Politik

28.04.2022

Soll das Projekt "Tunnel durch den Englischen Garten" gestoppt werden?

Dem geplanten Tunnel durch den Englischen Garten hat der Münchner Stadtrat jüngt eine Absage erteilt. Die Initiatoren aber wollen nicht aufgeben

JA

Anna Hanusch, Fraktionsvorsitzende der Münchner Stadtrats-Grünen

Der Englische Garten ist ein wundervolles Erbe und ein wichtiger Natur- und Erholungsraum in München. Seine Zerschneidung durch den Mittleren Ring zumindest teilweise zu überbrücken ist eine charmante Idee.

Nach Vorliegen der Ergebnisse einer genaueren Untersuchung gibt es jedoch viele Gründe, die Idee nicht weiterzuverfolgen. Tunnelbauten sind immer eine sehr kostenintensive Lösung, um Verkehrsproblemen zu begegnen. Zu den hohen Investitionskosten kommen dauerhaft hohe Unterhaltskosten sowie zukünftige Sanierungen. Tunnelbaustellen sind auch für mehrere Jahre ein massiver Eingriff in die Umgebung mit Lärm, Staub und Eingriffen in den Verkehr. Für die Einrichtung dieser Tunnelbaustelle müssten besonders viele Bäume gefällt werden. Die Untersuchung hat ergeben, dass der Tunnel noch einmal etwa zwei Meter breiter werden müsste, als von den Initiatoren in ihrer Studie veranschlagt. Ein großer Kanal müsste um einige Meter verlegt und der Mittlere Ring an der Baustelle vorbeigeführt werden, was insbesondere im Bereich der Rampenbauwerke mehr Platz für die Spurführung in Anspruch nimmt. So kommt es zu der hohen Anzahl von bis zu 900 Bäumen, die gefällt werden müssten. Es ist allgemein bekannt, dass viele Jahre vergehen, bis nachgepflanzte Bäume wieder das Grünvolumen erreichen und die Wirkung entfalten wie alte Bestandsbäume. Hinzu kommt, dass auf einem Tunneldeckel aufgrund des Bodenaufbaus auch nicht in der Anzahl Großbäume gepflanzt werden könnten, wie es zur Kompensation der Verluste notwendig wäre. Ungünstig für die Klimabilanz ist außerdem der große Einsatz von Beton.

Wir wollen in München mit der stadtweiten Mobilitätswende den Verkehr verändern. Auf dem Mittleren Ring könnten in naher Zukunft Elektrobusse auf einer eigenen Busspur fahren. Solche klimagerechten und für die ganze Stadt vorteilhaften Reformen wollen wir für die Zukunft prüfen, statt für viel Geld und mit deutlich negativen Auswirkungen auf das Klima die bestehenden Verkehrsflächen einfach unter die Erde zu verlegen.
 

NEIN

Petra Lejeune und Hermann Grub, Münchner Architektenpaar und Initiatoren des Park-Tunnels

Auf keinen Fall! Diese Möglichkeit zur „Wiedervereinigung“ des weltweit größten innerstädtischen Gartendenkmals ist für München eine Jahrhundertchance, die in absehbarer Zeit nicht wiederkommt.

Als der Park in den 1960er-Jahren durch den Bau des Mittleren Ringes in zwei Teile zerschnitten wurde, entsprach dies dem Zeitgeist. Seither sind über 50 Jahre vergangen und mit Ökologie und Klimaschutz gelten andere Prioritäten. Dennoch sollte noch vor rund zehn Jahren der Autobahnring im Englischen Garten verbreitert werden, weil die Staubelastung in diesem Bereich nach einer Lösung verlangte. Das war der Anlass, mit der Idee des Park-Tunnels zur Wiedervereinigung eine öffentliche Diskussion anzustoßen: Heilung der Wunde im Park bei gleichzeitiger Lösung eines Verkehrsproblems. Das Hauptziel war von Anfang an die Reparatur des Englischen Gartens. Schließlich ist er nicht irgendeine Grünfläche, sondern Herz und Lunge der Landeshauptstadt!

So einfach, so einleuchtend – und so überzeugend, dass sich 83 Prozent der Bürger dafür ausgesprochen haben. Der damalige Finanzminister Markus Söder versprach Fördermittel für Tunnel und Oberfläche, Herzog Franz von Bayern wurde Schirmherr, die Allianz will für eine Million Euro Bäume pflanzen und der Bund adelte das Vorhaben als „nationales Projekt des Städtebaus“. Kein Wunder also, dass der Münchner Stadtrat 2017 einstimmig (!) für die Wiedervereinigung votierte.

Seither wird im Baureferat geplant und nun steht das Planfeststellungsverfahren an – oder das Projekt vor dem Aus! Was viele nicht wissen: Es geht jetzt weder um den Baustart noch um die Finanzierung, sondern um die Herstellung des Baurechts. Dann hat die Stadt immer noch jahrelang Zeit, über die Realisierung des Park-Tunnels nachzudenken. Geht man diesen Schritt nicht, waren zehn Jahre Bürgerbeteiligung und vier Jahre Planung umsonst. Die Chance wäre vertan – vielleicht für immer …

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