Politik

06.02.2020

Sollen 1- und 2-Cent-Münzen abgeschafft werden?

Die einen finden die kleinen Münzen nur überflüssig und nervig. Andere aber mögen sie nicht missen. Soll man die 1- und 2-Centmünzen abschaffen? Die Europapolitiker Sven Giegold (Grüne) und Markus Ferber (CSU) sind da ganz unterschiedlicher Meinung

JA

Sven Giegold (Grüne), Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung im EU-Parlament

In ihrem Arbeitsprogramm für 2020 schlägt die neue EU-Kommission die Abschaffung von 1- und 2-Cent-Münzen vor, weil diese mehr kosten als nutzen. Beim Bezahlen mit Bargeld soll auf 5-Cent-Beträge auf- oder abgerundet werden. Dieser Vorstoß von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist gut und alltagstauglich. Die kleinen Münzen abzuschaffen spart Zeit, Geld, Ressourcen und würde viele Börsen leichter machen.

Das Ende der 1- und 2-Cent-Münzen ist nicht der Untergang des Bargelds. Wer in deren Abschaffung das Ende des Bargelds sieht, betreibt unverhältnismäßige Panikmache. Die Mitgliedstaaten sollten diesem vernünftigen Vorschlag zustimmen und keine Ängste in der eigenen Bevölkerung schüren. Die Ausgabe von Bargeld an sich darf die Kommission selbstverständlich nicht infrage stellen. Doch wenn die 1- und 2-Cent-Münzen erst mal abgeschafft sind, wird sie bald niemand mehr vermissen. Denn sie werden nicht gebraucht – die Kaufkraft des guten alten DM-Pfennigs war bei Einführung viel höher als der einer Cent-Münze heute.

Zudem sind die kleinen Münzen eine unnötige Ressourcenverschwendung. Für sie kaufen die Prägeanstalten in großem Stil Stahl und Kupfer. Laut Bundesfinanzministerium fraß die Prägung der 1- und 2-Cent-Münzen innerhalb von drei Jahren unglaubliche 417 Tonnen Kupfer und mehr als 7000 Tonnen Stahl. Deshalb zahlt der deutsche Steuerzahler bei der Prägung der kleinsten Münze sogar drauf: Wie das Bundesfinanzministerium einräumte, liegen die Herstellungskosten bei der 1-Cent-Münze sogar über ihrem Nennwert.

In mehreren Euroländern wird schon heute beim Bezahlen auf 5-Cent-Beträge ab- oder aufgerundet. In Finnland, den Niederlanden oder Irland, wo die Verwendung der Münzen vor längerer Zeit eingeschränkt wurde, hat sich gezeigt, dass die Rundungen keine messbaren Auswirkungen auf die Verbraucherpreisinflation hatten. Die Befürchtung, die Abschaffung von 1- und 2-Cent-Münzen führe zu steigenden Preisen und damit Inflation, ist also unbegründet.

NEIN

Markus Ferber (CSU), Sprecher der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung im EU-Parlament

Bargeld bedeutet Freiheit. Das gilt für Münzen genauso wie für Scheine. Im Gegensatz zu vielen elektronischen Zahlungswegen haben Barzahlungen den Vorzug absoluter Anonymität. In Zeiten, in denen jeder Schritt des täglichen Lebens vermessen wird und viele Menschen persönliche Daten für kleine Bequemlichkeitsgewinne bereitwillig an Datenkraken wie Google übermitteln, ist diese Qualität von Bargeld ein Wert an sich. Deswegen sollten wir bei jedem Versuch, die Bargeldnutzung einzuschränken, hellhörig werden. Der 500-Euro-Schein wird inzwischen nicht mehr gedruckt, und wenn nun auch noch kleinere Cent-Münzen nach und nach aus dem Umlauf verschwinden, ist das womöglich ein weiterer kleiner Schritt hin zu einer bargeldlosen Welt, die wir nicht wollen können. Denn einerseits kommen wir damit dem gläsernen Bürger immer näher und andererseits wird es für Zentralbanken in einer bargeldlosen Welt plötzlich sehr viel leichter, Negativzinsen auch tatsächlich durchzusetzen. Deswegen gilt auch bei der Debatte um die mögliche Abschaffung von 1- und 2-Cent-Münzen: Wehret den Anfängen!

Neben diesen grundsätzlichen Erwägungen gilt es auch praktische Aspekte zu bedenken: Am Ende würde eine Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen und ein damit verbundenes Aufrunden auf den nächsten 5-Cent-Betrag zu versteckten Preiserhöhungen für den Verbraucher führen. Manch einer mag argumentieren, dass es auf den ein oder anderen Cent mehr nicht ankommen mag, aber wir sollten auch stets bedenken, dass es Menschen gibt, die buchstäblich jeden Cent umdrehen müssen und für die ein paar Cent hier und da in der Summe sehr wohl einen spürbaren Unterschied machen.

Darüber hinaus ist auch klar, dass es für diese Münzen sehr wohl einen Bedarf zu geben scheint, der über das Sammeln hinausgeht. Andernfalls ist jedenfalls nicht zu erklären, dass im Einzelhandel fast kein Preis auf 5 oder 10 Cent endet.

Kommentare (2)

  1. Alexander am 13.02.2020
    Die Anpassung ist bereits durch die Einzelhändler geschehen!
    Z.B. der HIT Markt hat bereits alle verpackten Wurstsorten
    von den Bruchzahlenpreisen auf x,x9 Euro geändert!
    Wohl auch um ein Mehr an Gewinn zu erzielen.
  2. Chopin am 07.02.2020
    Ich bin definitiv gegen die Abschaffung von 1- und 2-Centmünzen. Warum der/die Einzelhandel/Wirtschaft immer mehr mehr bestimmen sollen, die Regeln zu ändern, akzeptiere ich nicht. Wie soll der Matheunterricht verlaufen? „Herr Lehrer es gibt doch keine 1,97 Euro mehr.“ Lassen wir doch die Zahlen 1-4 auch gleich weg. Springen wir von 0 auf 5. Unfassbar, dass man darüber überhaupt nachdenkt. Mathematik ist die Grundlage unseres Handels. Wenn es Menschen zu mühsam ist, sollen sie mit der Karte zahlen.
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