Politik

23.03.2023

Sollen Menschen über 70 alle fünf Jahre zum Fahrtauglichkeitscheck?

Die Europäische Union plant eine Führerschein-Reform. Dazu gehört auch ein Fahrtauglichkeitscheck für Menschen ab 70 Jahren alle fünf Jahre. Bernadette Felsch, Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Bayern, würde das begrüßen. Der Freie Wähler Tobias Gotthardt, Vorsitzender des Europaausschusses im Bayerischen Landtag, ist dagegen

JA

Bernadette Felsch, Vorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Bayern

Die EU-Kommission schlägt vor, dass Menschen ab 70 alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen. In vielen EU-Ländern muss die Fahrerlaubnis schon heute immer wieder verlängert werden: zum Beispiel in Tschechien, Spanien, Portugal oder den Niederlanden. In Italien muss, wer ein Kraftfahrzeug lenken möchte, alle zehn Jahre zur Kontrolle, ab dem 50. Lebensjahr alle fünf, ab 70 alle drei und ab 80 sogar alle zwei Jahre.

Als Tochter eines Crashtesters und als Angehörige und Freundin von Menschen, die bei Autounfällen verletzt oder getötet wurden, finde ich das vernünftig: Kraftfahrzeuge können sehr gefährlich sein! Das gilt umso mehr, seit die Straßen immer voller und die Fahrzeuge immer größer und schwerer geworden sind. Die Unfallstatistiken belegen, dass dies den Insassen von Kraftfahrzeugen nützt. Sie kommen immer seltener zu Schaden.

Für alle außerhalb der oft tonnenschweren und schnellen Fahrzeuge werden diese dagegen immer gefährlicher: Die Zahl der verunfallten und getöteten Radfahrenden lag in Bayern 2022 auf Rekordniveau!

Als Vorsitzende des Fahrrad-Clubs verstehe ich mich als Anwältin aller, die auf ihren täglichen Wegen ohne Knautschzone unterwegs sind. Folglich kann ich nicht richtig finden, dass nach einer einmal bestandenen Führerscheinprüfung die Fahrtauglichkeit oder Regelkenntnis nie mehr überprüft wird. Viele kennen zum Beispiel ganz offenkundig die Regeln für Fahrradstraßen nicht. Fakt ist auch, dass Hör-, Seh-, Konzentrations- und Reaktionsvermögen mit zunehmendem Alter abnehmen, während der Stress steigt, unter anderem weil die viele Technik in heutigen Fahrzeugen oft ablenkt.

Schon allein Gefahren- und Verantwortungsbewusstsein sollten also zu regelmäßigen Checks führe – auch ohne Zwang. Fahrsicherheitstrainings machen sogar Spaß, egal ob mit dem Auto oder dem Fahrrad. Sich alle paar Jahre einen halben Tag Zeit dafür zu nehmen, wäre ein enormer Beitrag zur Verkehrssicherheit. 

NEIN

Tobias Gotthardt (Freie Wähler), Vorsitzender des Europaausschusses im Bayerischen Landtag

Abgesehen vom bürokratischen und finanziellen Aufwand ist der Ansatz der Europäischen Kommission grundverkehrt: Alter allein macht einen nicht zum schlechten Autofahrer beziehungsweise zur schlechten Autofahrerin. Wir in Deutschland gewähren den Führerschein lebenslang – und entziehen ihn nur anlassbezogen im Einzelfall. Das funktioniert – und ist für mich eindeutig der bessere Weg.

So begrüßenswert das Ziel für mehr Verkehrssicherheit durch die geplante Führerscheinreform der Europäischen Union auch ist, für so grundlegend falsch halten wir Freie Wähler im Bayerischen Landtag den hierzu gewählten Ansatz einer Verkehrstauglichkeitsüberprüfung.

Die Idee ist nicht neu: Immer wieder kommt aus Brüssel der Vorschlag, den Erwerb des Führerscheins auf Zeit zu regeln. Neuesten Plänen der Europäischen Union zufolge müsste dieses Mal die Gruppe der Senioren ab 70 Jahren mit deutlichen Einschränkungen hinsichtlich der Gültigkeit ihres Führerscheins rechnen.

So sieht der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der Führerscheinrichtlinie unter anderem vor, dass Senioren ab dem Alter von 70 Jahren alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen müssen. Das wiederholte Einbringen dieses Vorschlags macht ihn nicht unbedingt besser – sofern er denn in Deutschland überhaupt umgesetzt würde.

Aus Sicht der Landtagsfraktion der Freien Wähler ist es geradezu vermessen, einen Menschen allein wegen seines Alters als einen schlechten Fahrer oder eine schlechte Fahrerin zu klassifizieren. Denn aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung im Straßenverkehr zeichnen sich viele ältere Menschen häufig als besonders umsichtige Fahrer und Fahrerinnen aus. Im ländlichen Raum ist der Großteil von ihnen zudem auf das Auto angewiesen, um mobil und unabhängig zu sein. Deshalb lehnen wir diesen Vorschlag aus Brüssel auch ausdrücklich ab.
 

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