Politik

Auch in Sachen künstlicher Intelligenz will der Freistaat künftig punkten: zum Beispiel mit Robotern. (Foto: getty/Westend61)

11.10.2019

Servus im Hightech-Bayern

Zwei Milliarden Euro will Markus Söder in die Forschung stecken

In Kloster Banz, auf der CSU-Fraktionsklausur vor vier Wochen, hat Markus Söder die Geburt eines Milliarden-Programms angekündigt, mit dem Bayern als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort an der Weltspitze bleiben soll. Jetzt hat das Kind auch einen Namen: „Hightech Agenda Bayern“ nennt es Söder in einer Regierungserklärung vor dem Landtag. Die semantische Nähe zu Edmund Stoibers Hightech-Offensive, die den Freistaat vor 25 Jahren auf ein neues Technologie-Niveau gehoben hat, ist durchaus gewollt. Zwei Milliarden Euro will Söder bis 2023 für seine Agenda ausgeben. Um sie zu finanzieren, dampft er die bis dahin geplante Schuldentilgung in Höhe von 2,75 Milliarden Euro auf 150 Millionen ein. Die Differenz von 600 Millionen Euro dient ihm dabei als „Puffer“ für Unvorhergesehenes.

Die „Hightech Agenda Bayern“ ruht auf vier Säulen. 600 Millionen Euro sind eingeplant, um Forschung und Entwicklung im Bereich künstlicher Intelligenz voranzubringen. Insgesamt 100 neue Lehrstühle für zum Teil international renommierte Professoren sollen entstehen mit einem Nukleus an den beiden Münchner Universitäten. Regionale Knoten sind an den Hochschulen in Würzburg, Ingolstadt und Erlangen vorgesehen. Um 50 der 100 Professuren sollen sich aber auch die übrigen Hochschulen in einem Wettbewerb der besten Ideen bewerben können. Ergänzt wird das durch ein „Super-Tech-Netzwerk“ in den Sparten Quantencomputing, Luft- und Raumfahrt sowie „Cleantech“. Dahinter verbirgt sich die Forschung nach alternativen Antrieben und Hochleistungsbatterien.

1000 neue Professuren, 10 000 neue Studienplätze

Säule zwei ist ein Sanierungs- und Beschleunigungsprogramm mit ebenfalls 600 Millionen Euro. Dringend erforderliche Reparaturen an Hochschulgebäuden sollen damit finanziert werden, aber auch bisher nicht umgesetzte Versprechen zum Auf- und Ausbau regionaler Forschungseinrichtungen. Außerdem soll das Aufstellen von Mobilfunkmasten für flächendeckenden Handy-Empfang beschleunigt werden. Als dritte Säule nennt Söder eine umfassende Hochschulreform, die den Einrichtungen mehr Freiheit geben, sie für Spitzenforscher aus der ganzen Welt attraktiver machen soll. 400 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Zu guter Letzt stehen 400 Millionen Euro für die Mittelstandsförderung bereit. Die Unternehmen sollen damit bei der Digitalisierung und – vor allem die Autozulieferer – bei der Umstellung auf neue Technologien unterstützt werden.

Söder bringt alles auf eine einfache Formel: Zwei Milliarden Euro, 1000 neue Professuren und 10 000 neue Studienplätze, 5000 davon allein in der Informatik. Kein anderes Bundesland übernehme derartige Anstrengungen, um am Ende nicht bei den Verlierern des internationalen technologischen Wettbewerbs zu sein. „Wir kleckern nicht, wir klotzen, wir beginnen nicht irgendwann, sondern sofort“, erklärt Söder. Man sende damit ein Signal in die Forschungswelt weit über Bayern hinaus. Dass dafür die Schuldentilgung auf ein Minimum zurückgefahren wird, hält Söder für unerlässlich. Angesichts von Negativzinsen und eines gewaltigen Investitionsstaus sei es wichtiger, in die Zukunft zu investieren.

Bei der Opposition stößt Söder mit seinem Programm durchaus auf Wohlwollen. Allerdings legt sie die Finger in weitere offene Wunden. Verena Osgyan (Grüne) klagt, dass bei einem Sanierungsstau von fünf Milliarden Euro an den bayerischen Hochschulen 400 Millionen auf vier Jahre verteilt ein Tropfen auf den heißen Stein seien. SPD-Fraktionschef Horst Arnold sieht Söders hehre Ziele in Gefahr, weil er zu sehr auf die Spitzen blicke. Gerade aber der akademische Mittelbau brauche verlässliche berufliche Perspektiven, die bei einem 85-Prozent-Anteil von befristeten Verträgen nicht gegeben seien. Innovation gelinge nur, wenn sie auch sozial sei. Und Wolfgang Heubisch (FDP) sieht einen Bedarf für mindestens 10 000 Informatik-Studienplätze. Zudem vermisst er Unterstützung für die international ebenfalls bedeutsamen Forschungsbereiche Bio-Medizin und Bio-Technologie. Fundamentalkritik übt nur AfD-Fraktionschef Ingo Hahn. Söders Programm zementiere die „Einengung und Ideologisierung von Forschung“, die geplanten Subventionen schränkten die Freiheit der Forschung ein. Auch deshalb, urteilt Hahn, sei der „deutsche Pioniergeist auf dem absteigenden Ast“. (Jürgen Umlauft)

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