Politik

17.08.2018

Sultansallüren

Ein Kommentar von Ralph Schweinfurth

Wer sich in die Enge gedrängt sieht, handelt oft unüberlegt. So wie der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan angesichts des Verfalls der Landeswährung Lira. Wer negativ über die türkische Lira spricht, muss mit drastischen Maßnahmen rechnen, droht er. Seine Landsleute sollen ihre ausländischen Devisen in Lira umtauschen und keine Elektronikprodukte aus den USA mehr kaufen.

Diese reichlich naiven Ansagen interessieren die internationalen Finanzmärkte natürlich nicht. Sie konzentrieren sich einzig und allein auf sichere Anlagemöglichkeiten. Die gab es in der Türkei in den vergangenen Jahren zuhauf. Seit Erdogan im Jahr 2002 die Macht eroberte und die Inflation auf 40 Prozent schnellte, kam Geld vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Erdogan setzte die IWF-Auflagen um – und die Wirtschaft entwickelte sich prächtig. Viele neue Jobs wurden geschaffen, die Inflation sank auf unter 10 Prozent. Deshalb mögen ihn viele Türken.

Gefährlich für Bayerns Wirtschaft

Das alles verspielt Erdogan derzeit. Seit er seine Macht ausgebaut hat und sich immer wieder in die Belange der türkischen Notenbank einmischt, ziehen internationale Anleger massenweise Geld ab. Diese Entwicklung ist auch gefährlich für die bayerische Wirtschaft. Denn eine dauerhaft schwache Lira wird sich mittelfristig auf die Exporte aus dem Freistaat auswirken. Die Nachfragekraft der Türkei wird geschwächt, es wird weniger im Ausland gekauft, auch weniger in Bayern. Immerhin haben weiß-blaue Unternehmen im Jahr 2017 Waren im Wert von 3 Milliarden Euro an den Bosporus geliefert. Umgekehrt wurden für mehr als 2,8 Milliarden Euro Waren aus der Türkei importiert. Ein wirtschaftlicher Niedergang der Türkei würde auch die bayerischen Unternehmen treffen, die dort Niederlassungen oder Produktionsstätten haben.

Erdogan sollte seine Sultansallüren drosseln und seine Notenbank das Notwendige tun lassen. Wenn wieder Vertrauen herrscht, werden die Investoren zurückkehren. Sollte er nicht einsichtig sein, werden ihn die internationalen Finanzmärkte in die Knie zwingen. Eine lange Phase des Abschwungs wird einsetzen, viele Türken werden ihre Jobs verlieren. Was – als einzig positiver Nebenaspekt des Ganzen – dazu führen dürfte, dass der machtversessene Despot dann endlich abgewählt wird.

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