Politik

Auf Alkoholfahr im Fahrsimulater: Innenminister Joachim Herrmann. (Foto: Angelika Kahl)

29.11.2019

Trinkgelage mit ministerieller Billigung

Wie viel Bier und Wein sind erlaubt, um Promille-Vorgaben zu unterschreiten? Minister Joachim Herrmann lud zum Selbstversuch

Kampftrinken könnte man das nennen, was diese Woche im bayerischen Innenministerium stattfand. Drei Bier zischte Minister Joachim Herrmann (CSU) in eineinhalb Stunden. Erst zwei Weißbier, dann noch ein Helles. Und er animierte die anwesenden Journalisten, es ihm gleichzutun. Das von Herrmann organisierte Trinkgelage diente allerdings einem guten Zweck – und stand unter wissenschaftlicher Begleitung. Der Minister wollte zeigen, wie stark Alkohol die Reaktionsfähigkeit und Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt. Auch schon bei einer eher geringen Menge.

Der ernste Hintergrund: 19 000 Trunkenheitsfahrten hat die bayerische Polizei im vergangenen Jahr zur Anzeige gebracht. Noch immer ist Alkohol am Steuer eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle. Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2018 die Zahl der Alkoholunfälle in Bayern auf 4950 wieder leicht an. 62 Menschen kamen dabei ums Leben. Ab 1,1 Promille ist Autofahren eine Straftat, mit über 0,5 Promille eine Ordnungswidrigkeit, bei der ein Fahrverbot droht.

Das Ergebnis bei Herrmann nach drei Bier: knapp 0,8 Promille. Wobei der Minister mit seinen 1,89 Metern und der stattlichen Figur klar im Vorteil ist, wie der Toxikologe Andreas Stöver vom Institut für Rechtsmedizin der Uni München erklärte. Denn wie stark die Alkoholkonzentration im Blut steigt, hängt in erster Linie von Geschlecht, Größe und Gewicht ab. Eine Frau verträgt grundsätzlich weniger als ein Mann. Ein Dicker mehr als ein Dünner.

Knapp 0,8 Promille hat der Minister

Vor dem Trinkversuch im Ministerium sollte jeder eine Zielvorgabe angeben. Stöver und sein Team errechneten dann, wie viel Bier oder Wein man trinken muss, um den anvisierten Pegel zu erreichen. Herrmann etwa gab 0,5 Promille an, ihm wurden drei Bier à 0,5 Liter erlaubt. Aber nicht nur der Minister schoss am Ende beim Alkomat-Pusten über das Ziel hinaus.

Eine Erkenntnis des Abends: Die meisten Selbstversuch-Teilnehmer überboten den angepeilten Pegel. Mit 0,75 Litern Bier kam die Autorin, 1,65 Meter groß und normalgewichtig, auf 0,7 Promille. Eine 1,63 Meter große schlanke Kollegin erreichte nach 0,3 Litern Wein 0,56 Promille. Beide Male waren 0,5 Promille anvisiert. Ein männlicher normalgewichtiger Journalist, 1,74 Meter groß, schaffte dagegen mit 1,25 Litern Bier gerade mal 0,48 Promille.

Und das war die andere Erkenntnis: Auch wer knapp unter der 0,5-Promille-Grenze blieb, spürte den Alkohol deutlich. Autofahren wollte keiner mehr. Vernünftig: Denn bereits ab 0,3 Promille wird von einer sogenannten relativen Fahruntüchtigkeit ausgegangen. Bei auffälliger Fahrweise oder bei einem Unfall kommt auch bei diesem Wert eine Straftat wegen Trunkenheit im Verkehr in Betracht.

Herrmanns Antwort auf alkoholisiertes Fahren: verstärkte Alkoholkontrollen. „Die Angst, den Führerschein zu verlieren“ sei ziemlich hoch, glaubt er. Herrmanns Führerschein war an diesem Abend trotz Trinkgelage nicht in Gefahr. Auf ihn wartete sein Fahrer.
(Angelika Kahl)

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