Politik

23.04.2010

Sein und Schein

Kommentar

Es war ein quälender Abschied, und man darf davon ausgehen, dass nicht späte Einsicht, sondern wachsender Druck den Bischof Mixa zum Rückzug veranlasst haben. Dass der Vorsitzende der Bischofskonferenz einem Kollegen den „vorübergehenden“ Amtsverzicht nahelegt, ist zumindest in der jüngeren deutschen Kirchengeschichte singulär. Ebenso übrigens wie offene Rücktrittsforderungen prominenter SPD- und Grünen-Politiker. Die CSU wiederum, die als C-Partei besonders gefragt gewesen wäre, wählte die Strategie verschämten Schweigens. Tatsächlich hat der in die Schusslinie geratene Augsburger Bischof Walter Mixa seiner Kirche einiges zugemutet. Es ging dabei nicht nur um Prügelvorwürfe und die dubiose Verwendung von Stiftungsgeldern. Sicher: Dass Mixa einst Kinder geohrfeigt, sie womöglich regelrecht versohlt hat, ist schändlich – für einen Kirchenmann zumal. Dass er aber zunächst wochenlang empört leugnet, um dann ein Teilgeständnis zu präsentieren, ist nicht nur peinlich, es ist eines Bischofs unwürdig. Daneben dann Mixas lässiger Umgang mit Stiftungsgeldern – die er schon mal regelwidrig in Wein, teure Kunstgegenstände oder einen opulenten Bischofsring steckte. Zusammengenommen, und das ist das eigentliche Problem, offenbarte Mixas Gebaren, wie sehr Anspruch und Wirklichkeit in seinem Fall auseinanderklaffen. Hier der gestrenge Sittenwächter, der in den Talkshows der Nation die Moralkeule schwingt – da der prunksüchtige Bonvivant, der es mit weltlichen und kirchlichen Regularien nicht so genau nimmt. Der Kirche, derzeit in einer ihrer schwersten Krisen überhaupt, hatte dieser Bischof gerade noch gefehlt. Gewiss: Mixas Fehltritte haben mit den aktuellen, die Kirche belastenden Missbrauchsfällen nichts zu tun. Doch hat Mixa dazu beigetragen, das für Gläubige fatale Bild einer Kirche zu verfestigen, in der Sein und Schein immer weniger übereinstimmen. Auch nach Mixas Rückzug indes bleibt für die Kirchenführung viel zu tun. Zwar hat der hoffärtige Augsburger dem Papst – und sich – den Eklat eines Amtsenthebungsverfahrens erspart. Doch auf ein offenes Wort Benedikts zu hiesigen Prügel- , vor allem aber zu Missbrauchsfällen wartet Deutschland bis heute. (Waltraud Taschner)

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