Hier sehen Sie mich zufrieden und erfreut über dieses Stück.“ So spricht der stolze Regisseur auf der kleinen Bühne der CSU-Landesleitung, als er die dort aufgereihten Herren und Damen mustert. Beinahe wie Orgelpfeifen stehen sie neben Parteichef Horst Seehofer, der seine Mannschaft für die neue GroKo und die Parteizentrale präsentiert. Gerd Müller darf dank nachgewiesener Fachkompetenz Entwicklungshilfeminister bleiben, Andreas Scheuer aus Dankbarkeit für treue Dienste Verkehrsminister werden, und auf den letzten Drücker hat der künftige Innenminister Seehofer für Dorothee Bär noch den Posten einer Staatsministerin für Digitales bei Kanzlerin Angela Merkel herausgehandelt.
Damit schickt die CSU wenigstens eine Frau ins Bundeskabinett, wenn auch ohne Stimmrecht und große Entscheidungsbefugnisse. Hätte ja auch blöd ausgesehen, wenn die CSU als reiner Männerverein in die neue Bundesregierung eingezogen wäre, wo neben der SPD sogar die CDU eine 50-Prozent-Quote mitbringt. Zumal auch die Staatssekretäre Thomas Silberhorn (Verteidigung) und Stephan Mayer (Innen) Männer sind. Immerhin bei seinen engsten Zuarbeitern in der Partei sorgt Seehofer für eine ausgewogene Besetzung. Für Scheuer rückt dessen Vize Markus Blume ins Amt des Generalsekretärs nach, seine Stellvertreterin wird die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig.
In seinen Personalentscheidungen sieht Seehofer eine „Zäsur für die CSU“. Eine neue Politikergeneration übernehme damit Verantwortung in Staat und Partei. Bis auf ihn und Müller sind in seiner neuen Riege alle zwischen Ende 30 und Ende 40. Nur einer ist älter: Der künftige Ministerpräsident Markus Söder (51). Aber den hat Seehofer ja auch nicht ausgewählt, er wurde ihm sozusagen von der CSU-Landtagsfraktion mit breiter Unterstützung der Parteibasis aufgedrückt. Womit man beim schwierigeren Teil der anstehenden CSU-Wechseltage wäre.
Bevor Söder nämlich in die Staatskanzlei einziehen kann, muss Seehofer zurücktreten. Für das erste Quartal hatte er die Übergabe versprochen, einen festen Termin aber nie genannt. „Mit Ablauf des 13. März“ werde er sein Amt niederlegen, erklärt er nun. „Ich bin dankbar, dass ich dieses Amt zehn Jahre ausüben durfte, es war ein sehr schöner Dienst an meiner Heimat Bayern“, bilanziert Seehofer. Mit dem 13. März halte er „auf Punkt und Komma“ Wort. Bei Söder dürfte sich die Freude über dieses Datum in engen Grenzen halten, auch wenn er offiziell betont: „Jetzt ist der Weg frei für den geordneten Übergang in Bayern, auf den wir schon eine längere Zeit warten.“
Ein letztes Nachtreten gegen den Dauerrivalen?
Söders Dilemma steckt in Artikel 44 der bayerischen Verfassung. Demnach muss der neue Regierungschef bei Tod oder Rücktritt des Amtsinhabers in der nächsten Sitzung des Landtags gewählt werden. Die ist – so steht es schon seit Monaten im Kalender – am 14. März. Am selben Tag wird in Berlin aber die Kanzlerin gewählt und deren neues Kabinett inklusive Seehofer vereidigt. Medial geriete Söders Wahl im Landtag also unter ferner liefen. Ein letztes Nachtreten Seehofers gegen seinen Dauerrivalen also, wie mancher CSU-Abgeordnete argwöhnt? „Das ist alles Quatsch“, weist Seehofer die Mutmaßungen zurück. Er wolle am 13. März seine letzte Kabinettssitzung leiten und sich bis dahin ordentlich von allen Mitarbeitern verabschieden. Eine Woche möge man ihm dafür schon zugestehen, „früher hat das schon mal neun Monate gedauert“, erinnert er an den langen Abschied Edmund Stoibers.
Um Söders Inthronisation aus dem Berliner Schatten zu holen, greift die CSU-Fraktion im Landtag zu einem Geschäftsordnungstrick. Mit ihrer Mehrheit im Ältestenrat hat sie das Plenum am 14. März abgesagt und als Sondersitzung für den 16. März neu angesetzt. Statt Gesetzes- und Antragsberatung lautet der einzige Tagesordnungspunkt: Wahl des Ministerpräsidenten. Die Opposition schäumt.
Zwecks „monarchistischer Selbstdarstellung“ missbrauche Söder die Herzkammer der Demokratie auf unwürdige Weise für Werbezwecke in eigener Sache, poltert SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, klagt, Söder lege sich seinen Zeitplan zurecht „wie ein absolutistischer Herrscher“. Mit solchen Beschlüssen verkomme der Landtag zum „Marionettenparlament“, ergänzt der Grüne Thomas Gehring. Er sieht mit Söder wieder „breitbeiniges Rüpeltum“ und die „Arroganz der Macht“ ins Hohe Haus einziehen. Auf derart schrille Begleitmusik hätte Söder sicher gerne verzichtet. Aber auch er ist eben Seehofers Rücktrittszeitplan ausgeliefert. Über dieses Stück ist Söder wohl weder zufrieden noch erfreut. (Jürgen Umlauft)
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