Politik

22.06.2018

Warum erst jetzt?

Ein Kommentar von Waltraud Taschner

Jetzt auf einmal geht es. So engagiert wie derzeit wurde auf europäischer Ebene lange nicht über die Flüchtlingspolitik diskutiert. Das spricht nicht für Kanzlerin Merkel. Ihre Aufgabe wäre es gewesen, das Thema dort schon früher auf die Agenda zu setzen. Nicht erst dann, wenn ihr die CSU mit einem Ultimatum droht und ein Koalitionsbruch im Raum steht. Es spricht auch nicht für Merkel, dass sie von einer gravierenden Schwachstelle in der Asylpraxis nach eigenem Bekunden nichts wusste. Nämlich davon, dass abgelehnte und abgeschobene Asylbewerber offenbar in vielen Fällen einfach wieder nach Deutschland gelangen konnten. Und trotz Einreise- und Aufenthaltsverbots erneut Asyl beantragen durften – was zu weiteren langen Verfahren und oft jahrelangem Aufenthalt führt.

Nun also ein Sondergipfel zur Flüchtlingspolitik. Binnen weniger Tage schaffte es Angela Merkel, EU-Kommissionspräsident Juncker dafür zu gewinnen, die von der Zuwanderung am stärksten betroffenen EU-Länder zum Gespräch zu bitten. Bei dem Termin diesen Sonntag strebt Merkel bilaterale Abkommen mit EU-Partnern zur Rücknahme von Flüchtlingen an, die in einem anderen Land bereits registriert sind. Das wäre nicht etwa eine neue Regelung, sondern ist bereits geltendes Recht. Doch diverse EU-Mitgliedsstaaten verspürten wenig Lust, dies umzusetzen.

Vermutlich wird Merkel irgendeinen Formelkompromiss erwirken - notfalls mit Geld

Wobei der Verdruss einiger Länder beim Thema Flüchtlingspolitik nachvollziehbar ist. Natürlich wäre es wünschenswert, endlich die Schwachpunkte der Dublin-III-Verordnung zu tilgen. Diese legt fest, dass derjenige EU-Staat für den Asylbewerber zuständig ist, den dieser zuerst betreten hat. Womit die geografische Mitte Europas in der Regel auf andere verweisen kann.

Beim EU-Gipfel Ende Juni soll der Flüchtlingsstreit so weit abgeräumt sein, dass Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer ihren Zoff beilegen können. Und Seehofer also nicht wie angedroht Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, an der Grenze abweisen lässt. Irgendeinen Formelkompromiss wird Merkel wohl erwirken. Notfalls wird Geld fließen, damit einzelne Länder das tun, was eigentlich Aufgabe aller in der EU wäre: politisch verfolgten Flüchtlingen helfen.

Kommentare (1)

  1. Miiich am 24.06.2018
    Eine sehr gute und leider wohl auch realistische Analyse.
    Auch ich fürchte, dass Merkel wieder mal mit viel Steuergeld einen nichtssagenden Komromiss aushandeln wird um den Schein zu wahren.
Die Frage der Woche

Ist die geplante neue Kindergrundsicherung sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.