Politik

27.05.2021

Soll die Polizei Zugang zu den RKI-Impfdaten bekommen?

Es kursieren immer mehr gefälschte Impfpässe in Deutschland. DPolG-Chef Rainer Wendt fordert deshalb, dass die Polizei Zugriff auf die Daten Geimpfter bekommen sollte. Geht gar nicht, meint dagegen Martin Hagen, Chef der FDP im Landtag. Allein schon aus Datenschutzgründen


JA

Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG)

Unser gelber Impfpass erinnert mich irgendwie an das gute alte Krankenscheinheft, Wählscheibentelefone oder Fernseher in schwarz-weiß. Dabei hätte man seit Entwicklung des Impfstoffs gegen Corona wissen müssen, dass er sehr rasch zu einem wichtigen Dokument werden würde, ohne dass wichtige Grundrechte nicht wahrgenommen werden können. Und wann ein „digitaler Impfpass“ bei uns zur Verfügung steht, steht in den Sternen, mit Digitalisierung hat es Deutschland bekanntlich nicht so.

Im Internet kursieren Tausende Fälschungen und sie werden nicht erkannt werden, wenn sie nicht sehr plump gemacht sind. Stempel sind rasch gefertigt, Unterschriften des „Arztes“ werden selbst gemacht. Diese Situation war vorhersehbar, wie so viele andere.

Wo geimpft wird, erfolgt eine Meldung an das RKI. Auch personenbezogene Daten können mithilfe eines Codes dort gespeichert werden. Wenn vor Ort Verdachtsmomente entstehen, könnten Ordnungsamt oder Polizei die Echtheit eines Dokuments durch Prüfung der gespeicherten Daten rasch belegen. Die Voraussetzungen könnten rasch geschaffen werden. Dies müsste auch lediglich für eine Übergangszeit geschehen, bis die sogenannte Herdenimmunität erreicht ist.

Man kann es auch lassen, dann bleiben Fälschungen unerkannt und das Infektionsrisiko steigt, wenn Menschen mit gefälschten Unterlagen verreisen oder feiern gehen. Die Politik muss entscheiden, ob der Datenschutz uns so wichtig ist, dass wir diese Gesundheitsgefahren für einen unbestimmten Personenkreis in Kauf nehmen. Mit der Möglichkeit, Fälschungen zu erkennen, dürfte auch eine generalpräventive Wirkung erzielt werden, denn die Sanktionsdrohung wäre real. So ist sie es nicht, sie ist lächerlich.

Aus der Politik hören wir, dass man sich auf die Rechtstreue der Menschen verlassen und keine Prüfung ermöglichen will. In Wahrheit ist das eine Ausrede fürs Nichtstun. Bis zum nächsten Lockdown.


NEIN

Martin Hagen, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag

Gesundheitsdaten sind hochgradig sensible Informationen. Sie genießen nach der Datenschutzgrundverordnung besonderen Schutz. Aus diesem Grund übermitteln die Impfstellen dem Robert Koch-Institut (RKI) auch nicht den vollen Namen einer geimpften Person, sondern lediglich ein Pseudonym – so regelt es die Coronavirus-Impfverordnung.

Polizeivertreter wollen das nun ändern und selbst Zugriff auf die Daten Geimpfter erhalten. Die Forderung ist auf den ersten Blick nachvollziehbar: Der gelbe Impfpass ist alles andere als fälschungssicher. Da Geimpfte aktuell von bestimmten Einschränkungen befreit sind, steht zu befürchten, dass sich einige Bürgerinnen und Bürger mit gefälschten Pässen Vorteile erschleichen wollen. Effektive Kontrollen, so die Polizeigewerkschaft, seien ohne die Impfdaten des RKI kaum möglich.

Doch erstens kann nicht der Datenschutz ausgehöhlt werden, nur weil der Staat es versäumt, fälschungssichere Dokumente bereitzustellen. Zweitens lassen sich die meisten Bürgerinnen und Bürger impfen, um sich selbst zu schützen, und nicht wegen eines Stempels in ihrem Impfpass. Und drittens – und das ist das Entscheidende – sind Grundrechtseinschränkungen für Nichtgeimpfte ohnehin nicht auf Dauer akzeptabel. Spätestens, wenn alle Bürger die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen, müssen sämtliche freiheitseinschränkenden Maßnahmen zurückgenommen werden – und zwar für alle, egal ob geimpft oder nicht geimpft. Damit büßt der Impfpass an Bedeutung ein und der Anreiz, ihn zu fälschen, fällt weg.

Schon die Tatsache, dass die Corona-Gästelisten in Gaststätten für polizeiliche Ermittlungen zweckentfremdet wurden, hat viel Vertrauen zerstört. Die Politik sollte dem Eindruck, dass im Windschatten der Corona-Krise der Überwachungsstaat ausgebaut wird, keinen Vorschub leisten. Deshalb ein klares Nein zum Zugriff auf Impfdaten.

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