Politik

13.07.2012

Verwirrendes Poltern

Dass Meldedaten verkauft werden, kann derzeit in Bayern keiner verhindern – was bislang weder Seehofer noch die Opposition störte

Horst Seehofer hat gerade viel damit zu tun, Parteifreunde zusammenzufalten: Im Vorfeld der Haushaltsverhandlungen rügte er seine Minister, weil diese sich erkühnt hatten, neue Planstellen zu fordern. Dumm nur, dass es Seehofer selbst war, der den Beamten vor zwei Jahren die Rücknahme der 42-Stunden-Woche versprochen hatte. Weshalb jetzt natürlich neue Stellen benötigt werden.
Diese Woche nun waren die Innenpolitiker an der Reihe. Vor allem der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl hatte wegen der heiß diskutierten Reform des Meldewesens Seehofers Zorn auf sich gezogen.

"Dicker Fehler"


Bei der ab November 2014 geltenden Melderechtsreform, hatte Seehofer gepoltert, sei „ein dicker Fehler“ passiert. Der bestand für Bayerns Regierungschef darin, dass Meldedaten, also Name, Titel und Anschrift von Bürgern ohne deren Einwilligung von der Meldebehörde an Dritte gegeben werden dürfen. Besonders hatte ihn geärgert, dass Bürger auf Betreiben des Innenpolitikers Uhl in folgendem Fall keine Möglichkeit mehr haben sollten, der Weitergabe von Adressdaten an Firmen zu widersprechen: nämlich immer dann, wenn Firmen die Adresse von namentlich bekannten Bürgern nur bestätigt beziehungsweise berichtigt haben wollen. Es sei „eine eiserne Regel der CSU“, betonte Seehofer, dass „persönliche Daten ohne Zustimmung der Betroffenen nicht weiterverwendet werden“. Auch die bayerische Opposition sowie der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri zeigten sich entrüstet.
Tatsächlich ist es jedoch so, dass die von Uhl initiierte Änderung dem entspricht, was in Bayern seit vielen Jahren geltendes Recht ist – ohne dass sich ein um den Datenschutz besorgter Politiker darüber erregt hätte.

Wo blieb der Protest in Bayern?


Die Rechtslage in Bayern, bestätigt das bayerische Innenministerium der Staatszeitung, sieht so aus, dass Anschrift und Adresse von namentlich bekannten Bürgern gegen Gebühr (je nach Fall 8 bis 15 Euro) an Privatleute und an Unternehmen gegeben werden dürfen. Bürger, die das nicht wollen, haben Pech gehabt: Denn eine Widerspruchsregelung gibt es dafür bisher in Bayern nicht.
Für Datenschützer wäre die geltende bayerische Rechtslage eigentlich schon immer fragwürdig gewesen. Der Protest blieb wohl nur deshalb aus, weil kaum einer genau Bescheid wusste – Seehofer eingeschlossen.
Der will jetzt übrigens dafür sorgen, dass die geplante Neuerung im Bundesrat gestoppt wird. Möglicherweise wird es dann eine Einwilligungsregelung geben, die die Herausgabe jeglicher Daten nur noch dann erlaubt, wenn die Betroffenen vorher zustimmen. Damit, juxt ein hochrangiger CSU-Mann, wäre dann die „himmelschreiende Menschenrechtsverletzung“ gestoppt, die in Bayern unter Duldung von Horst Seehofer seit Jahren geltendes Recht ist.
(Waltraud Taschner)

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