Politik

Erhebt massive Vorwürfe gegen die Christsozialen: der wegen Bestechung und anderer Delikte unter Anklage stehende Lobbyist Karlheinz Schreiber (r.). Foto: ddp

22.01.2010

Spenden aus dem Grab

Laut Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber kassierte die CSU 1,4 Milliarden Euro an illegalen Zuwendungen

Schon lange droht Karlheinz Schreiber der CSU an, über deren angeblichen Spendensumpf auszupacken – bei seinem Prozess legte er wieder die Lunte für eine mögliche politische Bombe. Laut dem Waffenlobbyisten hat die CSU illegale Spenden mit Quittungen auf die Namen Toter getarnt. Doch die Beweise für seine bereits im Jahr 2002 geäußerten Behauptungen bleibt er bislang schuldig.
Nein, nervös wirkt Karlheinz Schreiber in den ersten beiden Tagen seines Prozesses vor dem Augsburger Landgericht überhaupt nicht. Im schicken dunkelblauen Blazer sitzt der 75-jährige Geschäftsmann entspannt auf der Anklagebank, vorgeführt aus der Untersuchungshaft. In die ist er geraten, weil sein Gastland Kanada ihn nach zehnjährigem Tauziehen mit der Augsburger Staatsanwaltschaft im letzten Jahr nach Deutschland abgeschoben hat. Es ist ihm nicht anzumerken, dass ihm wegen Steuerhinterziehung, Bestechung und anderer Delikte beim Verkauf von Airbus-Flugzeugen und Panzern eine mehrjährige Haftstrafe sowie Steuernachzahlungen, Straf- und Säumnisgebühren in Höhe von 20 Millionen Euro drohen. Nur manchmal trommelt er mit dem Finger auf die Bank oder nestelt an seiner Krawatte.
Auch FDP und SPD sollen Geld bekommen haben Vor allem aber tut Schreiber etwas, was ihm sicher schwerfällt: Er schweigt beharrlich, lässt lediglich seine Anwälte Jan Olaf Leisner und Jens Bosbach schriftliche Erklärungen vortragen. Das mag dem Rat seiner Rechtsvertreter geschuldet sein, die genau wissen, dass sich ihr Mandant schnell in Rage redet und Unbedachtes vorbringt wie zum Beispiel eine kanadische Redensart, „dass man mit Stinktieren nicht in Konkurrenz treten“ solle. Oder dass, „wenn Dummheit weh täte“, der Chef der Augsburger Staatsanwaltschaft, Reinhard Nemetz, „schon lange tot sein müsste“. Nemetz kontert trocken: „Was kümmert es den Mond.“
Leisner zieht den Kammerton vor, als er am zweiten Verhandlungstag Schreibers Behauptungen über Schmiergeldzahlungen an die CSU 1991 in Höhe von 1,4 Millionen Mark verliest. Das klingt erst einmal sensationell, denn wäre das neu und belegbar, wäre es ein GAU für die ohnehin gebeutelte CSU. Es ginge ihr weiter ans Renommee und es hätte wegen illegaler Parteispenden Strafzahlungen in Millionenhöhe an den Bundestag zur Folge. Aber es ist längst alles bekannt, die 9. Strafkammer bekommt für das vermeintliche Schmieren der CSU keinerlei Belege oder Hinweise, wie sich das von Schreiber schon vor acht Jahren Vorgetragene verifizieren ließe.
So erging es schon den Abgeordneten des Bundestags-Untersuchungsausschusses zur Parteispenden-Affäre, die im Mai 2002 zur Schreiber-Vernehmung nach Kanada gereist waren. Da hatte Schreiber selbst von den CSU-Parteispenden gesprochen, sie allerdings fast doppelt so hoch angesetzt. „Aus Gründen besonderer Fürsorge hat die CSU etwa zwei Millionen (Mark) bekommen“, sagte er damals und nannte auch Einzelbeträge: 278 843 Mark, 127 317,50 Mark, 501 500 Mark, 431 350 Mark, 50 250 Mark, 100 500 Mark, 501 500 Mark, 100 500 Mark. (Michael Stiller)

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