Politik

Kommunen sollen frei entscheiden, ob sie die „Strebs“ noch erheben oder erlassen. Konkret geht es dabei um Straßen, deren erstmalige Herstellung vor mindestens 25 Jahren begonnen wurde. (Foto: dpa/Frank Leonhardt)

15.03.2019

Von wegen klar geregelt

Strebs: Nach viel Kritik überlässt es Bayern den Kommunen, ob sie Altfälle abkassieren – wie verfahren die Kommunen?

Dass nun in den Gemeinden Klarheit herrscht hinsichtlich der Straßenerschließungsbeiträge (Strebs), kann man nicht behaupten. Trotz der jüngsten Erklärung der schwarz-orangen Koalition in Bayern: Kommunen sollen frei entscheiden, ob sie die „Strebs“ noch erheben oder erlassen. Konkret geht es dabei um Straßen, deren erstmalige Herstellung vor mindestens 25 Jahren begonnen wurde – sogenannte Altanlagen – und die diese sanieren oder ausbauen wollen. Erschließungsbeiträge sollten dafür ab dem 1. April 2021 nicht mehr erhoben werden dürfen.

Gemeindetagspräsident Uwe Brandl formuliert es drastisch: „Eine ganz fiese Tour“ sei das von CSU und FW. Die Koalitionäre zögen sich „elegant aus der Affäre“ und setzten die Kommunen unter Druck. Klar: Die haben jetzt den schwarzen Peter. Insgesamt handelt es sich wohl um Kosten von rund 500 Millionen Euro.

Der Ärger kocht hoch

Beispiel Kaufbeuren: Von den 40 dort betroffenen Straßen wurden etwa 20 bereits endgültig fertiggestellt. Laut Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU) wird die Stadt bis zum genannten Stichtag nicht alle übrigen Straßen fertigstellen und abrechnen können und muss deshalb eine Priorisierung vornehmen. Das Problem: Bei vier der betroffenen Straßen wurde nie eine sogenannte Ablösevereinbarung getroffen. Was und wie viel also gezahlt werden soll – unklar. In Kaufbeuren, wo der haushaltspolitische Sprecher der FW, Bernhard Pohl, auch als Fraktionschef im Stadtrat fungiert, ging es kürzlich in dieser Sache rund. Pohl stellte den Antrag, dass man doch den betroffenen Anwohnern ein Drittel der Summe erlassen könne. Geht nicht, sagen die Juristen der Stadtverwaltung: Ein Drittelerlass könne eben nicht auf einzelne Jahre oder einzelne Baumaßnahmen angewandt werden.

Auch in Landshut kocht der Ärger hoch. In einem Schreiben der Stadtverwaltung heißt es, dass für eine der acht betroffenen Straßen mit 1,8 Millionen Euro gerechnet werden muss. Sie hat ungefähr 80 Grundstücke. Sie ist somit die Teuerste und steht auf der Prioritätenliste ganz oben. Die Stadt erstattet zehn Prozent bei den Gebühren, also bleibt noch eine Summe von 1,62 Millionen Euro, also 20 000 Euro je Anlieger – von denen viele stöhnen, sie müssten jetzt einen Kredit aufnehmen.

Besonders kurios ist das Beispiel der Gemeinde Ergolding im Landkreis Landshut: Bürgermeister Andreas Strauß (FW) ist stolz auf sein geplantes Neubaugebiet mit 100 Wohneinheiten. Doch damit man das gut erreichen kann, müsste der Ausbau eines alten schmalen Weges erfolgen, der seit Jahrzehnten besteht und im Jahr 2014 erstmals eine Asphaltschicht erhalten hat. Den bisherigen Anwohnern hat das völlig gereicht. Fällt das nun unter die Strebs-Regelung oder nicht?

So ganz zu Ende gedacht haben CSU und FW das Problem trotz der neuen Regelung erkennbar nicht. (André Paul)

Kommentare (2)

  1. Geärgerter Anlieger am 26.06.2019
    Auch in Kirchroth will man noch schnell die Kosten auf die Anlieger umlegen. Jahrzehnte haben solche Strassen die Gemeinde Kirchroth nicht interessiert. Schlaglöcher wurden jahrelang nicht saniert noch repariert. Aber jetzt noch kräftig kassieren wollen und Familien mit kleinen Kindern um die Existenz bringen. Nicht mit uns!!!
  2. antonerl01 am 13.05.2019
    Richtig ist, daß CSU und Freie Wähler diese Entscheidung zur Abschaffung der Strebs zum 01.04.2021 nicht durchdacht haben. Es war vorhersehbar, daß die Kommunen vor diesem Datum noch in aller Eile "technisch nicht fertiggestellte Straßen" > 25 Jahre anpacken würden. Woher soll der Ersatz für die Anliegerbeiträge kommen? Viele Gemeinden haben genau diese Entscheidung zum schnellen Ausbau getroffen. Auch bei uns in Ihrlerstein ist der Gemeindefrieden dahin. Es wurde eine BI gegründet, in der die Anlieger der Nelken- und Tulpenstraße um ihre Existenz (z.B. Sicherung der Altersvorsorge) kämpfen.
    Wir werden am 15.03.2020 den beiden Parteien Bescheid sagen.
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