Politik

Eva Lettenbauer: Im Landtag verantwortet sie für die Grünen die Themen Frauen, Jugend und Arbeitsmarkt. (Foto: dpa/Sina Schuldt)

02.08.2019

"Vor Söder hab' ich doch keinen Bammel"

Die Grünen-Abgeordnete Eva Lettenbauer über ihre Ambitionen auf den Parteivorsitz, den CSU-Chef als Klimaretter und Schwarz-Grün in Bayern

Mit ihren 26 Jahren ist Eva Lettenbauer aus dem Landkreis Donau-Ries die jüngste Frau im Landtag. Dort gestaltet sie als Fraktionsvize der Grünen die Themen maßgeblich mit. Doch Lettenbauer strebt nach mehr. Sie will Mitte Oktober Landesvorsitzende der Grünen in Bayern werden. Bedenken, dass sie dafür zu jung sein könnte, hat sie nicht. Immerhin sei sie drei Jahre Chefin der Grünen Jugend gewesen.

BSZ: Frau Lettenbauer, wie kommt man mit 26 Jahren auf die Idee, Landesvorsitzende der Grünen werden zu wollen?
Eva Lettenbauer: Ich habe Lust darauf, noch mehr mitzugestalten und die Grünen noch hörbarer zu machen –  auch vor dem Hintergrund, dass die Klimakrise gerade meine Generation besonders trifft. Ich bin schon seit 2011 in verschiedenen Bereichen ehrenamtlich engagiert und das auch in hervorgehobenen Positionen, unter anderem drei Jahre lang als Landesvorsitzende der Grünen Jugend. In dieser Funktion habe ich auch am Landtagswahlprogramm 2018 mitgearbeitet und mich viel in die Landespolitik eingebracht. Für die Grünen läuft es derzeit gut.

BSZ: Was könnte aus Ihrer Sicht noch besser werden?
Lettenbauer: Die nächste Herausforderung ist die Kommunalwahl 2020. Ich will, dass wir da in der Breite gestärkt werden. Mein Ziel ist es, Grüne auch in den Orten wählbar zu machen, wo es bislang keine grünen Listen gab. Wir müssen zeigen, dass wir in ganz Bayern breit verankert sind.

BSZ:
Mit welchen Themen wollen Sie sich der grünen Basis zur Wahl stellen?
Lettenbauer: Da ist zunächst die Klimakrise. Wir Grüne müssen hier ganz klare Lösungen anbieten. Wir brauchen ein umfassendes Konzept für eine Verkehrswende und ein echtes Klimaschutzgesetz. Zudem will ich deutlich machen, dass die Grünen auch für ein sozial gerechtes Bayern stehen. Wir sind die Partei, die Ökologisches und Soziales zusammendenkt.

BSZ: Ihr Co-Vorsitzender wäre im Falle Ihrer Wahl Eike Hallitzky. Er ist 60 und mit allen politischen Wassern gewaschen. Kann so eine Konstellation funktionieren?
Lettenbauer: Ich bin überzeugt, dass das eine gute Kombination wäre. Wir kennen uns schon lange, auch durch die Arbeit im Landesvorstand. Ich sehe da keine Probleme. Grundsätzlich ist mir wichtig, dass die Grünen als Partei den Wählern einen breiten Mix an verschiedenen Persönlichkeiten anbieten. Das tun wir in der neuen Landtagsfraktion, das ist mein Ziel für den neuen Landesvorstand.

"Söder kapert gerade ein grünes Thema nach dem anderen"

BSZ: Inzwischen steht fest, dass Sie mindestens eine Gegenkandidatin haben werden. Aufgeregt?
Lettenbauer: Bis zur Wahl ist ohnehin eine gewisse Grundanspannung da. Ich habe auf meine Kandidatur schon viele positive Rückmeldungen bekommen und freue mich jetzt auf die Gespräche mit vielen Parteimitgliedern. Wir Grüne pflegen schon immer eine Kultur, die eine demokratische Auswahl unter mehreren Kandidaten vorsieht.

BSZ: Sie waren drei Jahre lang Landessprecherin der Grünen Jugend. Was haben Sie da gelernt für die „große Politik“?
Lettenbauer: Das sind zwei Komponenten: Zum einen die Führung und Organisation eines bayernweiten Verbandes, zum anderen die inhaltliche Arbeit. Ich habe da immer Wert darauf gelegt, dass sich die Grüne Jugend intensiv mit den Anträgen zum Landesparteitag auseinandersetzt. Wir haben in dieser Zeit immer die meisten Vorschläge und Änderungsanträge eingebracht, die ich dann oft selbst verhandelt habe.

BSZ: Als Parteivorsitzende würden Sie auf Augenhöhe mit CSU-Chef Markus Söder agieren. Ein bisschen Bammel davor?
Lettenbauer: Da muss ich keinen Bammel haben! An grünen Positionen führt kein Weg vorbei, das werde ich mit lauter Stimme vertreten. Söder kapert gerade ein grünes Thema nach dem anderen.

BSZ: Freut oder schreckt Sie das?
Lettenbauer: Es ist offensichtlich, dass die Beschlüsse der Regierungskoalition zum Arten- und zum Klimaschutz auf unseren Druck und unsere Wahlerfolge hin erfolgt sind. Viele Bürgerinnen und Bürger merken allerdings, dass es vor allem der CSU damit in erster Linie um Machterhalt geht. Für alle, die nachhaltigen und wirksamen Klima- und Umweltschutz wollen, bleiben die Grünen die Partei der Wahl. Natürlich ist es gut, wenn endlich auch in Bayern Maßnahmen eingeleitet werden. Ich sehe bei der CSU dahinter aber keine langfristige Strategie. Mit seiner neuen Ausrichtung setzt sich Söder aber sogar über Widerstände in den eigenen Reihen hinweg.

BSZ:
Warum zweifeln Sie trotzdem an seiner Ernsthaftigkeit?
Lettenbauer: Vieles sind Einzelmaßnahmen und Ankündigungen. Überhaupt noch nicht angegangen sind die Bereiche Mobilität und Wärmewende. Wir brauchen ein komplettes Klimaschutzpaket, das in Bayern sofort ansetzt. Das erkenne ich bei Söder noch nicht.

"Für grüne Politik braucht es weiterhin Grüne"

BSZ: Söder sagt, grüne Politik sei auch ohne die Grünen möglich.
Lettenbauer: Nein, für grüne Politik braucht es weiterhin ganz klar die Grünen. Wir haben einfach das bessere und nachhaltigere Angebot.

BSZ: Söder will einen neuen Versuch zur Aufnahme des Klimaschutzes in die bayerische Verfassung starten. Werden die Grünen dieses Mal zustimmen?
Lettenbauer: Dazu muss erst einmal ein konkretes und mit Inhalten ausgestattetes Klimaschutzgesetz vorgelegt werden. Wir werden weiter keinen Show-Antrag unterstützen, der den Klimaschutz in die Verfassung schreibt, aber keine praktische Wirkung entfaltet. Wie das sonst aussähe, weiß man vom Umweltschutz, der schon lange in der Verfassung steht. Mit einer Verfassungsänderung müssen unbedingt echte Maßnahmen für die Energiewende, für mehr Klimaschutz und für eine andere Verkehrspolitik einhergehen.

BSZ: Hätten Sie sich nach der Landtagswahl eine schwarz-grüne Koalition gewünscht?
Lettenbauer: Die Sondierungsgespräche nach der Wahl haben gezeigt, dass die CSU die einfachere Variante mit den Freien Wählern gewählt hat. Bei Koalitionsverhandlungen muss es in erster Linie um Inhalte gehen, in der CSU hat sich eine Mehrheit für ein ökologisches und gerechtes Bayern nicht gezeigt.

BSZ: Die Frage war, ob Sie sich die schwarz-grüne Kollation gewünscht hätten, um grüne Positionen in Regierungsverantwortung umsetzen zu können.
Lettenbauer: Um politische Ideen umsetzen zu können, halte ich es für ein Ziel zu regieren. Das ist richtig. Aber noch einmal: Da geht es erst um Inhalte, da muss verhandelt werden, und dann entscheiden wir auf einem Parteitag.

BSZ: Und wie wäre es – ein bisschen in die Zukunft gedacht – mit Grün-Schwarz wie in Baden-Württemberg?
Lettenbauer: Wir müssen unsere neu gewonnene Stellung als zweitstärkste Kraft in Bayern erst einmal verfestigen und daran arbeiten, dass unsere klaren Positionen für Veränderung noch mehr Menschen überzeugen. Dass wir noch stärker werden, wäre begrüßenswert und ist nicht auszuschließen.
(Interview: Jürgen Umlauft)

Kommentare (1)

  1. Guido Langenstück am 02.08.2019
    Liebe Eva,
    ich drücke Dir für die Landesvorsitzenden-Wahl im Oktober fest die Daumen!

    Übrigens: Ich bin sehr gespannt, ob Markus Söder mir wenigstens meine letzte Frage beantwortet: https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/dr-markus-soder/question/2019-07-31/320334

    Mit grünen Grüßen aus Eching (Lkr. Freising)
    Guido (Langenstück)
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