Politik

Schloss Elmau aus der Luft. (Foto: dpa)

09.03.2015

Verzweifelte Suche

Bei den Gegnern des G7-Gipfels laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren - doch wo sie möglichst nahe zum Schloss Elmau unterkommen, ist noch unklar

Großdemo, 24-Stunden-Blockade und ein Sternmarsch zum Schloss Elmau: Die Gegner des G7-Gipfels sind wild entschlossen, die Regierungschefs nicht unbehelligt tagen zu lassen. Ihr größtes Problem bislang: Sie haben noch immer keinen Standort für ihre Hauptquartier. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will Camps von Protestierenden nach Möglichkeit verhindern. Er argumentiert, dass sich dort bei früheren Gipfeln gewaltbereite Gruppen formiert hätten. Das erzürnt die Aktivisten des Bündnisses "Stop G7 Elmau". Sie wehren sich gegen eine Kriminalisierung und pochen auf das Recht "freier ortsnaher Meinungsäußerung".
"Die Camps sind nicht nur Schlafplatz, sondern Ort für politische Diskussionen und Veranstaltungen", sagt Bündnis-Sprecher Benjamin Ruß. Ohne ein Zeltlager werde die Organisation für die Protestler schwierig. Sie stehen daher seit Monaten in Gesprächen mit Gemeinden und Privatpersonen. Ausgehandelte Verträge liegen aber noch immer nicht auf dem Tisch. Von den Gemeinden Krün und Mittenwald erhielten die Demonstranten zuletzt eine klare Absage. "Damit sind ab jetzt die Entscheidungsträger der Gemeinden für die nach derzeitigem Stand unübersichtlichen Verhältnisse im Juni verantwortlich", sagte York Runte vom "Stop G7"-Bündnis.  
Nun hoffen die Gipfel-Gegner auf ein Gespräch in dieser Woche mit Garmisch-Partenkirchen. Ziel sei zumindest ein Camp für 1000 bis 2000 Leute. Den Vorschlag, dass die Gipfelgegner sich in der Nähe Zimmer buchen, lehnten die Demonstranten ab. Das Recht auf freie Meinungsäußerung dürfe keine Frage des Geldbeutels sein.

Ein Recht auf Camps gibt es nicht

Herrmann hatte im Innenausschuss des Landtags versichert, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit werde gewährleistet sein. Ein Recht auf Camps bedeutet das jedoch nicht. Die Regierung von Oberbayern hat daher unter anderem einen Mustermietvertrag verfasst, der empfiehlt, bei der Vermietung von Flächen 100 000 Euro Kaution zu verlangen. Dieser wurde auf einer Dienstbesprechung an die Landratsämter verteilt - verbunden mit der Bitte, ihn an die betroffenen Gemeinden weiterzuleiten. "Ziel war es, potenzielle Vermieter von Flächen für Camps sowohl in deren Eigeninteresse als auch in Hinblick auf Sicherheitsinteressen zu informieren", teilte eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern mit.
An den Camps müssen die Gipfel-Gegner noch arbeiten. Einige Großdemos sind dafür schon lange geplant. Vom 4. Juni an soll es drei Tage lang Dauerkundgebungen und Infozelte unter anderem an den Bahnhöfen in Klais, Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen geben. Am Samstag vor dem Gipfel (6. Juni) ist eine Großdemo in Garmisch-Partenkirchen angemeldet. "Danach rufen wir zu einer 24-Stunden-Blockade auf", sagte Ruß. Und am Sonntag (7. Juni) soll es einen Sternmarsch zum Schloss geben. Derzeit laufen noch Gespräche zwischen Demonstranten, Landratsamt und Polizei, wie nah die Protestler an das Schloss heran dürfen.
In Hörweite der Staatschefs zu kommen, wie die Aktivisten es angekündigt haben, dürfte jedoch ausgeschlossen sein. Rund um das Schloss wird es einen inneren und einen äußeren Sicherheitsbereich geben, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte. Wo genau dann "Betreten verboten" sei, lege das Landratsamt Mitte April fest. Angesichts der allgemeinen Terrorgefahr könne man am Schloss nicht einfach jeden Demonstranten herumlaufen lassen. Der Schutz der Staatsgäste und der Bürger kollidiere hier zum Teil mit dem Recht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht habe nur festgestellt, dass Demonstrationen in Sicht- und Hörweite zum Sicherheitsbereich erlaubt sein müssen -nicht in Hörweite der Teilnehmer, betonte der Ministeriumssprecher.
Einen Zaun wie in Heiligendamm soll es aber nicht geben. Dafür aber "verschiedene technische Mittel", um den abgesicherten Bereich zu begrenzen. Außerdem werden zu "Spitzenzeiten" bis zu 15 000 Polizisten vor und während des Gipfels im Einsatz sein.
Zu den Unterstützern von "Stop G7 Elmau" gehören vor allem linke Gruppen, aber auch der Bayerische Flüchtlingsrat und die Partei Die Linke. Auch Aktivisten von Attac sind mit von der Partie. "Wir hegen große Sympathie für die Blockade, wollen aber nicht zu zivilem Ungehorsam aufrufen", sagte ein Attac-Sprecher. Einzelne Mitglieder seien aber "so wie in Heiligendamm auch vor Ort".
Schwerpunkt der gemäßigten Proteste ist der "Internationale Gipfel der Alternativen" am 3. und 4. Juni in München. Zur Eröffnung wird der bekannte Globalisierungskritiker Jean Ziegler erwartet. Der 80-Jährige war von 2000 an acht Jahre lang UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung.
Ein Bündnis aus Nichtregierungsorganisationen, zu dem auch der Bund Naturschutz, die Grünen und die Linke gehören, plant zudem am 4. Juni eine Großdemonstration in München. "Wir hoffen hier auf eine Teilnehmerzahl deutlich im fünfstelligen Bereich", sagte Nicole Gohlke, die für die Linke im Bundestag sitzt.
Vor allem Grüne und die Bund-Naturschützer wollen keine Aktionen in der Nähe des Tagungsortes im Werdenfelser Land veranstalten. In einer Region voller Naturschutzgebiete sei "jeder Stiefel zu viel", betonte ein Sprecher der Bund-Kreisgruppe. (Cathérine Simon, dpa)

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