Politik

21.01.2021

Soll eine Corona-Impfpflicht für Pflegekräfte eingeführt werden?

Der Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder für eine Corona-Impfpflicht im Pflegebereich ruft heftigen Widerspruch hervor - auch vom kleinen Koaltitionspartner, den Freien Wählern. Unterstützung kommt hingegen von der Senioren-Union

JA

Otto Wulff, Bundesvorsitzender der CDU-Senioren-Union

Wenn man dem Ergebnis einer kürzlich durchgeführten Umfrage glauben darf, dann wollen sich nur drei Viertel der Ärzte und 50 Prozent der Pflegekräfte unter 2000 Befragten impfen lassen. Ich habe viel Verständnis dafür, dass sich Menschen allgemein die Entscheidung über Impfungen nicht leicht machen. Wenn aber ärztliches und Pflegepersonal in hoher Zahl das Impfangebot verweigern, dann muss das Gründe haben.

Als Argument für mangelnde Impfbereitschaft wird zuweilen angeführt, man wisse nicht, ob Impfungen gegen die Übertragung des Virus schützen oder ob riskante Nebenwirkungen zu befürchten seien. Wenn wir aber sehen, wie schrecklich und tödlich das Virus nicht nur in Alten- und Pflegeheimen wütet, dann sollte man solchen Vorbehalten mit gründlicher Aufklärung begegnen und Besorgnisse zerstreuen können.

Ich habe es von Anfang an für richtig gehalten, dass Ärzte und Pflegekräfte zeitgleich mit Bewohnern und Patienten in Alten- und Pflegeheimen oder Krankenanstalten immunisiert werden.
50 Prozent aller Corona-Erkrankungen und Todesfälle sind auf Infektionen in eben diesen Einrichtungen zurückzuführen. Für mich ein überzeugender Beweis für die Notwendigkeit, neben der Risikogruppe der Älteren auch das ärztliche und das Betreuungspersonal nicht nur regelmäßig zu testen, sondern obendrein vorrangig zu impfen.

Die Pocken wurden im 20. Jahrhundert durch verpflichtende Vakzination ausgerottet, 2019 wurde für Kitas und Schulen die Impfpflicht gegen die Masern beschlossen. Auch in der aktuellen Bedrohung halte ich eine Impfpflicht gegen das Coronavirus für bestimmte Berufsgruppen und Tätigkeitsbereiche für sinnvoll und geboten. Dies nicht nur zum Schutz der betreuten Menschen, sondern auch im Hinblick auf den Eigenschutz der Geimpften.

Neben einer denkbaren Impfpflicht sehe ich eine moralische Verpflichtung: Wer sich ohne Grund nicht impfen lässt, handelt unsolidarisch und erhöht die Gefahren für sich und Schutzbefohlene.
 

NEIN

Susann Enders, MdL und Generalsekretärin der Freien Wähler

Alleine die Debatte über Pflicht, was in gewisser Weise einem Zwang gleichkommt, finde ich bereits sehr schwierig im Zusammenhang mit Corona. Weder wissen wir alles über das Virus, noch haben wir längere wissenschaftliche Studien über den Impfstoff. Zum jetzigen Zeitpunkt also von einer Verpflichtung zu einer Corona-Impfung für Menschen zu sprechen, halte ich für falsch und ungerecht. Insbesondere, wenn die Ablehnung einer Impfung maßgebliche Konsequenzen hätte.

Fakt ist: Wir haben eine Pandemie, die wir Stück für Stück in den Griff bekommen. Fakt ist: Wir haben einen Impfstoff, das ist gut, das ist eine optimistische Option, um Menschen zu schützen. Fakt ist aber auch: Die Menschen brauchen mehr fundierte Informationen, mehr Aufklärung, mehr freiwillige Zustimmung. Ein Impfstoff, der gerade auch mit Beteiligung deutscher Forscher sehr fundiert und sauber erarbeitet wurde – davon können wir ausgehen –, der aber aufgrund der Pandemiesituation im beschleunigten Verfahren entwickelt wurde, ruft dennoch Vorsicht bei manchen Menschen hervor. Gerade auch bei Pflegepersonal. Vorsicht muss nicht negativ sein. Die Pflegekräfte unter Druck zu setzen geht nicht. Wir müssen die Menschen mitnehmen und sie umfangreich informieren.

Wir sind gegen eine Impfpflicht. Aber eine Regierung muss für ausreichend sicheren Impfstoff sorgen, sodass sich jeder, der das möchte, schnell impfen lassen kann. Ich stehe hinter den Pflegekräften, es darf nicht zu einer Entscheidungspflicht oder zu einer ethischen Debatte kommen im Sinne von: Bin ich ein schlechter Mensch, wenn ich mich nicht impfen lasse? Es darf kein ethischer Zwang durch die Corona-Impfung entstehen. Mit Informationen und Aufklärung erreichen wir eine hohe Impfquote auch so. Und das freiwillig. Wir können zuversichtlich nach vorne blicken, denn ein sehr großer Teil der Menschen ist bereit, sich impfen zu lassen. Die Aufgabe der Politik ist es nun, für genug sicheren Impfstoff zu sorgen und einen einfacheren Zugang zu einer Impfung zu organisieren.

Kommentare (9)

  1. Jolanda am 24.01.2021
    Eine bodenlose Frechheit ,
    bestimmt bekommt das Pflegepersonal , dann auch wieder Beifall , wenn Jahre später , leider Spätschäden , verursacht durch den Impfstoff verursacht werden !
    Ich rate allen , nicht mehr stumm zu sein und Leserbriefe an die Zeitung zu schreiben !!!
    Dies habe ich auch getan und bin entsetzt mit welcher Agressivität hier die Protagonisten , meisst über 70 , zu der Thematik, Stellung genommen haben.

    Es gibt die Möglichkeiten der Testung und das muss ausreichen , um andere zu schützen , zumal ein geimpfter ja laut Medienberichten , Covid übertragen kann .
    Wieso dann keine Isolationspflicht nach Impfung besteht , ist mir ein grosses Rätsel.
    Aber dann würde sich wohl keiner mehr impfen lassen .
    Aber das wird scheinbar bewusst in Kauf genommen , dass geimpfte , andere infizieren können .
  2. Dagegen am 23.01.2021
    Auf gar keinen Fall darf ein anderer Mensch, eine Regierung oder ein Arbeitgeber über das Leben eines anderen entscheiden. Es obliegt jedem Menschen selbst über sein gesundheitliches Wohl selbst zu entscheiden. Es ist eine Frechheit welcher Druck hier aufgebaut wird. Freiwillige gibt es wohl nicht genügend. Man sollte sich lieber einmal fragen warum sich kaum ein Mensch impfen lassen möchte und warum hier eine solche Pflicht diskutiert wird. Augen auf liebe Leute. Fangt endlich wieder an zu denken!
  3. Pendelbaum am 23.01.2021
    Ganz unabhängig von Söder, könnte ich mir eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen vorstellen. Allerdings jetzt noch nicht, wo der Impfstoff so neu ist, das wäre unsensibel. Wenn sich herststellen sollte, dass die Impfung auch die Weitergabe des Virus erheblich reduziert oder verhindert, müsste man das meiner Meinung nach in verschiedenen Bereichen verpflichtend machen.
  4. Andi am 23.01.2021
    Erst kommt die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, die sich wegen des öffentlich aufgebauten Drucks nicht oder kaum wehren können und danach häppchenweise für den Rest der Bevölkerung... Bin selbst grds. Impfbefürworter (für sinnvolle Impfungen). Aber bei einem im Schnellverfahren zugelassenen Impfstoff mit neuartigem Impfverfahren muss jedem die Entscheidung ob er sich impfen lässt, selbst überlassen werden. Vorbehalte müssen ernstgenommen und akzeptiert werden. Dies um so mehr, als noch nicht einmal klar ist, ob geimpfte Personen andere nicht doch noch anstecken können.
  5. Lulu am 22.01.2021
    Wenn wir bald nicht mehr genügend Pflegekräfte haben möchten, dann bitte führt eine Impfpflicht ein. Ich glaube gehört zu haben, dass wir einen Mangel an diesen Fachkräften haben und sich nicht viele Menschen für diese Branche interessieren. Ich wollte sehr gerne nach meiner Elternzeit, mich umschulen lassen zur Ambulanter Pflegekraft. Doch das wird garantiert nicht mehr mein Weg sein. Ich würde mir niemals im LEBEN vorschreiben lassen, was ich mir spritzen und wie ich mich ärztlich behandeln lassen soll. Ein Albtraum der hier stattfindet.
  6. Verschwörungstheroretikern am 22.01.2021
    Ich bin gegen die Impfplicht, erst recht für die Pflegekräfte. Es gibt genügend, die sich dagegen entscheiden und das ist auch gut so. Schließlich kann ja noch umgeschult werden und dann kann die Regierung zusehen, wo sie Pflegepersonal herbekommen.

    Soll sich doch die Regierung jeder ne ganze Pulle Impfung reinpfeifen. Vielleicht löst sich dann bei denen die Angst und Panikmache.
  7. Recht_so am 22.01.2021
    Selbstverständlich sollte eine Corona-Impfpflicht für Pflegekräfte eingeführt werden!

    Im Moment sollte weiter jedes Mittel genutzt werden, um weitere Pflegekräfte aus dem Beruf zu treiben. Solche Eingriffe in grundlegende Menschenrechte, hier Art. 2GG, sind dafür gut geeignet.
    Warum sollten Pflegekräfte denn auch gleiche Rechte für sich beanspruchen können, wenn sie auch sonst in jeder Hinsicht als Kanonenfutter behandelt werden?
    Schließlich gibt es ja immer noch einige von denen, die den Mut und Anstand besitzen, ihren Beruf bei miesem Gehalt, abgeschalteten Personaluntergrenzen, 60 Stundenwoche und sehr hohem Infektionsrisiko
    gewissenhaft auszuüben.
    Das muss aufhören!
    Vielleicht hilft ja die Impfpflicht, diese letzten Sozialromantiker aus dem Beruf zu treiben, denn Anstand und soziale Verantwortung passen einfach nicht in dieses Land!
  8. Mieter am 22.01.2021
    @Siegfried:
    Armutszeugnis für unsere Politik? Egal, Hauptsache Söder ist im Fernsehen.
  9. Siegfried am 22.01.2021
    Es ist scheinbar leichter eine Impfpflicht beim Pflegepersonal zu diskutieren und vielleicht auch durchzusetzen, als die Löhne entsprechend deren Leistung in der Pflege anzupassen. Ein Armutszeugnis für unsere Politik. Für viele wird das ein Grund sein, einen solchen Beruf nicht zu ergreifen oder in andere Berufszweige zu wechseln.
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