnen."

Grüne: Menschen wollen Politik, die Mut gibt statt Angst macht

Die Grünen zeigten sich erfreut. "Viele Menschen wollen spürbar eine Politik, die Mut gibt statt Angst macht. Unser Einsatz für Menschlichkeit, den Schutz der natürlichen Lebengrundlagen und die Überwindung gesellschaftlicher Gräben wird honoriert", erklärte Grünen-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann. Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze ergänzte: "Der 14. Oktober wird richtungsentscheidend sein für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und nicht zuletzt Europa." Am 14. Oktober wird der Bayerische Landtag neu gewählt.

Die Freien Wähler (FW) zeigten sich zufrieden. "Die Umfragen lassen hoffen, dass Bayern ab Herbst bürgernäher regiert werden kann", sagte Hubert Aiwanger, Vorsitzender der FW-Landtagsfraktion. "Wir Freien Wähler stehen für eine vernünftige bürgerliche Mitte, die sich mehr um die Probleme der normalen Leute kümmert als die jetzige Alleinregierung."

CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte: "Die CSU hat in den letzten Wochen in der Sachpolitik viel erreicht: Wir haben die Asylwende eingeleitet." Das werde sich mittelfristig noch auszahlen. "Leider wirken die Härte der Auseinandersetzung und die unanständigen Angriffe von links nach."
Der Umfrage zufolge sind sich derzeit nur 45 Prozent vergleichsweise sicher, dass sie bis zur Wahl bei ihrer Parteipräferenz bleiben. Am wenigsten festgelegt sind insbesondere FDP-Anhänger.

Söder sackt auf der Schulnotenskala von 2,8 auf 3,4 ab

Gelitten hat auch die Zufriedenheit mit Söders Staatsregierung: Hatten sich im Mai noch 70 Prozent positiv über deren Arbeit geäußert, sind es derzeit nur noch 50 Prozent. Auch Söder selbst polarisiert wieder stärker: 44 Prozent sehen in ihm einen guten Ministerpräsidenten, 38 Prozent bezweifeln dies. Im Mai hatten sich dagegen noch 56 Prozent positiv geäußert. Auch auf der Schulnotenskala sackt Söder von 2,8 auf nur noch 3,4 ab.

Eine klare Mehrheit der Bayern wünscht sich der Umfrage zufolge auch keine CSU-Alleinregierung mehr: Nur noch 31 Prozent sehen das aktuelle Regierungsmodell positiv, das sind 11 Prozentpunkte weniger als im Mai. Präferiert werden eine CSU-Regierung mit den Freien Wählern (43 Prozent) und ein CSU-Bündnis mit den Grünen (42 Prozent).
(dpa)
 

Info: Umfrage
Für die Umfrage wurden von Infratest dimap im Zeitraum von 11. bis 16. Juli 2018 1003 Wahlberechtigte in Bayern telefonisch interviewt. - Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/Randomstichprobe. Fehlertoleranz: 1,4 bis 3,1 Prozentpunkte.

Die Fragestallungen lauteten u.a. wie folgt:

- Steht Ihre Entscheidung für die Partei X schon so gut wie fest oder kann sich da bis zur Landtagswahl am 14. Oktober noch etwas ändern?

- Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit der Landesregierung in Bayern?

- Politikerbewertung: Und nun zu einigen bayerischen Politikerinnen und Politikern. Bitte beurteilen Sie deren Arbeit anhand von Schulnoten, wobei 1 bedeutet "ich bin mit seiner Leistung sehr zufrieden" und 6 bedeutet "ich bin mit der Leistung gar nicht zufrieden". Die Noten dazwischen dienen zur Abstufung. Wenn Sie jemanden nicht kennen, geben Sie das bitte an. Wie ist das mit...? Welche Note von 1 bis 6 vergeben Sie?

- Markus Söder ist seit März bayerischer Ministerpräsident. Ist Markus Söder Ihrer Meinung nach ein guter Ministerpräsident oder ist er das nicht?

- Im Folgenden geht es um mögliche Zusammensetzungen der künftigen Staatsregierung in Bayern. Bitte geben Sie jeweils an, ob Sie diese sehr gut, gut, weniger gut oder schlecht finden.

- CDU und CSU haben über mehrere Wochen über die Ausgestaltung der Asyl- und Zuwanderungspolitik gestritten. Was glauben Sie: Hat der Streit der CSU eher genutzt oder eher geschadet?

Kommentare (2)

  1. Markus am 21.07.2018
    Herr Seehofer wird derzeit heftig kritisiert.
    Ich meine, Herr Seehofer hat zu den wesentlichen Sachthemen die richtigen Vorschläge.
    Die meisten Zugehörigen unserer Polit-Elite haben sich ihre Wohlfühloase gut eingerichtet.
    Nach dem Motto der Gemütlichkeit: „Da müsste etwas getan werden, aber nicht von mir“.

    Dazu gehört jedoch offensichtlich nicht Herr Seehofer.
    Er hat sich, auf seine direkte Weise oder manchmal undiplomatische Art, entschieden nunmehr zu handeln. Damit hat er viele Politexperten in ihrer Ruhe gestört.

    Es stellt sich jetzt von selbst die Frage, warum bisher kein weiterer Elite-Politiker auf die Idee gekommen ist, einen eigenen und damit besseren „Masterplan Integration“ aufzustellen.
  2. Pffff am 19.07.2018
    Die Damen und Herren Politiker sollten mal die eigene Wortwahl etwas intensiver überprüfen, denn was da zum Besten gegeben wird ist teilweise unterstes Niveau. Vor allem dem politischen Gegner sollte man respektvoll begegnen.

    Wähler gewinnt man mit Taten, nicht mit Worten. Freilich war der Streit mit der CDU schädlich, den hätte Herr Seehofer vor 2 Jahren zum Ende führen sollen.

    Wenn es einem Herrn Söder nicht gelingt die verlorenen Wähler von der AFD und den konzeptlosen Grünen zurückzugewinnen, ist er vielleicht doch nicht der Richtige Mann für Bayern. Vor ein paar Wochen hätte ich ohne zu Zögern zum ersten Mal in meinem Leben mein Kreuz bei der CSU gemacht, jedoch haben diese Leute sich Verbal auf die selbe niedrige Stufe des Herrn Gabriel begeben. Da behaupten die doch tatsächlich, sie hätten begriffen, garnichts haben die begriffen.

    Die Leute die derzeit AFD wählen, sind mit Sicherheit nicht alle von der AFD überzeugt, sondern von den sogenannten Volksparteien enttäuscht. In einem Land wo man sich jedes Wort 2mal überlegen muss, um nicht als Nazi zu gelten, wo man sich von einer Vielzahl von Nutzniesern unseres Sozialstaates beschimpfen lassen muss, braucht man sich nicht wundern.

    Falls ich also im Herbst wählen gehe, werde ich vermutlich das Kreuzchen bei der AFD machen, da weiß ich wenigsten welches Klientel ich gewählt habe.

    Macht doch einfach mal wieder Politik für die eigene Bevölkerung, die jungen Familien, die Mittelschicht, die künftigen Rentner, die sollen euch doch Wählen. Oder deutscht ihr schnell die Anderen alle ein, dass könnte euer politischen Ende bedeuten, denn die machen ihre eigene Politik oder die eines anderen Herrn.
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