Politik

19.05.2022

Soll die Maskenpflicht in Flugzeugen, Bussen und Bahnen enden?

Weg vom staatlichen Zwang hin zur Aufklärung für eigenverantwortliches und verantwortungsvolles Verhalten - das fordert FDP-Mann Wolfgang Kubicki mit Blick auf die Maskenpflicht. Sie jetzt aufzuheben sei unvernünftig, betont dagegen die SPD-Gesundheitspolitikerin Heike Baehrens

JA

Wolfgang Kubicki, stellvertretender Vorsitzender der FDP und Vizepräsident des Bundestags

„Corona ist noch nicht vorbei.“ So lautet die gängige Argumentation für verschiedene Forderungen, die auf Beibehaltung oder Verschärfung von Maßnahmen abzielen. So auch bei der Maskenpflicht. Da wir inzwischen wissen, dass Corona nicht einfach wieder verschwinden wird, ist solch eine Argumentation aber entweder unredlich oder fahrlässig unterkomplex. Konsequenterweise würde das nämlich „Maskenpflicht für immer“ bedeuten. Wollen wir das wirklich, und wenn wir es wollen, müssten wir es dann nicht auch klar so benennen?

Und auch diese Frage wird sich irgendwann aufdrängen: Ist es nicht geradezu zynisch, wegen Corona Maskenpflicht zu verordnen, aber wegen der Influenza – trotz Tausender Toter jährlich – nicht? Corona ist nicht die Grippe. Aber wo wir auf der einen Seite völlig zu Recht auf diese Unterscheidung Wert legen, schließen wir auf der anderen Seite jedwede differenzierte Betrachtung aus. Dabei reden wir heute über eine gänzlich andere Situation als noch vor einem Jahr. Die Immunisierung in der Bevölkerung und das Vorherrschen der Omikron-Variante des Coronavirus darf man nicht einfach ausblenden und weiter so tun, als stünden wir vor derselben Situation wie 2020 oder 2021.

Wenn wir über eine Corona-indizierte Maskenpflicht diskutieren, darf der Maßstab, den wir anlegen, kein anderer sein als bei anderen Infektionskrankheiten auch.

Und das bedeutet mit Blick auf die gegenwärtige Situation: Weg vom staatlichen Zwang hin zur Aufklärung für eigenverantwortliches und verantwortungsvolles Verhalten. So wie wir es bei anderen Infektionskrankheiten auch handhaben, weil es der einzige Weg ist, der in einer freien Gesellschaft auf Dauer gangbar ist.

Warum Deutschland meint, diesen unausweichlichen Schritt später als andere gehen zu müssen, bleibt unklar. Über dänischem Luftraum verhält sich das Coronavirus jedenfalls nicht anders als über deutschem.


NEIN

Heike Baehrens, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion

Nein, das finde ich nicht. Die bundesweite Maskenpflicht in Flugzeugen und Fernzügen ist im Infektionsschutzgesetz vorerst bis zum 23. September geregelt. Auch im Nahverkehr mit Bussen und Bahnen gilt Maskenpflicht, die jeweils die Länder anordnen. Ich halte es für sinnvoll, daran festzuhalten – auch wenn die Inzidenzen rückläufig sind. Denn die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus ist noch nicht vorbei.

Viele Menschen sind darauf angewiesen, täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, zum Beispiel um zur Arbeit zu kommen. Hier ist man oft dicht gedrängt beieinander und kann nicht Abstand halten. Der Expert*innenrat der Bundesregierung hat nachdrücklich die Anwendung der Maskenpflicht in solchen Situationen empfohlen. Denn Masken schützen besonders wirksam dann vor Ansteckung, wenn alle sie tragen. Sie bedeuten für den oder die einzelne nur eine verhältnismäßig geringe persönliche Einschränkung, helfen aber, das individuelle Sicherheitsgefühl aller Fahrgäste zu verbessern.

Die Maskenpflicht aufzuheben, wäre aus meiner Sicht auch deswegen unvernünftig, weil es eine große Gruppe von Menschen gibt, die sich nicht impfen lassen können oder deren Immunsystem durch Krankheit oder Medikamente nicht hundertprozentig arbeitet. Sie sind gefährdeter, Infektionen zu bekommen und daran schwerer zu erkranken.

Gleichzeitig wirken Impfungen – einschließlich der gegen Covid-19 – bei diesen Menschen weniger gut. Seit über zwei Jahren haben sich viele von ihnen zurückgezogen oder müssen sich wissentlich täglich einem Risiko aussetzen. Diese Menschen sind auf unsere Rücksicht und Solidarität angewiesen.

In dieser wie in vielen gesellschaftlichen Debatten, die wir in unserer Zeit führen, gilt für mich: Eigenverantwortung endet nicht bei der eigenen Person, sondern meint insbesondere auch, bewusst Verantwortung für andere zu übernehmen.

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