Politik

Gar nicht so leicht, Seehofers ständige Vorgaben zur Energiewende in ein Konzept zu gießen: Ilse Aigner wirkt ratlos. (Foto:dpa)

24.10.2014

Warten auf das Öko-Wunder

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner gibt ihre erste Regierungserklärung zur Energiewende - viele Fragen bleiben offen

Vielleicht ist es ungerecht, Ilse Aigners Regierungserklärung zur künftigen Energiepolitik an jener fulminanten Ansprache zu messen, die Ministerpräsident Horst Seehofer im Mai 2011 vor dem Landtag gehalten hatte. Damals, noch unter dem frischen Eindruck der Reaktorkatastrophe von Fukushima, hatte Seehofer die Energiewende in Bayern ausgerufen. Nicht irgendeine, der Freistaat sollte vielmehr zum Vorzeigeland bei der Umstellung auf erneuerbare Energien in ganz Europa werden. Textprobe: „Zur Energiewende gehören der Ausbau von Netzen, von Photovoltaik und Windenergie, von Biomasse und Wasserkraft und der Bau neuer Pumpspeicherkraftwerke.“ Fukushima, sagte Seehofer damals, verändere alles.

Die Opposition lästert über Aigners „schwafelige Rede“


Verändert hat sich seitdem vor allem eines: Seehofers Haltung zu den Erneuerbaren. Von der seinerzeitigen Auflistung ist im Prinzip nur das Bekenntnis übrig, die Atomkraftwerke bis 2022 abzuschalten. Mit Blick auf die Richtlinienkompetenz des Regierungschefs blieb Aigner also kaum Spielraum bei ihrem mit Spannung erwarteten Auftritt vor dem Parlament. „Dreieinhalb Jahre nach Fukushima stellen wir fest: Viele Aufgaben sind noch unerledigt, viele Entscheidungen sind noch zu treffen“, bekannte sie und stellte dann ein paar sehr grundlegende Fragen, ohne sie abschließend zu beantworten. Nur so viel: Im Jahr vier nach Fukushima sei der richtige Zeitpunkt, um den Standort neu zu bestimmen, Lösungen zu erarbeiten und dann im Konsens zu entscheiden.
Das soll nun in einem „Energiedialog“ mit Bürgern, Wirtschaft und Fachleuten geschehen. Start ist nach Allerheiligen, Ende im Februar 2015. „Der Energiedialog wird ergebnisoffen und transparent sein“, versprach Aigner. Als Ziel gab sie lediglich vor, dass die Debattenbeiträge das „Zieldreieck“ Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Klimafreundlichkeit im Blick haben müssten. Maximalforderungen, egal von welcher Seite, hätten keine Chance. „Alle, die an der Energiewende mitarbeiten, brauchen Kompromissbereitschaft“, so Aigner.

Wolkige Formulierungen


Die dringendsten Arbeitsaufträge reichte die Ministerin nach Berlin weiter. Dort müsse man sich intensiv Gedanken darüber machen, woher die 55 bis 60 Prozent der deutschen Stromerzeugung kommen sollen, wenn alle Atomkraftwerke abgestellt seien. Klimaschädliche Kohlekraftwerke sollten die Lücke eher weniger schließen, weshalb Aigner auf moderne Gaskraftwerke in Bayern setzt – für die es aber derzeit weder einen Markt noch Investoren gibt. Man brauche deshalb ein neues „Strommarktdesign“, das die Bereitstellung von jederzeit verfügbarer Kraftwerksleistung honoriere. Aigner wagte den Vergleich: „Der Rettungsdienst funktioniert auch nicht, wenn er nur die Kosten für den einzelnen Einsatz abrechnen kann.“
Der Opposition war das alles ein bisschen sehr wolkig. Seitdem Seehofer Windkraft, Stromtrassen und Pumpspeichern den Kampf angesagt hat, gebe es in Bayern kein Energiekonzept mehr, klagte die SPD-Energieexpertin Natascha Kohnen. Die Folge sei Stillstand bei der Energiewende. „Projektplaner und Investoren stochern seit einem Jahr im Nebel“, so Kohnen, und mit der neuen Abstands-Regelung für Windräder würden neue Schikanen aufgebaut. Bayern brauche endlich verlässliche Rahmenbedingungen für die Energiewende. Thorsten Glauber (Freie Wähler), dem eine dezentrale Energiewende vorschwebt, attestierte Aigner, in ihrer „schwafeligen Rede“ vage geblieben zu sein. „Es sind alle Fragen offen geblieben“, resümierte er enttäuscht. Und Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann stellte fest, der Staatsregierung fehlten Verlässlichkeit, Entschlossenheit und Mut. Ein Strommix aus 50 Prozent Erneuerbaren und 50 Prozent „dreckiger Energie“ aus fossilen Kraftwerken, wie ihn Aigner skizziert habe, „das ist nicht unsere Energiewende“. (Jürgen Umlauft)

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