Politik

02.12.2011

Überambitionierter Ex-Darling

Ein Kommentar von Waltraud Taschner

Es war einmal ein Edelmann, der scheinbar genug Geld und Talente besaß, um draußen in der Welt Märchenhaftes zu vollbringen. Doch weil sich herausstellte, dass Ehrlichkeit und Demut nicht zu seinen Talenten zählten, war sein Glanz rasch verflogen. Er floh auf einen fernen Kontinent, um, wie das Volk hoffte, geläutert von allem Hochmut dereinst zurückzukehren.
Zum Märchen, so viel steht fest, taugt die Causa Guttenberg spätestens seit dieser Woche nicht mehr. Als Geläuterter ist der Ex-Doktor, Ex-Minister und Ex-CSU-Darling nämlich noch nicht aufgefallen. Jedenfalls stehen Einsicht und Starrsinn in seinem soeben erschienenen Buch „Vorerst gescheitert“ in einem bemerkenswerten Missverhältnis: Klar war es doof, bei anderen abzuschreiben, lautet Guttenbergs Fazit zur Plagiats-Affäre, aber irgendwie war alles ein Versehen – und wer das nicht glaubt, ist entweder böswillig oder unqualifiziert oder beides.
Es zeugt von schlechtem Stil, dass der gescheiterte Doktor jetzt das Professoren-Gremium attackiert, welches seine Dissertation offiziell als Plagiat getadelt hatte. Die Arbeit enthält seitenlange Raubpassagen und genügt damit nicht den wissenschaftlichen Standards, so viel steht fest. Da ist es sehr egal, ob in der Runde, was Guttenberg moniert, zu wenig Juristen saßen.

Dauererhobener Zeigefinger


Zudem nervt es, wenn ein an seinen eigenen Ansprüchen Gescheiterter seinen Mitmenschen mit dauererhobenem Zeigefinger die Welt erklärt. Wer sich als Inkarnation von Gradlinig- und Wahrhaftigkeit geriert, aber als Plagiator enttarnt wird, sollte dem politischen Establishment nicht – was zu Guttenberg in seinem Buch tut – mangelnde Glaubwürdigkeit vorhalten. Sein Wehklagen über die Malaise der Volksparteien wiederum ist einfach nur unoriginell. Dass alle großen Parteien Probleme haben, Wähler zu binden, ist Allgemeingut. Jeder Politologe wird das unterschreiben.
Die Welt, da hat zu Guttenberg recht, lechzt nach charismatischen Polit-Akteuren, die kompetent sind und sach- statt karriereorientiert. Tatsächlich wirkt er im Moment selbst als einer, dem es vorrangig um die Erfüllung eigener Ambitionen denn um Missionen geht.
Der Edelmann, der Politik nicht zur Pflege des Egos braucht, sondern einfach nur Gutes will: eine schöne Idee, beinahe märchenhaft.

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