Politik

Trotz höherer Steuereinnahmen: 2010 erwirtschafteten Bayerns Städte und Gemeinden ein Defizit von 352 Millionen Euro. Kaum Geldsorgen hat dagegen die bayerische Landeshauptstadt (Foto). Foto: dpa

26.08.2011

Trügerischer Geldsegen

Die bayerischen Kommunen nahmen 2010 rund 20 Millionen Euro mehr an Gewerbesteuern ein als im Vorjahr

Trotz deutlich höherer Steuereinnahmen: Die Finanzlage der Kommunen im Freistaat bleibt angespannt. Grund: Vor allem die Sozialausgaben steigen seit vielen Jahren kontinuierlich an.   Die bayerischen Bürgermeister freuen sich: Im vergangenen Jahr haben sie fast alle wieder mehr Steuern als 2009 eingenommen. Das bestätigen gerade veröffentlichte Zahlen des statistischen Bundesamts zur Haushaltslage der Kommunen im Jahr 2010. Die Gewerbesteuereinnahmen sind nach dem Einbruch im Jahr 2009 wieder angestiegen – entgegen der Prognosen des deutschen Städterats. Der hatte damit gerechnet, dass die Steuereinnahmen stagnieren würden.
Doch die Freude der Bürgermeister ist getrübt: Die meisten Gemeinden schreiben immer noch rote Zahlen. „Das Problem ist, dass die kommunalen Sozialausgaben jedes Jahr steigen“, sagt Bernd Buckenhofer, finanzpolitischer Sprecher des bayerischen Städtetags. „Diese Kontinuität haben wir bei den Einnahmen leider nicht.“
Insgesamt haben die bayerischen Kommunen 2010 mehr als zwölf Milliarden Euro eingenommen, rund 20 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Doch die Ausgaben waren noch höher. Der größte Posten, die Sozialausgaben, schlug mit viereinhalb Milliarden Euro zu Buche. Die Kommunen finanzieren über die Bezirks- und Kreisumlagen vor allem Pflege und Grundsicherung von behinderten und alten Menschen. Außerdem haben Gemeinden und Städte mehr in Schulen und Kindertagesstätten investiert.


Höhere Kita-Ausgaben


Zu viel. Am Ende des Jahres erwirtschafteten sie ein Defizit von 352 Millionen Euro. Es ist mehr als doppelt so hoch wie im Jahr 2009, dem Krisenjahr, in dem die Gewerbesteuereinnahmen stark zurückgegangen waren. „Solange die kommunalen Ausgaben für Soziales weiter ansteigen, können die Gemeinden kaum in die Gewinnzone kommen – selbst wenn sie die Investitionen stark zurückfahren“, sagt Bernd Buckenhofer.
Ähnlich äußert sich Johann Keller, Direktor des bayerischen Gemeindetags. Auch wenn 2010 die Gewerbesteuer wieder sprudelte, könne er keine Entwarnung geben: „Solange die Sozialausgaben der Kommunen so hoch sind, bleibt die Finanzsituation angespannt.“ Eine Kürzung der Investitionen oder das Aus für Bibliotheken und Schwimmbäder ist sowohl für Buckenhofer als auch für Keller keine Option. Stattdessen fordern sie den Freistaat auf, den Städten und Gemeinden bei den Sozialausgaben unter die Arme zu greifen.
Im kommenden Jahr macht der Staat einen ersten Schritt: Er wird die Grundsicherung übernehmen. Nicht genug, finden die Lobbyisten der Kommunen. Sie wollen, dass Bund und Land den Gemeinden noch mehr Ausgaben für Soziales abnehmen. „Die Bürger haben zu Recht hohe Erwartungen an das Dienstleistungsangebot der Kommunen“, sagt Bernd Buckenhofer. „Aber wir brauchen mehr finanzielle Unterstützung von Berlin und München, um diesen Ansprüchen genügen zu können.“
Das bayerische Innenministerium, zuständig für die kommunalen Haushalte, wiegelt ab: „Die Finanzlage der bayerischen Städte und Gemeinden ist im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr gut“, erklärt ein Sprecher von Minister Joachim Herrmann (CSU). Tatsächlich gab es im Freistaat kaum eine Gemeinde, die 2010 keinen genehmigungsfähigen ausgeglichenen Haushalt aufstellen konnte. In den meisten anderen Ländern gehört das zum Alltag.


Gute Aussichten für 2011


Und die Aussichten für das laufende Jahr sind bisher gut: Das Innenministerium geht davon aus, dass Städte und Gemeinden auch dieses Jahr wieder mehr einnehmen als 2010. Tatsächlich lagen die Steuereinnahmen zwischen Januar und März 2011 um ein Viertel höher als in den ersten drei Monaten des Vorjahres.
Trotz des Optimismus: Auch im bayerischen Innenministerium gibt man zu, dass die finanzielle Situation der Kommunen unsicher ist: „Ob die Steuereinnahmen weiter so hoch bleiben, hängt vor allem von der allgemeinen Wirtschaftslage ab“, heißt es. Angesichts der negativen Konjunkturdaten der vergangenen Wochen fürchten die Kommunenvertreter bereits, dass die Steuereinnahmen im laufenden Jahr stagnieren könnten.
Doch es gibt Hoffnung, dass die kommunalen Ausgaben doch nicht weiter ansteigen – und sogar sinken: Beim Jahrestreffen des Städtetags im Juli in Bad Reichenhall versprach Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Sozialleistungen für Behinderte sollten je zu einem Drittel von Bund, Land und Kommune getragen werden. Bisher finanzieren die Gemeinden die Leistungen allein. „Wir erwarten jetzt, dass Seehofer seine Ankündigung in Form von einer Bundesratsinitiative wahr macht“, sagt Buckenhofer. „Der Freistaat muss sich in Berlin für uns stark machen.“
(Veronica Frenzel)

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