Politik

Ganz unverbindlich sollen Bayerns Bürger künftig über Großprojekte abstimmen dürfen. (Foto: dpa)

25.03.2014

"Volk als Publikumsjoker"

Volksbefragungen in Bayern: Die CSU will die Bürger bei Großprojekten um deren Meinung bitten - ganz unverbindlich. Die Opposition fordert bindende Volksabstimmungen.

Heute stellte Bayerns Innenminister seinen Gesetzentwurf zur geplanten Einführung von Volksbefragungen im Ministerrat vor. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte solche landesweiten Befragungen gleich zu Beginn der Legislaturperiode angekündigt - und zwar als zusätzliches Instrument neben Volksbegehren und Volksentscheid. Sein Ziel ist es, dass die Bürger bei Großprojekten frühzeitig nach ihrer Meinung gefragt werden können. Volksbefragungen sollen nur gemeinsam von Landtag und Staatsregierung initiiert und beschlossen werden können. Im Gegensatz zu einem erfolgreichen Volksentscheid sind sie rechtlich nicht bindend. Und ausdrücklich ausgenommen bleibt die Gesetzgebung. Hermann nannte die geplante Einführung von Volksbefragungen "ein neues Stück lebendiger Demokratie". Hermann: "Staatsregierung und Landtag werden dabei künftig in ihrer Entscheidungsfindung zu bedeutsamen Großprojekten durch das Volk nicht nur unterstützt - bei positivem Votum erfahren solche Projekte zusätzliche Legitimation." Der Freie-Wähler-Abgeordnete Michael Piazolo dagegen lehnt das Instrument der Volksbefragung kategorisch ab. "Wir Freie Wähler halten Volksbefragungen ohne rechtliche Bindung für nicht zielführend", sagt er. "Das ist Demokratie à la Seehofer: fragen, aber sich dann nicht an die Antworten halten müssen. So wird das Volk zum bloßen Publikumsjoker degradiert." Piazolo ergänzt: "Wir sind der Ansicht, dass das Volk als Souverän über wichtige Fragen entscheiden können sollte. Deshalb haben wir bereits einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der Volksabstimmungen vorsieht, die rechtlich bindend sind und auch vom Volk eingebracht werden können." Die innenpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Katharina Schulze, fordert ebenfalls bindende, bayernweite Volksentscheide über Sachfragen. "Und eine Öffnung dieses Instruments auch für finanzwirksame Entscheidungen", betont sie. "Demoskopie ersetzt nicht Demokratie: Unverbindliche Volksbefragungen, die nur von der Regierung und der Mehrheitsfraktion im Landtag initiiert werden können, sind kein zusätzliches demokratisches Element."

SPD: Haben wir neuerdings eine Monarchie?

Auch Markus Rinderspacher, Fraktionschef der Landtags-SPD kritisiert die von der Staatsregierung vorgestellte Form der Volksbefragung heftig. "Ist Bayern jetzt neuerdings in der Monarchie angekommen, dass es eine gemeinsame Erlaubnis von Landtagsmehrheit und Staatsregierung braucht, damit auch das Volk seine Meinung kundtun kann?", poltert er. "Ganz im Gegensatz zu der CSU-Initiative braucht die von der SPD längst geforderte Volksbefragung, mit der strittige Fragen wie nach der Akzeptanz von Windkraft beantwortet werden sollen, nur ein Votum von 20 Prozent aller Abgeordneten des Bayerischen Landtags. Ein sehr viel demokratischeres und faireres Verfahren: Es garantiert, dass nicht nur solche Fragen gestellt werden, die der Staatsregierung schmecken!" Außerdem bemängelt Rinderspacher, dass im Gesetzentwurf der Staatsregierung nicht einmal eine Parlamentsdebatte über das Ergebnis der Volksbefragung ausdrücklich vorgesehen sei. "Das bedeutet: Wenn klar wird, dass die Mehrzahl der Bayern in einem strittigen Punkt eine andere Meinung vertritt als die Staatsregierung, hat das keine parlamentarischen Konsequenzen!" Dieser Entwurf sei eine Farce: "Eine Schein-Volksbefragung, die eine Bestätigung ist, wenn es die Staatsregierung wünscht - und die ansonsten keine Bedeutung hat!" (aka

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